10. Juni 2007

Carl-Filtsch-Tage in Venedig

Der 11. Mai ist der Todestag von Carl Filtsch, der am 28. Mai 1845 fünfzehn Jahre alt geworden wäre. Eben am 11./12. Mai 2007 veranstaltete die „Rumänische Humanistische Akademie Venedig“ gemeinsam mit dem Münchner Musikseminar, der „Deutsch-Italienischen Kulturgesellschaft“ sowie dem „Deutschen Generalkonsulat Mailand“ die alljährlichen Carl-Filtsch-Tage. Ein Glanzlicht der 5. Auflage war die Vorstellung zweier lang verschollener Filtsch-Kompositionen.
Filtschs musikalisches Genie wurde weit über die Grenzen Siebenbürgens bekannt und dank seiner außerordentlichen Begabung in allen großen Konzertsälen Europas umjubelt und gefeiert. Den Lieblingsschüler Chopins bezeichnete Liszt als „das Wunderkind Siebenbürgens“. Gleichwohl geriet Carl Filtsch allzu bald in Vergessenheit. Wiederentdeckt“ in den sechziger Jahren von den beherzten Musikstudenten Walter Krafft und Peter Szaunig, erhielt Filtsch nun den ihm gebührenden Platz in der siebenbürgischen Musikwelt. Ein Denkmal wurde ihm durch die alljährliche Abhaltung des „Carl-Filtsch-Klavier- und Kompositionswettbewerbes“ in Hermannstadt gesetzt.

Für die Teilnehmer der Filtsch-Tage ist es Tradition geworden, am 11. Mai zur Grabstätte auf dem evangelischen Friedhof auf der Insel San Michele zu fahren und in einer feierlichen Gedenkminute Blumen niederzulegen. In diesem Jahr wurde das weiß und gelb gehaltene Gesteck von der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt gestiftet.

Carl-Filtsch-Tage, von links nach rechts: Peter Szaunig, Nevia Pizzul-Capello, Präsidentin der Deutsch-Italienischen Kulturgesellschaft, der Pianist Mihai Diaconescu, Dr. Monica Joita, stellvertretende Direktorin der Rumänisch Humanistischen Akademie Venedig, Frau Dr. Diaconescu, Walter Krafft, Dagmar Zink, 1. stellvertretende Präsidentin der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, Prof. Ioan Aurel Pop, Direktor der Rumänisch Humanistischen Akademie Venedig. Foto: Oswald Kessler
Carl-Filtsch-Tage, von links nach rechts: Peter Szaunig, Nevia Pizzul-Capello, Präsidentin der Deutsch-Italienischen Kulturgesellschaft, der Pianist Mihai Diaconescu, Dr. Monica Joita, stellvertretende Direktorin der Rumänisch Humanistischen Akademie Venedig, Frau Dr. Diaconescu, Walter Krafft, Dagmar Zink, 1. stellvertretende Präsidentin der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, Prof. Ioan Aurel Pop, Direktor der Rumänisch Humanistischen Akademie Venedig. Foto: Oswald Kessler

Ein Schwerpunkt der diesjährigen Filtsch-Tage war der Vortrag Peter Szaunigs über die reiche Musiktradition Siebenbürgens im Kontext der Komponistenpersönlichkeit Carl Filtsch und die kürzlich durch Prof. Ferdinand Gajewski in den USA – nach über 150 Jahren – entdeckten Werke: das Konzertstück in D-Dur für Klavier und Orchester sowie die Ouvertüre für großes Orchester. Nach einleitenden Worten durch den Direktor der „Rumänischen Humanistischen Akademie Venedig“, Prof. Dr. Ioan Aurel Pop, analysierte Szaunig vor einem sehr interessierten Publikum das Konzertstück anhand einer Aufzeichnung, die anlässlich der Löwensteiner Musizierwoche am 14. April in Weinsberg aufgenommen wurde. Es war die europäische Erstaufführung des Konzertstückes, in dem die Münchner Pianistin Janina Hofmann den Klavierpart bestritt, begleitet vom Amateurorchester der Löwensteiner Musizierwoche. Der Einfluss Chopins ist nicht zu überhören, wobei die Kadenz den beeindruckendsten Teil darstellt, worin Filtsch, erstmalig in seiner komponistischen Entwicklung, in genialer Weise eine kontrapunktische Bearbeitung der beiden Themen in Form eines Fugato verwendet.

Eine ganz neue Dimension der Filtsch’schen Kompositionen erstaunte die Zuhörer beim Anhören einer Digitalaufnahme der Ouvertüre. Diese Komposition weist Filtsch nicht nur als einen am Klavier als Virtuose agierenden Komponisten aus, sondern beweist gleichzeitig eine erstaunliche Reife in der Beherrschung kompositionstechnisch-instrumentaler sowie orchestral-kolloristischer Mittel. Es ist ungewiss, wann diese Ouvertüre komponiert wurde, laut Szaunig wohl aber anzunehmen, dass diese Ouvertüre in Wien zwischen 1840 und 1841 entstand. Durchdrungen von jugendlichem Elan, erinnert sie an Werke des jungen Beethoven, Schubert oder Mendelssohn-Bartholdy. Nicht zuletzt ist das Gelingen des Abends auch Walter Krafft zu verdanken, der Szaunigs Ausführungen aus dem Rumänischen spontan in ein einwandfreies Italienisch übersetzte.

Peter Szaunig (links) und Walter Krafft am Grabe des siebenbürgischen Wunderkindes Carl Filtsch in Venedig. Foto: Oswald Kessler
Peter Szaunig (links) und Walter Krafft am Grabe des siebenbürgischen Wunderkindes Carl Filtsch in Venedig. Foto: Oswald Kessler

Am 12. Mai stellte die „Deutsch-Italienische Kulturgesellschaft“ den Festsaal des Palazzo Albrizzi zwecks eines Klavierabends zur Verfügung. Nevia Pizzul-Capello, die Präsidentin der Deutsch-Italienischen Kulturgesellschaft, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste. Das Programm bestritt der junge Pianist Mihai Diaconescu aus Rumänien. Neben Beethoven, Chopin und Liszt und beendete der 15-jährige Krafft-Schüler seinen technisch virtuosen Vortrag mit vier Filtsch-Kompositionen: „Adieu“, „Mazurka“ und die beiden Impromtus in Ges-Dur und B-moll. Wer Mihai Diaconescu im Vorjahr in Hermannstadt innerhalb eines Rezitals erlebte, konnte feststellen, dass er nicht nur erneut seine technische Brillanz unter Beweis stellte, sondern im Vergleich zum Vorjahr einen ausgereiften verinnerlichten Vortrag bot. Mit einer Chopin-Zugabe und lang anhaltendem Applaus endete der Abend.

DD

(gedruckte Ausgabe: Folge 9 vom 15. Juni, Seite 14)

Schlagwörter: Filtsch, Musikgeschichte

Bewerten:

1 Bewertung: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.