25. März 2006

Ingrid Gündisch inszeniert "Kabale und Liebe"

In der Siebenbürgischen Zeitung vom 20. Februar 2006 stand zu lesen, dass die siebenbürgische Kinderbuchautorin Karin Gündisch am 5. März in Aachen die Premiere von Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" besuchen werde. Grund: Ihre Tochter Ingrid führte Regie im Grenzlandtheater Aachen. So war es eine gute Portion Neugierde und noch mehr Lokalpatriotismus, die Renate Franchy sofort Karten reservieren ließen, um am 9. März zusammen mit ihrer Tochter die Aufführung zu besuchen. Franchy berichtet.
Es war ein wunderbarer Theaterabend. Ingrid Gündisch ist es gelungen, den Reichtum des Stückes sichtbar werden zu lassen sowie seine Aktualität oder Modernität zu erkennen und zu vermitteln. Die Liebenden geraten in ein Getriebe von Erpressung, Nötigung, Kampf um politische Macht. Es geht Schiller nicht allein um Standesschranken, sondern die Regierenden selber werden als korrupte Bande entlarvt.

Die junge Regisseurin Ingrid Gündisch.
Die junge Regisseurin Ingrid Gündisch.
Mit einem ausgezeichneten Ensemble gelingt es der Regisseurin, die Handlung mit wahrem Leben zu füllen. Die junge schwärmerische Luise (Kaja Schmidt-Tychsen), natürlich und naiv, macht einen Reifeprozess durch, der in Todessehnsucht endet. Die romantische Liebe ihres Ferdinand (Florian Hertweck) gerät ins Wanken, vielleicht doch, weil er einem reichen Hause entstammt? Wurm (Harald Pilar von Pilchau), der Sekretär, gefährlich, weil so verklemmt, will nicht nur Einfluss, sondern auch Luise haben.

Kleine Gesten, fast Nebensächlichkeiten, alles bis ins Kleinste einstudiert und mit Leichtigkeit gebracht, lassen das Stück lebendig und glaubwürdig werden. Das Bühnenbild war genial: Millers Stube und Lady Milfords Gemach ließen sich aus zwei hohen "Schränken" öffnen, auf denen in warmem Licht überdimensionale Porträts aus der Schillerzeit prangten, warmes Licht, das sich als falsch und trügerisch erweist. Auch steht die moderne schlichte Kleidung im krassen Gegensatz zu den Porträts. Alles in allem eine überzeugende Inszenierung.

In einem Punkt jedoch waren sich die Zuschauer nicht einig: Die Regisseurin verzichtet bei der Inszenierung auf die letzte Szene, wo die Intriganten das Ergebnis ihres grausamen Spieles vor Augen geführt bekommen. Es ist anzunehmen, dass um diese Szene nur die Kenner des Trauerspiels von Friedrich Schiller wissen. Meine Tochter, die das Stück nicht gelesen hatte, wusste nicht, dass es noch weiter gehen könnte, vermisste also nichts. Dass auch die Phantasie ein wenig mithelfen sollte, sich das Weitere vorzustellen, dürfte der Gesamtinszenierung keinen Abbruch tun. Der Applaus am Ende war wohlverdient. Es ist doch sehr erfreulich, dass eine so junge Regisseurin es wagt, ein so bedeutendes klassisches Stück zu inszenieren.

Renate Franchy

Bis zum 15. April 2006 ist diese Gündisch-Inszenierung noch mehrmals an verschiedenen Bühnen zu sehen. Die einzelnen Aufführungstermine und -orte sind auf der Internetseite des Grenzlandtheaters www.grenzlandtheater.de veröffentlicht.

Schlagwörter: Theater

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