4. Dezember 2024
Kontinuität und Wandel im deutschen Schulwesen Rumäniens
Am 12. und 13. Oktober fand im Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München die Jahrestagung der Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) statt. Die Veranstaltung wurde vom Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen aus Mitteln des bayerischen Sozialministeriums gefördert, wofür wir danken. Bei der Tagung, die von Dr. Erwin Jikeli, Leiter der Sektion Pädagogik und Schulgeschichte, vorbereitet und moderiert wurde, trugen sieben Referenten ihre Arbeiten an zwei Tagen vor.
Nach der thematischen Einführung durch den Leiter der Sektion präsentierte Gudrun Schuster den Vortrag mit dem Titel „Die Bedeutung von Johannes Honterus für die Entwicklung des siebenbürgisch-sächsischen Schulwesens und seine langfristigen Auswirkungen bis ins 20. Jahrhundert in Rumänien“. Die beispiellose Karriere des Bürgersohnes aus Kronstadt hatte ihn von Wien über Regensburg, Nürnberg, Krakau, Basel und Wittenberg 1533, dem Ruf des Kronstädter Rates folgend, in seine Heimatstadt zurückgeführt. Dort entfaltete er seine außergewöhnlichen Fähigkeiten und seine nach Studien, kartographischen und verlegerischen Aktivitäten erworbenen Kenntnisse. Seine Kontakte zu europäischen Reformatoren seiner Zeit im Geiste der Renaissance und des Humanismus, Luther, Melanchton, Zwingli u.a., veranlassten und befähigten ihn, die Reformation in Siebenbürgen einzuleiten.
Sein berühmtes „Reformationsbüchlein“ (1543) enthält das wichtige Kapitel „Vom Aufrichten der Schulen“. Darin stellte er Forderungen auf, die für die Zeit revolutionär waren: unabhängig von seiner sozialen Herkunft sollte kein Kind von Bildung ausgeschlossen werden, mittellose Kinder sollten vom Stadtrat finanziell unterstützt, Lehrer nach strengeren Kriterien gewählt werden. Bücher, Lehrbücher und Lehrprogramme brachte Honterus in der eigenen Druckerei heraus, richtete eine stetig wachsende Bibliothek ein und gründete den Coetus, ein Schülerhelfersystem. All das war einzigartig in Siebenbürgen. Die von ihm verfasste und herausgegebene „Constitutio Scholae Coronensis“ regelt Rechte und Pflichten der Lehrer und Schüler. Im Coetus waren die Schüler in einer nach demokratischen Wahlen funktionierenden Ordnungshierarchie organisiert. Das Ziel des Reformators war es, eine umfassend gebildete Persönlichkeit des zukünftigen Bürgers zu formen. Auf diese Weise legte Honterus den Grundstein für eine Tradition, die in den folgenden Jahrhunderten von angehenden Pfarrern und Lehrern, die von ihrem Auslandsstudium zurückkehrten, fortgeführt wurde und durch die kontinuierliche Weitergabe des Staffelstabs bis zu den deutschen Schulen im sozialistischen Rumänien nachwirkte.
Den Vortrag „Julius Unberath und der Turnunterricht an den Jungenschulen in Schäßburg“, illustriert mit zahlreichen Fotos, widmete Dr. Erika Schneider einem der bedeutendsten Schäßburger Pädagogen. Julius Unberath (1862-1948) besuchte das Gymnasium in Schäßburg und studierte danach in Leipzig und Bern klassische Philologie, Griechisch, Lateinisch, evangelische Theologie, Geschichte, Geographie und Turnen. Zurückgekehrt in seine Heimatstadt, unterrichtete er als Gymnasialprofessor und Turnlehrer. Zu seiner Vorstellung von Sport gehörte auch das Wandern in den Karpaten, eine Aktivität, die besonders von den Mitgliedern des Siebenbürgischen Karpatenvereins gepflegt wurde. Unberath war nicht nur ein begeisterter Lehrer, sondern setzte sich auch in seinen Schriften intensiv für die Förderung des Turnunterrichts ein. In seinen Beiträgen „Der Turnunterricht an unseren Mittelschulen. Ein Beitrag zur Geschichte des Turnens unter den Siebenbürger Sachsen“, veröffentlicht im „Programm des vierklassigen evangelischen Gymnasiums in Sächsisch-Regen“ (1893) sowie „Der Turnunterricht an unseren Mittelschulen. Bemerkungen zur körperlichen Erziehung“, erschienen im „Programm des evang. Gymnasiums A.B. in Schäßburg“ (1898), betonte er die geschichtliche, pädagogische und methodische Bedeutung des Turnunterrichts.
Heinz Bretz nutzte für seinen Vortrag „Das Wirken von drei Bretz-Lehrern als Musiker, Komponisten und Kulturschaffende in siebenbürgischen Dörfern (1847-1956)“ den wertvollen Fundus, den die fünf Bretz-Lehrergenerationen in über 400 Unterrichtsjahren hinterlassen haben. Georg Bretz (1827-1869) war als Lehrer und Rektor in Meschen, Wurmloch und Scholten tätig. Darüber hinaus leitete er die Blasmusik und spielte Orgel. Er verfasste zahlreiche Partituren für Kirchenlieder und Grabgesänge, die leider im Zweiten Weltkrieg verloren gingen. Heinrich Bretz (1862-1947) war 42 Jahre lang Rektor in Marktschelken. 1907 gründete er den Weißbachtaler Sängerbund, in den er sieben sächsische Gemeinden einbezog und organisierte jährlich ein großes Sängerfest. Seine erste Liedersammlung für gemischten Chor, „Froher Dreiklang I“, erschien 1911, gefolgt von „Froher Dreiklang II“ (1924). Der 1928 entstandene „Froher Dreiklang III“ wurde zwar nicht gedruckt, existiert jedoch als Manuskript. Zu seinen bekanntesten Vertonungen gehören „Deiner Sprache, deiner Sitte, deiner Toten bleibe treu!“ und „Mer wällen bleiwen, wat mer sen“.
Heinrich Emil Bretz (1891-1986), der Sohn von Heinrich Bretz, wirkte als Rektor und Lehrer in Kleinschenk, Benzenz, Schellenberg, Hahnbach und Großscheuern. Er beherrschte sieben Instrumente, leitete Chöre und komponierte zahlreiche Lieder. Zudem war er als Schauspieler aktiv und leitete Theatergruppen mit Gesangseinlagen. Er verfasste sechs Theaterstücke, von denen fünf in siebenbürgisch-sächsischer Mundart geschrieben waren und in vielen Gemeinden aufgeführt wurden.
Gerlinde Schuller thematisierte in ihrem Vortrag, unterstützt durch eine Fotomontage, das pädagogische Profil der „Kindergärten in Hermannstadt von 1958 bis 1981“. Ihre Ausbildung zur Erzieherin begann sie 1958 am Pädagogischen Lyzeum in Hermannstadt. Bereits während der Ausbildungszeit hospitierten die Schülerinnen auch an der Grundschule und die Kindergärtnerinnen besuchten mit ihren Gruppen die Anfangsklassen, um den Austausch mit den Grundschullehrern zu fördern. Die Erzieherin wurde, ohne autoritär zu wirken, sowohl von den Kindern als auch von den Eltern respektiert und unterstützt. Ihre Arbeit war jedoch oft anspruchsvoll, insbesondere wegen der großen Gruppen. Um die begrenzte Ausstattung der Kindergärten mit Spielmaterial, Bilderbüchern und Kinderliteratur auszugleichen, stellten die Erzieherinnen viel didaktisches Material selbst her. Ein weiteres Problem war der oft hohe Anteil rumänischer Kinder. Dieser Umstand hatte auch Vorteile, da einige deutsche Kindergärten nur dank der Anmeldung rumänischer Kinder bestehen konnten, stellte jedoch auch große Anforderungen an die Erzieherinnen. Im Vergleich zu bundesdeutschen Kindergärten war die Arbeit in Rumänien stärker schul- und lernzielorientiert. Diese Ausrichtung wurde jedoch durch die Ideen und Initiativen der Erzieherinnen kompensiert. Die Referentin zeigte zahlreiche Fotos von Festen und Feiern sowie Unternehmungen wie Spaziergänge, Wanderungen, Rodeln, Schlittschuh laufen und anderen Aktivitäten. Als Gerlinde Schuller vor ihrer Ausreise Abschied nahm, war die Enttäuschung der Kinder und Eltern groß und auch ihre eigenen Emotionen überwältigten sie.
Liane Jikeli präsentierte fünf Hefte mit den „Handschriftlichen Unterrichtsmaterialien der Erzieherin Maria Gelz“, einer Siebenbürgerin, die nach ihrer Heirat von 1962 bis 1974 in einem Kindergarten im Banat arbeitete. Aus den Manuskripten geht hervor, dass sich Maria Gelz besonders intensiv für einen altersgerechten und abwechslungsreichen Unterricht einsetzte. Mit viel Ausdauer sammelte sie Unterrichtsmaterialien in deutscher Sprache, darunter auch Gedichte, Lieder, Spiele und Theaterstücke, die dem Proletkult gewidmet waren. Schon im Kindergarten sollten die ideologischen, politischen und patriotischen Erziehungsziele des kommunistischen Regimes vermittelt und bei verschiedenen Anlässen öffentlich zum Ausdruck gebracht werden.
Die Hefte sind sowohl ein Beweis als auch ein Spiegelbild der Bemühungen deutscher Lehrkräfte, die Kinder auf einem hohen Niveau zu unterrichten und zu erziehen, obwohl ihnen nur wenige Unterrichtsmaterialien zur Verfügung standen. Sie stellen ein wertvolles Dokument der pädagogischen Geschichte dar und gewähren einen einzigartigen Einblick in die Erziehungsmethoden und -praktiken jener Zeit.
Den zweiten Teil der Tagung eröffnete Dr. Erwin Jikeli mit dem Vortrag „Inhalte, Methoden und Schulordnungen an siebenbürgischen Schulen am Anfang des 19. Jahrhunderts“. Bezeichnend für die Stellung des Pfarrers als lokale Schulbehörde und die untergeordnete Position des Schulpersonals im siebenbürgisch-sächsischen Schulwesen zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Devise des Pfarrers Stephan Gottlieb Roth: „Das Gesetz zeiget den Geist der Zeit. / Das Gesetz erhält Ordnung. / Tadeln ist leicht. / Die Nachwelt mache ich besser.“ Diesen Leitsatz stellte Roth der Schulordnung von Kleinschelken voran, wodurch er seine autoritäre Rolle als Vorgesetzter des Lehrpersonals deutlich machte.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es im siebenbürgisch-sächsischen Schulwesen keine einheitliche Schulordnung. Vor allem in den Dorfschulen beeinflussten Überreste des Zunftwesens weiterhin sowohl die Lehrerausbildung als auch den Unterricht. Es gab Mängel in der pädagogischen und methodischen Vorbereitung der Lehrkräfte.
Die Lehrer waren aufgrund willkürlicher Stellenbesetzungen und der unregelmäßigen Vergütung mit ihrer Situation unzufrieden. Die Vermittlung von Inhalten, Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgte überwiegend durch die Bibel, das Gesangbuch und den Katechismus, da Lehrbücher und andere Unterrichtsmaterialien fehlten. Es herrschte ein Konflikt zwischen der Kirchenverfassung von 1818, die unter Bischof Georg Daniel Neugeboren erlassen wurde, und seinen Bemühungen, unterstützt von den zaghaften Initiativen einzelner Schulen, den Unterricht nach den Prinzipien Pestalozzis zu modernisieren.
Die Tagung wurde mit einer hervorragend gestalteten Präsentation von Otilia Stroie und Sándor Daróczi zum Thema „Wege zum Masterstudium in Deutschland für Jugendliche aus Rumänien und Ungarn“ abgeschlossen. In ihrem Vortrag zu aktuellen Fragen des Schulwesens verglichen die beiden Studierenden zunächst den Unterricht in deutscher Sprache sowie das Bachelorstudium in Rumänien und Ungarn. Otilia Stroie hatte in Rumänien, im Gegensatz zu Sándor Daróczi, die Chance, ihren gesamten Bildungsweg in deutscher Sprache zu absolvieren. Als Gründe für ihre Entscheidung, ein Masterstudium in Deutschland aufzunehmen, nannten sie vor allem die Möglichkeit, internationale Erfahrungen zu sammeln, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu vertiefen und nicht zuletzt die besseren Karrierechancen. Um in Deutschland ein Masterstudium aufnehmen zu können, benötigten beide ein zweijähriges DAAD-Stipendium, das sie nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren erhielten. Dabei mussten sie nicht nur durch herausragende Leistungen im Bachelorstudium überzeugen, sondern auch ihre bexzellenten Sprachkenntnisse, kulturellen Erfahrungen sowie Anpassungsfähigkeit und Offenheit unter Beweis stellen. Für beide gestaltete sich der Start holprig und schwierig. Stroie hatte mit den neuen Begriffen, Konzepten und den Unterrichtsmethoden zu kämpfen. Daróczi hingegen war von einem starken Kulturschock betroffen. Sie bekamen jedoch wertvolle Ratschläge und Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie Freundschaften schlossen. Zudem sind sie sportlich in Vereinen aktiv und engagieren sich ehrenamtlich. Beide planen eine berufliche Zukunft in Deutschland und absolvieren derzeit anspruchsvolle Praktika bei namhaften Unternehmen.
Die Tagung zeichnete sich durch interessante Vorträge und lebhafte, teils kontroverse Diskussionen aus. Sie brachte neue Aspekte und Fragestellungen hervor, die eine Fortsetzung des Projekts als sinnvoll und notwendig erscheinen lassen. Um die Dokumentationsarbeit fortzuführen, bitten wir alle, die sich mit diesem Thema befassen möchten, Kontakt mit Dr. Erwin Jikeli, Lindemanshof 6, 47179 Duisburg, Telefon: (01 77) 8 08 83 21, E-Mail: erwinjikeli[ät]gmx.de, aufzunehmen.
Sein berühmtes „Reformationsbüchlein“ (1543) enthält das wichtige Kapitel „Vom Aufrichten der Schulen“. Darin stellte er Forderungen auf, die für die Zeit revolutionär waren: unabhängig von seiner sozialen Herkunft sollte kein Kind von Bildung ausgeschlossen werden, mittellose Kinder sollten vom Stadtrat finanziell unterstützt, Lehrer nach strengeren Kriterien gewählt werden. Bücher, Lehrbücher und Lehrprogramme brachte Honterus in der eigenen Druckerei heraus, richtete eine stetig wachsende Bibliothek ein und gründete den Coetus, ein Schülerhelfersystem. All das war einzigartig in Siebenbürgen. Die von ihm verfasste und herausgegebene „Constitutio Scholae Coronensis“ regelt Rechte und Pflichten der Lehrer und Schüler. Im Coetus waren die Schüler in einer nach demokratischen Wahlen funktionierenden Ordnungshierarchie organisiert. Das Ziel des Reformators war es, eine umfassend gebildete Persönlichkeit des zukünftigen Bürgers zu formen. Auf diese Weise legte Honterus den Grundstein für eine Tradition, die in den folgenden Jahrhunderten von angehenden Pfarrern und Lehrern, die von ihrem Auslandsstudium zurückkehrten, fortgeführt wurde und durch die kontinuierliche Weitergabe des Staffelstabs bis zu den deutschen Schulen im sozialistischen Rumänien nachwirkte.
Den Vortrag „Julius Unberath und der Turnunterricht an den Jungenschulen in Schäßburg“, illustriert mit zahlreichen Fotos, widmete Dr. Erika Schneider einem der bedeutendsten Schäßburger Pädagogen. Julius Unberath (1862-1948) besuchte das Gymnasium in Schäßburg und studierte danach in Leipzig und Bern klassische Philologie, Griechisch, Lateinisch, evangelische Theologie, Geschichte, Geographie und Turnen. Zurückgekehrt in seine Heimatstadt, unterrichtete er als Gymnasialprofessor und Turnlehrer. Zu seiner Vorstellung von Sport gehörte auch das Wandern in den Karpaten, eine Aktivität, die besonders von den Mitgliedern des Siebenbürgischen Karpatenvereins gepflegt wurde. Unberath war nicht nur ein begeisterter Lehrer, sondern setzte sich auch in seinen Schriften intensiv für die Förderung des Turnunterrichts ein. In seinen Beiträgen „Der Turnunterricht an unseren Mittelschulen. Ein Beitrag zur Geschichte des Turnens unter den Siebenbürger Sachsen“, veröffentlicht im „Programm des vierklassigen evangelischen Gymnasiums in Sächsisch-Regen“ (1893) sowie „Der Turnunterricht an unseren Mittelschulen. Bemerkungen zur körperlichen Erziehung“, erschienen im „Programm des evang. Gymnasiums A.B. in Schäßburg“ (1898), betonte er die geschichtliche, pädagogische und methodische Bedeutung des Turnunterrichts.
Heinz Bretz nutzte für seinen Vortrag „Das Wirken von drei Bretz-Lehrern als Musiker, Komponisten und Kulturschaffende in siebenbürgischen Dörfern (1847-1956)“ den wertvollen Fundus, den die fünf Bretz-Lehrergenerationen in über 400 Unterrichtsjahren hinterlassen haben. Georg Bretz (1827-1869) war als Lehrer und Rektor in Meschen, Wurmloch und Scholten tätig. Darüber hinaus leitete er die Blasmusik und spielte Orgel. Er verfasste zahlreiche Partituren für Kirchenlieder und Grabgesänge, die leider im Zweiten Weltkrieg verloren gingen. Heinrich Bretz (1862-1947) war 42 Jahre lang Rektor in Marktschelken. 1907 gründete er den Weißbachtaler Sängerbund, in den er sieben sächsische Gemeinden einbezog und organisierte jährlich ein großes Sängerfest. Seine erste Liedersammlung für gemischten Chor, „Froher Dreiklang I“, erschien 1911, gefolgt von „Froher Dreiklang II“ (1924). Der 1928 entstandene „Froher Dreiklang III“ wurde zwar nicht gedruckt, existiert jedoch als Manuskript. Zu seinen bekanntesten Vertonungen gehören „Deiner Sprache, deiner Sitte, deiner Toten bleibe treu!“ und „Mer wällen bleiwen, wat mer sen“.
Heinrich Emil Bretz (1891-1986), der Sohn von Heinrich Bretz, wirkte als Rektor und Lehrer in Kleinschenk, Benzenz, Schellenberg, Hahnbach und Großscheuern. Er beherrschte sieben Instrumente, leitete Chöre und komponierte zahlreiche Lieder. Zudem war er als Schauspieler aktiv und leitete Theatergruppen mit Gesangseinlagen. Er verfasste sechs Theaterstücke, von denen fünf in siebenbürgisch-sächsischer Mundart geschrieben waren und in vielen Gemeinden aufgeführt wurden.
Gerlinde Schuller thematisierte in ihrem Vortrag, unterstützt durch eine Fotomontage, das pädagogische Profil der „Kindergärten in Hermannstadt von 1958 bis 1981“. Ihre Ausbildung zur Erzieherin begann sie 1958 am Pädagogischen Lyzeum in Hermannstadt. Bereits während der Ausbildungszeit hospitierten die Schülerinnen auch an der Grundschule und die Kindergärtnerinnen besuchten mit ihren Gruppen die Anfangsklassen, um den Austausch mit den Grundschullehrern zu fördern. Die Erzieherin wurde, ohne autoritär zu wirken, sowohl von den Kindern als auch von den Eltern respektiert und unterstützt. Ihre Arbeit war jedoch oft anspruchsvoll, insbesondere wegen der großen Gruppen. Um die begrenzte Ausstattung der Kindergärten mit Spielmaterial, Bilderbüchern und Kinderliteratur auszugleichen, stellten die Erzieherinnen viel didaktisches Material selbst her. Ein weiteres Problem war der oft hohe Anteil rumänischer Kinder. Dieser Umstand hatte auch Vorteile, da einige deutsche Kindergärten nur dank der Anmeldung rumänischer Kinder bestehen konnten, stellte jedoch auch große Anforderungen an die Erzieherinnen. Im Vergleich zu bundesdeutschen Kindergärten war die Arbeit in Rumänien stärker schul- und lernzielorientiert. Diese Ausrichtung wurde jedoch durch die Ideen und Initiativen der Erzieherinnen kompensiert. Die Referentin zeigte zahlreiche Fotos von Festen und Feiern sowie Unternehmungen wie Spaziergänge, Wanderungen, Rodeln, Schlittschuh laufen und anderen Aktivitäten. Als Gerlinde Schuller vor ihrer Ausreise Abschied nahm, war die Enttäuschung der Kinder und Eltern groß und auch ihre eigenen Emotionen überwältigten sie.
Liane Jikeli präsentierte fünf Hefte mit den „Handschriftlichen Unterrichtsmaterialien der Erzieherin Maria Gelz“, einer Siebenbürgerin, die nach ihrer Heirat von 1962 bis 1974 in einem Kindergarten im Banat arbeitete. Aus den Manuskripten geht hervor, dass sich Maria Gelz besonders intensiv für einen altersgerechten und abwechslungsreichen Unterricht einsetzte. Mit viel Ausdauer sammelte sie Unterrichtsmaterialien in deutscher Sprache, darunter auch Gedichte, Lieder, Spiele und Theaterstücke, die dem Proletkult gewidmet waren. Schon im Kindergarten sollten die ideologischen, politischen und patriotischen Erziehungsziele des kommunistischen Regimes vermittelt und bei verschiedenen Anlässen öffentlich zum Ausdruck gebracht werden.
Die Hefte sind sowohl ein Beweis als auch ein Spiegelbild der Bemühungen deutscher Lehrkräfte, die Kinder auf einem hohen Niveau zu unterrichten und zu erziehen, obwohl ihnen nur wenige Unterrichtsmaterialien zur Verfügung standen. Sie stellen ein wertvolles Dokument der pädagogischen Geschichte dar und gewähren einen einzigartigen Einblick in die Erziehungsmethoden und -praktiken jener Zeit.
Den zweiten Teil der Tagung eröffnete Dr. Erwin Jikeli mit dem Vortrag „Inhalte, Methoden und Schulordnungen an siebenbürgischen Schulen am Anfang des 19. Jahrhunderts“. Bezeichnend für die Stellung des Pfarrers als lokale Schulbehörde und die untergeordnete Position des Schulpersonals im siebenbürgisch-sächsischen Schulwesen zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Devise des Pfarrers Stephan Gottlieb Roth: „Das Gesetz zeiget den Geist der Zeit. / Das Gesetz erhält Ordnung. / Tadeln ist leicht. / Die Nachwelt mache ich besser.“ Diesen Leitsatz stellte Roth der Schulordnung von Kleinschelken voran, wodurch er seine autoritäre Rolle als Vorgesetzter des Lehrpersonals deutlich machte.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es im siebenbürgisch-sächsischen Schulwesen keine einheitliche Schulordnung. Vor allem in den Dorfschulen beeinflussten Überreste des Zunftwesens weiterhin sowohl die Lehrerausbildung als auch den Unterricht. Es gab Mängel in der pädagogischen und methodischen Vorbereitung der Lehrkräfte.
Die Lehrer waren aufgrund willkürlicher Stellenbesetzungen und der unregelmäßigen Vergütung mit ihrer Situation unzufrieden. Die Vermittlung von Inhalten, Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgte überwiegend durch die Bibel, das Gesangbuch und den Katechismus, da Lehrbücher und andere Unterrichtsmaterialien fehlten. Es herrschte ein Konflikt zwischen der Kirchenverfassung von 1818, die unter Bischof Georg Daniel Neugeboren erlassen wurde, und seinen Bemühungen, unterstützt von den zaghaften Initiativen einzelner Schulen, den Unterricht nach den Prinzipien Pestalozzis zu modernisieren.
Die Tagung wurde mit einer hervorragend gestalteten Präsentation von Otilia Stroie und Sándor Daróczi zum Thema „Wege zum Masterstudium in Deutschland für Jugendliche aus Rumänien und Ungarn“ abgeschlossen. In ihrem Vortrag zu aktuellen Fragen des Schulwesens verglichen die beiden Studierenden zunächst den Unterricht in deutscher Sprache sowie das Bachelorstudium in Rumänien und Ungarn. Otilia Stroie hatte in Rumänien, im Gegensatz zu Sándor Daróczi, die Chance, ihren gesamten Bildungsweg in deutscher Sprache zu absolvieren. Als Gründe für ihre Entscheidung, ein Masterstudium in Deutschland aufzunehmen, nannten sie vor allem die Möglichkeit, internationale Erfahrungen zu sammeln, ihre deutschen Sprachkenntnisse zu vertiefen und nicht zuletzt die besseren Karrierechancen. Um in Deutschland ein Masterstudium aufnehmen zu können, benötigten beide ein zweijähriges DAAD-Stipendium, das sie nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren erhielten. Dabei mussten sie nicht nur durch herausragende Leistungen im Bachelorstudium überzeugen, sondern auch ihre bexzellenten Sprachkenntnisse, kulturellen Erfahrungen sowie Anpassungsfähigkeit und Offenheit unter Beweis stellen. Für beide gestaltete sich der Start holprig und schwierig. Stroie hatte mit den neuen Begriffen, Konzepten und den Unterrichtsmethoden zu kämpfen. Daróczi hingegen war von einem starken Kulturschock betroffen. Sie bekamen jedoch wertvolle Ratschläge und Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie Freundschaften schlossen. Zudem sind sie sportlich in Vereinen aktiv und engagieren sich ehrenamtlich. Beide planen eine berufliche Zukunft in Deutschland und absolvieren derzeit anspruchsvolle Praktika bei namhaften Unternehmen.
Die Tagung zeichnete sich durch interessante Vorträge und lebhafte, teils kontroverse Diskussionen aus. Sie brachte neue Aspekte und Fragestellungen hervor, die eine Fortsetzung des Projekts als sinnvoll und notwendig erscheinen lassen. Um die Dokumentationsarbeit fortzuführen, bitten wir alle, die sich mit diesem Thema befassen möchten, Kontakt mit Dr. Erwin Jikeli, Lindemanshof 6, 47179 Duisburg, Telefon: (01 77) 8 08 83 21, E-Mail: erwinjikeli[ät]gmx.de, aufzunehmen.
Dr. Erwin Jikeli
Schlagwörter: Tagung, Schule, AKSL, HDO, München
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