19. März 2025

Neue Blicke auf die naturwissenschaftliche Forschung zu Siebenbürgen

Am Wochenende 8./9. März fand in Gundelsheim/Neckar die traditionelle Frühjahrstagung der Sektion Naturwissenschaften des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde auf Schloss Horneck statt. Auf Einladung von Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Museumsträgervereins, konnte die Tagung dankenswerterweise im Pädagogischen Raum des Siebenbürgischen Museums stattfinden. Der Museumseiter Dr. Markus Lörz überbrachte bei der Eröffnung der Tagung ein Grußwort.
Erika Schneider und Stefan Măzgăreanu ...
Erika Schneider und Stefan Măzgăreanu während seines Vortrags.
Der Sektionsleiterin Prof. Dr. Erika Schneider war es erneut gelungen, Vortragende aus unterschiedlichen Bereichen zu gewinnen, die mit ihren interessanten Berichten die Tagung bereicherten. Dr. Ingrid Schiel, die Geschäftsführerin des Siebenbürgen-Instituts, hatte im Vorfeld zahlreiche organisatorische Details geklärt und sorgte für einen reibungslosen Tagungsablauf. Dr. Stefan Măzgăreanu, stellvertretender Vorsitzender des AKSL, eröffnete die Veranstaltung am Samstag und moderierte auch den ersten Teil der Tagung.

Gleich zu Beginn wurde aus Regensburg per Video Prof. Dr. Robert Offner zugeschaltet, der in seinem ersten Vortrag über den Beginn der Hochschulausbildung von Wundärzten und Hebammen in Klausenburg vor 250 Jahren (1775-1872) berichtete. Nach einem allgemeinen medizingeschichtlichen Einblick in die Zeit und die damalige ärztliche Ausbildung zeichnete er den Weg der 1775 errichteten Medizinisch-Chirurgischen Lehranstalt in Klausenburg bis 1872 nach, als die Königliche Universität in Klausenburg mit der Medizinischen Fakultät gegründet wurde. In einem zweiten Vortrag gab er Einblicke in die aktuelle medizinhistorische Forschung an der Universität Regensburg und die von ihm betreuten Dissertationsprojekte, die auch siebenbürgische Themen umfassen.

Ebenfalls per Video war seine Doktorandin Sophia Kerschensteiner zugeschaltet, die in ihrem Vortrag „Vampirismus-Debatte im Südosteuropa (einschließlich Siebenbürgens) des 18. Jahrhunderts und der Medizin“ zeitgenössischen Berichten über Vampirismus nachspürte, die Beschreibungen analysierte und die Debatten in den Periodika der damaligen Zeit zusammenfasste.

Hermann Schobel aus Würzburg hatte einen fesselnden Ausflug in die Geschichte der Flößerei am oberen Mieresch und den harten Alltag der Flößer anhand des 1848 geretteten Flößerbuchs aus den brennenden Häusern von Michael und Johann Schobel aus Sächsisch-Reen zusammengestellt. Da er leider nicht anwesend sein konnte, wurde sein Beitrag von Ingrid Schiel vorgetragen.

Über den öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Justus von Liebig, Professor der Chemie in Gießen und wohl bedeutendster Chemiker seiner Zeit, und dem aus Siebenbürgen stammenden Paul Traugott Meissner, Professor der Chemie in Wien, über den Zustand der Chemie in Wien Mitte des 19. Jahrhunderts sprach Stefan Măzgă­reanu. Spannend, unterhaltsam und wissensreich stellte er die völlig unterschiedlichen Auffassungen dieser beiden Chemiker und die rasante Entwicklung der chemischen Wissenschaft im 19. Jahrhundert dar.

Dr. Rolf Binder aus Neuenstadt/Kocher hatte eine interessante und kundige Korrelation zwischen Baumnamen als Orts- und Familiennamen in Siebenbürgen vorbereitet.

Julian Gräupner, Student aus Würzburg, gab einen Einblick in sein Projekt zur kulturwissenschaftlichen Pflanzenforschung. Dabei erläuterte er, wie unterschiedliche Bedeutungsebenen etwa von Heil- und Giftpflanzen aus verschiedenen Perspektiven der Pharmazie oder Ethnomedizin konstruiert werden können. Erika Schneider stellte anhand wunderschöner Bilder und ihres umfangreichen Wissens die „Siebenbürgische Heide, deren Vegetation und biogeografische Bedeutung im Karpatenbecken“ vor.
Schüler und Schülerinnen des Göttenbach ...
Schüler und Schülerinnen des Göttenbach-Gymnasiums Idar-Oberstein, die gemeinsam mit denen des Pädagogischen Lyzeums Hermannstadt am Erasmus-Projekt in Hermannstadt teilnahmen. Fotos: Ingrid Schiel
In „Das grüne Band Europa – ein Biotop-Verbund vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer“ entführte uns Dr. Johannes Hager. Ausgehend von einer unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entwickelten Initiative u.a. des Bundes Naturschutz sollte der mehrere tausend Kilometer lange und häufig fast unberührt gebliebene grüne Streifen, der die ehemalige Trennlinie zwischen Ost und West von Finnland bis Rumänien markierte, ein länder-, regionen- und landschaftsübergreifender Naturpark werden. Aus dieser Initiative hat sich über viele Jahre ein europaweites Projekt mit zahlreichen Partnern entwickelt, an dem der Referent als Leiter des Naturparks Eichsfeld-Hainich-Werratal mitgearbeitet hat, schließt doch dieses grüne Band die gesamte ehemalige deutsch-deutsche Grenze mit ein.

Der Sonntag begann mit dem Videovortrag von Prof. Dr. Haino Uwe Kasper aus Bonn „Photovoltaik & Solarthermie versus Windenergie – Wer macht das Rennen?“. Dieses sehr aktuelle Thema wurde spannend und fundiert präsentiert, sodass auch Nicht-Fachleute folgen konnten.

Dr. Evelyn Ruşdea (Freiburg/Br.) entführte uns zu den wunderbar blühenden Arnika-Wiesen der Siebenbürgischen Westgebirge (Munţii Apuseni) und den aufregenden und unvorstellbaren Ereignissen des letzten Jahres. In dem beeindruckenden Kurzbericht zu ihrem Herzensprojekt ging sie auf die Veränderungen ein und konnte einige Perspektiven aufzeigen.

„Den Nachtfaltern im Hudewald auf der Spur“, dieses spannende Erasmus-Projekt zwischen dem Göttenbach-Gymnasium in Idar-Oberstein und dem Pädagogischen Lyzeum in Hermannstadt, stellte Angela Schumacher zusammen mit einer Schülergruppe des Göttenbach-Gymnasiums vor. Für dieses Forschungsprojekt in den Hudewäldern rings um Holzmengen konnten sie den anerkannten Entomologen Prof. Dr. László Rákosy gewinnen. Ein mitreißendes, begeisterndes Projekt, bei dem Schüler grenzübergreifend zusammen gelernt, geforscht, sich kennengelernt und europäische Brücken gebaut haben.

Im letzten Tagesordnungspunkt „Sektionsangelegenheiten“ gedachten wir Rudolf Rösler. Erika Schneider trug einen Nachruf auf den verdienten Forstmann, Jagdhistoriker und Botaniker vor, der im letzten Jahr verstorben ist. Er war ein langjähriges aktives Mitglied unserer Sektion Naturwissenschaften und immer für uns da.

Zum Abschluss dankte die Sektionsleiterin Erika Schneider allen Vortragenden und Teilnehmern ganz herzlich. Sie überbrachte auch die schriftlich und telefonisch eingegangenen Grüße und Wünsche für ein gutes Gelingen der Tagung von denjenigen Mitgliedern, die an diesem Märzwochenende leider verhindert waren.

Ute von Hochmeister-Lamm

Schlagwörter: AKSL, Naturwissenschaften, Tagung

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