6. Mai 2008

Handlicher und umfassender Kirchenburgführer

Die Neuerscheinung „Das wehrhafte Sachsenland“ von Arne Franke ist ein handlicher Reiseführer, der rund 150 siebenbürgische Kirchenburgen erfasst und kurz präsentiert. Der Verfasser ist freischaffender Kunsthistoriker und Denkmalpfleger. Er stützt seine Darstellung auf Dokumentations- und Feldforschung, die er seit 1999 in Siebenbürgen betreibt. Die historische Einführung zu dem Band verfasste Harald Roth, langjähriger Leiter des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim, seit 2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Südost-Instituts in Regensburg.
Die vorliegende Publikation gehört in die Veröffentlichungsreihe des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Potsdam, das im Jahr 2000 mit dem Ziel gegründete wurde, die deutschen Kulturtraditionen im östlichen Europa, die heute ein gemeinsames Kulturerbe der Deutschen und ihrer östlichen Nachbarn bilden, durch Veranstaltungen und Publikationen zu vermitteln. So wurde bisher von Arne Franke außer dem Buch, auf das hier hingewiesen werden soll, noch ein Band über Hermannstadt zusammen mit dem Verlag Schnell & Steiner, Regensburg veröffentlicht, ein weiterer Band über Kronstadt folgt noch in diesem Jahr.

In den genannten Kirchenburgenführer sind nicht nur repräsentative und gut erhaltene Anlagen aufgenommen worden, sondern alle Kirchen und Wehranlagen, die vom Erhaltungszustand einen Besuch rechtfertigen, und das sind viele abgelegene, zum Teil auf schlechten Wegen zu erreichende Wehrkirchenbauten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um siebenbürgisch-sächsische Baudenkmäler, der Verfasser übersieht aber nicht die in kleinerer Anzahl vorhandenen und meistens bescheideneren kirchlichen Verteidigungsanlagen der Szekler. Ein Band über die Städte im südlichen Siebenbürgen sowie eventuell einer über das sächsische Nordsiebenbürgen wird in weiteren Bänden ca. 2009 folgen.

Die siebenbürgischen Kirchenburgen werden einleitend mit dem europäischen Wehrkirchenbau verglichen. Damit wird auch die Annahme relativiert, es gäbe solche Anlagen bloß in Siebenbürgen. Dennoch wird das Besondere Siebenbürgens hervorgehoben: „In kaum einer anderen Kulturlandschaft Europas hat sich der 1529 von Martin Luther verfasste Choral ‚Ein’ feste Burg ist unser Gott, ein’ gute Wehr und Waffen’ architektonisch und heute noch sichtbar so sehr niedergeschlagen wie in Siebenbürgen.“ In der historischen Einführung werden die Entstehung und Funktionen dieser Wehranlagen sowie die Geschichte der Siebenbürger Sachsen von ihrer Ansiedlung bis heute im Überblick dargestellt.
Die Kirchenburg Holzmengen, von Osten aus ...
Die Kirchenburg Holzmengen, von Osten aus gesehen. Foto: Hubert Graml
Betreffend die Kirchenburgen wird festgestellt, dass die sächsische Bevölkerung nach dem großen Exodus von 1989 ihre „bauliche Kultur geschwächten Restgemeinden überließ, die heute kaum mehr in der Lage sind, das kulturelle Erbe zu erhalten. Die in die einst sächsischen Dörfer nachrückende rumänische Bevölkerung kann sich bis heute nicht mit den evangelischen Kirchen identifizieren, so dass inzwischen zahlreiche Kirchenburgen mehr oder weniger sich überlassen, in ihrem Bestand gefährdet sind.“ Dennoch lohnt es sich für den Kulturreisenden, diese Wehranlagen und gerade auch die abgelegenen zu besuchen, so der Verfasser. Inzwischen ist eine Reihe von denkmalpflegerischen Maßnahmen von verschiedenen Stiftungen und Einrichtungen sowie Heimatortsgemeinschaften eingeleitet worden.

Die Kirchenburgen werden in alphabetischer Reihenfolge, nach Ortschaften geordnet, präsentiert, wobei der rumänische Ortsnamen an erster Stelle steht und zur Orientierung dient, also beginnt die Beschreibung mit Agârbiciu/Arbegen und endet mit Zagăr/Rode. Der deutsche Ortsname wird nur an zweiter Stelle genannt, was gut nachvollziehbar ist, denn Reisende – und das sind nicht nur Siebenbürger Sachsen – müssen sich nach den fast ausschließlich in rumänischer Sprache ausgeschilderten Ortsnamen und Wegweisern orientieren.

Die einzelnen Kirchenburgen werden anhand ihrer Bau- und Kunstgeschichte sowie des heutigen Zustands des Objekts beschrieben, ferner werden Informationen über die Inneneinrichtung der Kirche (Altar, Taufbecken, Orgel, Kanzel, Gestühl u.a.) sowie reichliche Illustrationen geboten: aktuelle Farbfotos sowie ältere Aufnahmen und Zeichnungen, die meisten von Martin Schlichting, um 1858. Es ist dadurch auch ein reich bebildeter Band entstanden.

Bei jeder Ortschaft wird angegeben, wo sie liegt, wie sie erreicht werden kann, in welchem Zustand sich der Weg befindet und wer den Burg- und Kirchenschlüssel verwahrt. Zusätzlich erfährt der Besucher, ob er im Ort in Jugendherbergen oder Gästezimmern in ehemaligen Pfarrhäusern übernachten kann.

In den Text sind noch eingeschoben Ausführungen über die Konfessionen Siebenbürgens, über das Andreanum, die Sächsische Nation und die Sachsen auf Komitatsboden, die Szekler und ihre Kirchenburgen, den Deutschen Ritterorden, die Zisterzienser in Siebenbürgen, über Traditionen der Sachsen, das Leben in den Kirchenburgen im Belagerungszustand, über die Ethnien Rumäniens heute. Ein Anhang gibt zusätzlich Auskunft, wobei die touristischen Hinweise wertvoll sind.

Michael Kroner

Arne Franke: Das wehrhafte Sachsenland. Kirchenburgen im südlichen Siebenbürgen, mit einer historischen Einführung von Harald Roth. Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2007, 456 Seiten, Preis 19,80 Euro, ISBN 10:3-936168-27-x; ISBN 13:978-3-936168-27-3.

Schlagwörter: Rezension, Kirchenburgen

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