14. August 2022

„Carl Filtsch im Kontext seiner Zeit“: Musikalisch-literarischer Salon in Hermannstadt / Bemerkungen einer Besucherin

Am 15. Juli fand um 18 Uhr im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) eine Auftaktveranstaltung zum 26. Internationalen Klavier- und Kompositions-Wettbewerb Carl Filtsch statt (siehe Bericht auf dieser Seite). Nach langer Zeit wurde es dank der Initiative von Dagmar Dusil möglich, dass dieser erste musikalisch-literarische Salon innerhalb des Wettbewerbes als Abendveranstaltung stattfand.
Dusils Anliegen war es, das siebenbürgische Wunderkind Carl Filtsch einem breiteren Publikum mit Text und Klang näher zu bringen. Carl Filtsch im Kontext seiner Zeit und Zeitgenossen rückte in den Mittelpunkt und weckte unser aller Interesse. Dusil bedankte sich bei der Kulturreferentin für Siebenbürgen, Dr. Heinke Fabritius, für die finanzielle Unterstützung und bei allen anderen, die es möglich machten, dass diese Veranstaltung stattfinden konnte.

Es fügte sich ganz wunderbar in unseren zweiten Reisetag auf dem Weg in die alte Heimat ein, dass wir diese Veranstaltung miterleben konnten. Mein Sohn, der selbst Pianist ist, und ich wollten es keineswegs versäumen, dabei zu sein. Es gelang tatsächlich, rechtzeitig kurz vor 18 Uhr im Spiegelsaal des DFDH anzukommen. Nur beinahe hätte der zweistündige Stau an der Grenze zu Rumänien und der zähflüssige Verkehr auf der Bundesstraße vor Diemrich (Deva) uns unser erstes Reiseziel vermasselt.

Wie immer strahlte der Spiegelsaal seinen besonderen Charme aus und wartete auf sein neugieriges Publikum und die erlesenen, mehr oder weniger bekannten Interpreten von Text und Melodien. Wir nahmen Platz auf den bequemen neuen Stühlen. Nach und nach strömten recht viele interessierte Menschen in den Saal, entgegen den Erwartungen der Veranstalter, die sich umgehend um weitere Bestuhlung bemühen mussten.
Dagmar Dusil (Zweite von links) überreicht den ...
Dagmar Dusil (Zweite von links) überreicht den Interpreten Blumensträuße. Foto: privat
Dagmar Dusil war die Initiatorin, Koordinatorin und Moderatorin dieser Veranstaltung und gleichzeitig auch die Verfasserin des Textes mit Informationen zum Wunderkind Carl Filtsch. Das Publikum fand diesen Text in rumänischer und deutscher Sprache kostenlos zusammengefasst in einem Geheft im Spiegelsaal vor. Die bekannte rumänische Schauspielerin Lerida Buchholtzer war Sprecherin des Textes in rumänischer Sprache und las mit sanfter und klarer Stimme vor. Wer der rumänischen Sprache nicht mächtig war, konnte den Originaltext im Geheft mitlesen. An entsprechenden Stellen verstummte die klangvolle Stimme der Erzählerin und vier außergewöhnliche Pianisten – Oana und Boldizsár Csiky, Izabella Voropciuc und Darius Isaac Lungu – brachten ausgewählte Klavierstücke zu den entsprechenden Textteilen zum Erklingen.

Nach einer kurzen Einleitung eröffnete der Pianist Boldizsár Csiky mit dem Stück Impromptu in Ges-Dur von Carl Filtsch den musikalischen Teil der Vorstellung. Darius Isaac Lungu, der jüngste Interpret aus der Runde, ließ die Fuge und Präludium in B-Dur von Bach und Carl Filtschs Barcarolle op 3 Nr. 2 in einer wunderschönen Interpretation erklingen.

Es folgte eine kurze, beeindruckende Darstellung der ungewöhnlichen und glücklichen Kindheit des hochbegabten Knaben, der im siebenbürgischen Mühlbach 1830 auf die Welt kam und in einer begnadeten familiären Umgebung leben durfte. Mit Liszt und Thalberg, zu der Zeit bereits bekannte und hochgepriesene Virtuosen, stand der kleine Carl schon bald in freundschaftlichem Verhältnis und gegenseitiger Sympathie. Oana Csiky ließ Töne von Thalberg erklingen und in unbeschreiblich zarter Interpretation die „Transcription“ von Bellini. Boldizsar Csiky brachte dem Publikum Liszts Sonetto del Petrarca Nr.104 in feiner und leidenschaftlicher Weise näher. Nachdem wir von der Begegnung des Kindes Carl mit Chopin erfuhren, füllte Chopins Walzer in A-Moll op. 34, Nr: 2 wie ein wundersamer Traum den Raum, interpretiert von Boldizsár Csiky. Auch Oana Csiky eroberte mit ihrer Interpretation der Romanze in E- Dur von Anton Rubinstein, dem Carl Filtsch in München begegnet, das musikalische Herz des Publikums.

Lerida Buchholtzer hob, bevor sie in ihrem Vortrag zum plötzlichen Ende eines viel zu kurzen Lebens kam, eine besondere Leistung des jungen Künstlers hervor. In unglaublich zartem Tonfall sprach sie die Tatsache an, dass der elfjährige Carl Filtsch mit seiner Kunst für das Hermannstädter Krankenhaus den Grundstein gelegt hat. Als er nämlich 1841 seine alte Heimatstadt besuchte und seine großen Erfolge vergütet bekam, spendete er 360 Gulden für die Grundlegung eines allgemeinen Krankenhauses. Allzu früh erlosch der wundersame Stern am Himmel. Die Trauerbotschaft im Siebenbürgischen Boten meldet, dass am 11. Mai 1845 das Wunderkind in Venedig verstarb. Baldizsár Csiky beendet in einer leisen und zutiefst berührenden Weise den Abend mit Carl Filtschs „Adieu“ in c-Moll.

Ein überaus beeindrucktes Publikum anerkennt an diesem Abend mit langanhaltenden Applaus die Idee dieses musikalisch-literarischen Salons, die Leistungen der Interpreten, die Arbeit der Verfasserin des Textes, aber auch den kleinen Carl, der im Raum des Spiegelsaals irgendwie unter uns weilte. Was war das für ein Auftakt unserer Reise in die alte Heimat? Wie sollte man nicht gern immer wieder hierherkommen wollen? Einfach nur beeindruckend!

R. Markel

Schlagwörter: Hermannstadt, Filtsch, Wettbewerb, Musik, Dusil

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