1. November 2023

Siebenbürgisches Museum Gundelsheim zeigt „Eine Tracht Heimat! Trachten – Vielfalt – Gemeinschaft“

Am Abend des 13. Oktober fand vor sehr interessiertem Publikum die feierliche Eröffnung der diesjährigen Herbst-/Winterausstellung des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim statt. In der bis zum 7. April 2024 laufenden Sonderausstellung „Eine Tracht Heimat! Trachten – Vielfalt – Gemeinschaft. Aquarelle von Juliana Fabritius-Dancu“ präsentiert das Siebenbürgische Museum Gundelsheim die originalen Aquarelle der bekannten Trachtendarstellungen der Illustratorin und Volkskundlerin Juliana Fabritius-Dancu (1930-1986).
Blick in einen der Ausstellungssäle der ...
Blick in einen der Ausstellungssäle der Ausstellung „Eine Tracht Heimat“. Foto: © Siebenbürgisches Museum Gundelsheim, M. Lörz
Die Veranstaltung begann mit einer kurzen Begrüßung durch den Leiter des Siebenbürgischen Museums, Dr. Markus Lörz. Er verwies darauf, dass die Ausstellung bereits beim diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl großes Publikumsinteresse gefunden habe. Jedoch konnte sie dort aufgrund der zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten nur in reduzierter Form gezeigt werden. Anstatt der 30 in Dinkelsbühl ausgestellten Aquarelle sind nun in Gundelsheim über 40 zu sehen, die einen Querschnitt der gesamten siebenbürgischen Trachtenlandschaften sozusagen vom Burzen- bis zum Nösnerland vermitteln. Flankiert werden die Werke außerdem von realen Trachtentextilien, die ebenfalls zum reichen Sammlungsbestand des Siebenbürgischen Museums gehören. Dr. Lörz brachte seine Freude zum Ausdruck, dass sich dieser „Schatz“ an historischen Zeitdokumenten, den die Aquarelle Fabritius-Dancus heute darstellten, seit den 1990er Jahren zu einem Großteil im Besitz des Siebenbürgischen Museums befindet. Er erklärte außerdem, dass die Werke aufgrund der Empfindlichkeit des Materials leider nicht dauerhaft ausgestellt werden können. Daher biete die Ausstellung nun die seltene Gelegenheit, diese einmal wieder im Original zu bewundern.

Auf die kurze Begrüßung folgte die Einführung in das Thema der Ausstellung durch Dr. Irmgard Sedler, die Vorsitzende des Trägervereins des Siebenbürgischen Museums. Ihre Rede begann mit einer persönlichen Erinnerung, die sie mit den Trachtendarstellungen Juliana Fabritius-Dancus verband. War doch die wissenschaftliche Bearbeitung dieser Aquarelle die erste Tätigkeit, die Dr. Irmgard Sedler nur wenige Wochen nach ihrer Ausreise nach Deutschland 1991 übernehmen konnte. In ihrem konzisen Vortrag vermittelte sie eingängig die Bedeutung der Aquarelle als historische Zeitdokumente unschätzbaren Werts. Sie betonte, wie schwierig die volkskundliche Erforschung der Kultur der nationalen Minderheiten in Rumänien insbesondere nach 1971 gewesen sei, als Ceaușescu unter anderem die nicht-rumänischen Ortsnamen verbieten ließ und damit die Unterdrückung der Minderheiten eine neue negative Stufe erreichte. In dieser dunklen Zeit erlebte das Tragen der Tracht als Ausdruck kultureller Selbstvergewisserung noch einmal eine späte Blüte unter den Siebenbürger Sachsen, was der Illustratorin die Möglichkeit gab, unter dem Deckmantel des Künstlerischen die Vielfalt der Trachten der einzelnen siebenbürgisch-sächsischen Ortsgemeinschaften für die Nachwelt zu dokumentieren.

Im zweiten Teil ihrer Rede erläuterte Dr. Irmgard Sedler die Entstehungsgeschichte der Trachten als Gruppenbekleidung der autarken sächsischen Dorfgemeinschaften. Jedes der eigenständig wirtschaftenden und sich verwaltenden Dörfer entwickelte zum Ausdruck der eigenen Identität eine Ortstracht, die sich von jenen der Nachbarorte mehr oder weniger unterscheide, so wie sich auch die Ortsdialekte im Sächsischen unterschieden. Dr. Sedler machte anschaulich, dass der Großteil der Trachten selbst hergestellt wurde. Man griff jedoch auch auf Versatzstücke aus der jeweiligen Zeitmode zurück, weshalb sich in manchen Ortstrachten Elemente aus der Renaissance oder dem Barock, in anderen aus dem Biedermeier erhalten haben, die, einmal gefunden, weiter tradiert wurden und bis heute werden. Auch Einflüsse der Kleidung der anderen Ethnien, etwa der Ungarn, sind an manchen Trachten klar auszumachen. Daraus erklärt sich die enorme Vielfalt der über 200 sächsischen Ortstrachten mit ihren Traditionen, regionale Gemeinsamkeiten und ortstypische Unterschieden. Dr. Irmgard Sedler verwies zudem auf den Trachtwechsel im Laufe eines Lebens, der die Trachtenlandschaft mit weiteren Varianten etwa den Alters- und Alltagstrachten bereicherte. Diese würden heute im Vergleich etwa zu den prächtigen Festtags- und Hochzeitstrachten nur noch wenig gezeigt. Abschließend ermunterte sie daher dazu, beim kommenden Heimattag und anderen Gelegenheiten auch diese Trachtenformen als Teil einer authentischen siebenbürgisch-sächsischen Trachtenkultur wieder zu tragen.

Nach der Einführung folgte ein gemeinsamer Rundgang durch die Ausstellung, in der Dr. Irmgard Sedler und Julia Koch M.A., die sammlungsbetreuende Museologin des Siebenbürgischen Museums, noch zahlreiche Fragen des Publikums zur Tracht und der Erhaltung der Trachtenobjekte beantworteten.

Die Eröffnungsfeier an dem sommerlich-lauen Oktobertag klang mit einem Stehempfang bei siebenbürgischem Gebäck und Getränken aus, bei dem noch lange über die farbenfrohen und detaillierten Aquarelle Juliana Fabritius-Dancus im Besonderen und die sächsischen Trachten im Allgemeinen gesprochen wurde.

Die Ausstellung ist noch bis zum 7. April 2024 zu sehen. Sie wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Gruppenführungen werden auf Anfrage angeboten.

Schlagwörter: Ausstellung, Siebenbürgisches Museum, Juliana Fabritius-Dancu

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