20. Mai 2008

Fünf Preisträger beim Heimattag 2008 ausgezeichnet

Dinkelsbühl, am 11. Mai - Umfriedet von den Kirchenmauern blüht ein siebenbürgischer Garten, üppig besonnt, vom saftigen Humus genährt. Teils ist’s ein auf Entbehrung gründender Nutzgarten, teils ein Klanggarten, dann auch ein Ziergarten, in jedem Fall ein fruchtbarer Ort, an dem Einsichten wachsen können, ein Ort der Kontemplation, der Reflexion über das zyklisch wiederkehrende Phänomen des Gebens und Nehmens. Ein jegliches hat seine Zeit. Blütezeit im Mai. - Zu den diesjährigen Preisverleihungen begrüßte Konsulent Dr. Fritz Frank, Vorsitzender des Kulturpreisgerichts und Ehrenobmann des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, die Veranstaltungsteilnehmer in der voll besetzten Sankt-Pauls-Kirche zu Dinkelsbühl, respektive die Preisträger des Jahres 2008: Katharina Zipser, Trägerin des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises neben dem verstorbenen Dr. Günther H. Tontsch, zu dessen Ehren sich die Feiergemeinschaft zu stillem Gedenken erhob, die Jugendpreisträgerin Ines Wenzel sowie als Träger des Ernst-Habermann-Preises Dr. Paul Milata und Frank Thomas Ziegler.
Dr. Frank wies in seiner Eröffnungsansprache darauf hin, dass die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen seit nun schon vier Jahrzehnten Höchstleistungen in Kultur, Wissenschaft und Politik im Rahmen des Heimattages in Dinkelsbühl auszeichne. Mit den vergebenen Preisen seien nicht nur „Hochachtung und Anerkennung für Einsatz, Geistesleistung und künstlerisches Schaffen“ verbunden, gewürdigt werde überdies, dass die Preisträger „trotz der erreichten großen und oft internationalen Dimension ihres Lebenswerkes den Zusammenhang zu Siebenbürgen nicht verloren haben“, erklärte der Jury-Vorsitzende Dr. Fritz Frank.

Zum Auftakt hatte die Musikgruppe „Lidertrun“ das Volkslied Ech geng än menjes Vuëters Guërten zu Gehör gebracht. Die vor einem Dritteljahrhundert in Hermannstadt entstandene Formation (Karl-Heinz Piringer, Hans Seiwerth, Kurt Wagner, Michael Gewölb) gestaltete die musikalische Umrahmung der Feierstunde. Das von der „Lidertrun“ interpretierte heimatliche Mundart-Liedgut zauberte stimmungsvolle kleine Naturbilder in den Kirchenraum.

International angesehener Jurist und Rechtshistoriker

Eingangs seiner Laudatio auf Dr. Günther H. Tontsch drückte Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, sein tiefes Bedauern darüber aus, diesem den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis 2008 nicht mehr persönlich überreichen zu können. Dessen „jahrzehntelanges, unermüdliches und selbstloses Wirken in zahlreichen siebenbürgisch-sächsischen Kulturinstitutionen und –vereinen – stets auf die dauerhafte Sicherung des siebenbürgischen Kulturgutes und dessen weitere wissenschaftliche Erforschung bedacht“ sei beispielhaft und verdiene höchste Anerkennung. Auch als Jurist und Rechtshistoriker habe sich der Verstorbene „hohe Reputation und internationales Ansehen“ erworben. Der Laudator verwies auf die grundlegenden wissenschaftlichen Arbeiten über das Verhältnis von Partei und Staat im kommunistischen Rumänien zum Minderheitenrecht und -schutz allgemein, insbesondere Südosteuropa und in Rumänien. Aufgrund seiner rechtshistorischen Forschungen zur Bedeutung des Eigen-Landrechts bei den Siebenbürger Sachsen und zur Statuargesetzgebung und Gerichtsbarkeit innerhalb der Sächsischen Nationsuniversität sowie über die Rolle der Hermannstädter Rechtsakademie zähle Dr. Tontsch zu den „wissenschaftlich und wissenschaftspolitisch herausragenden Persönlichkeiten der Siebenbürger Sachsen“.

Machat skizzierte die Vita des post mortem Ausgezeichneten. Günther H. Tontsch wurde am 2. August 1943 in Kronstadt geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften in Klausenburg war Tontsch bis zu seiner Aussiedelung in die Bundesrepublik 1978 an der Rechtsfakultät der Babes-Bolyai-Universität Klausenburg als Assistent, dann Oberassistent mit Lehrauftrag tätig. In Deutschland folgte ein beruflicher Neuanfang, in dessen Verlauf Tontsch 1984 das zweite juristische Staatsexamen vor dem Justizprüfungsamt Düsseldorf ablegte, um anschließend seine Tätigkeit als Akademischer Rat an der Abteilung für Ostrechtsforschung des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Universität Hamburg aufzunehmen. Im Jahr darauf wurde Tontsch zum Dr. jur. promoviert mit der Dissertation über „Das Verhältnis von Partei und Staat in Rumänien. Kontinuität und Wandel 1944-1982“. Der Laudator betonte die zahlreiche Veröffentlichungen von Tontsch als Herausgeber und verantwortlicher Redakteur der „WGO-Monatshefte für Osteuropäisches Recht“ (seit1985). Darüber hinaus hat sich Tontsch in der Südosteuropa-Gesellschaft und in der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft für Norddeutschland e.V. (als Gründungsmitglied, stellvertretender Vorsitzender, seit 2006 Vorsitzender) „mit Nachdruck für seine Mitmenschen, für Frieden und Völkerverständigung“ engagiert. Tontsch habe für eine höhere Akzeptanz Rumäniens in der Europäischen Union für ein besseres gegenseitiges Verständnis von Deutschen und Rumänen gewirkt, sich mithin stets um „Brücken über Grenzen“ bemüht.

1986 in den Vorstand des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde gewählt, hatte Tontsch dessen Vorsitz von 1994 bis 2001 inne. Zwischen 1995 und 2001 war er auch zweiter Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats. In diesen Eigenschaften hat er sich, so Machat, intensiv um die Optimierung der Kooperation zwischen allen im Kulturrat vertretenen Einrichtungen bemüht. Ein Herzensanliegen sei ihm die Festigung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturzentrums Gundelsheim, vorzüglich der Einsatz für die finanzielle Unabhängigkeit der Forschungs- und Dokumentationsarbeit gewesen bis hin zur Gründung der „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“, deren Beirat er bis zu seinem Tod am 21. November 2007 geleitet hat. Sein Werben für Spenden, zuletzt beim Verbandstag in 2007, habe in den letzten Jahren das Überleben der Gundelsheimer Einrichtungen erst möglich gemacht. Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis 2008 für Dr. Günther H. Tontsch sei „angesichts seines beeindruckenden Lebenswerkes eine vergleichsweise bescheidene Ehrung“, befand Dr. Christoph Machat.

Den Preis nahm die Witwe, Frau Jutta Tontsch, entgegen, die in ihrer Danksagung bewegt äußerte, dass ihr verstorbener Mann, obzwar er nicht gern im Mittelpunkt gestanden habe, sich über die verliehene Auszeichnung sehr gefreut hätte. Die Hälfte des Preisgeldes werde sie der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek spenden.

Unendlich wandlungsfähige, faszinierende Kunstwelt

Die Laudatio auf die Kulturpreisträgerin Katharina Zipser hielt Marius J. Tataru, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim. In seiner Annäherung an die Bild(er)welt der Malerin charakterisierte der Laudator: „Die Mehrdeutigkeit, die Unbestimmtheit, das Umschlagen von lebensnaher Realität in das Aufscheinen einer geheimnisvollen ‚Hinterwelt’, vom mutwilligen Wink ins Bedrohliche, vom Anmutigen ins Fratzenhafte, all die darin entstehende Spannung und Ungewissheit kann bei Katharina Zipser, unabhängig von Schaffensperioden, den eigentlichen Bedeutungsgehalt ausmachen.“ Ob sie ihre Botschaften in Allegorien kleide oder real existierende Menschen –sich selbst eingeschlossen – mit umsichtiger Ironie in sonderlichen Inszenierungen präsentiere: Das Material zu ihren Werken stamme „unentwegt aus der Urwurzel des Schöpferischen, aus einer tiefen, wenn auch vorsichtig kaschierten poetischen Ader“, so Tataru.
Kulturpreisträgerin Katharina Zipser bei ihrer ...
Kulturpreisträgerin Katharina Zipser bei ihrer Danksagung. Foto: Christian Schoger
Katharina Zipser kam am 28. Dezember 1931 in Hermannstadt zur Welt. Dolf Hienz, ihr Vater, war Maler. In den 1950er Jahren studiert Zipser an den Kunstakademien in Klausenburg und Bukarest. Die Zeichen der damaligen kommunistischen Zeit stehen denkbar ungünstig für eine freie künstlerische Entwicklung. „Sozialistischer Realismus“, so lautet das staatlich verordnete Dogma für Kunstschaffende. Doch das ficht KATH, wie sie später ihre Bilder signieren wird, nicht an. Tataru zählt sie zu den passiven Widerständlern. Mit „disziplinierter Heftigkeit“ trachtet sie ihr Malermetier zu vervollständigen. Sie porträtiert Menschen, die sie kennt und schätzt, u. a. Oskar Pastior, Erwin Wittstock, Paul Schuster, Bettina Schuller; zudem illustriert sie Bücher und Zeitschrift-Literatur. Als erste Deutsche (und Protestantin) absolviert sie einen Kurs für Kirchen- und Ikonenmalerei und konfrontiert sich in den nachfolgenden Jahren in rumänischen Dorfkirchen der Baragan-Ebene mit der weltentrückten orthodoxen Heiligendarstellung. Hier, so meint der Laudator, könnte sich Zipsers „Hang zum Monumentalen“ entwickelt haben, vor allem aber ihre „respektvolle Einstellung gegenüber der Materie der Malerei“. Charakteristisch sei nicht nur die Art und Weise, wie die Künstlerin „mit schweren Farbmassen die Materie ihrer Bilder in vehementen Arbeitsgängen formt“.

Nach 1970, das Jahr, in dem Katharina Zipser mit ihrer Tochter Pomona, heute eine bekannte Bildhauerin, nach Deutschland auswandert, beginnt eine neue Schaffensphase, von Tataru als „meist ironische Malerei der Phantastik“ gekennzeichnet. In den Folgejahren ist die Künstlerin außerordentlich aktiv, beteiligt sich an Ausstellungen, schafft großflächige Monumentalmalereien in München an der Badenia Bausparkasse in Karlsruhe und an der Fassade des „Lügenmuseums“ im brandenburgischen Gantikow.

Ab Mitte der 1980er Jahre zeichnet sich ein weiterer Wandel in der Bilderwelt Katharina Zipsers ab, insofern sie die bloße Objektexistenz der Gegenständige häufiger in Frage stellt zugunsten einer Vieldeutigkeit des bildnerischen Ausdrucks, der an die Romantiker erinnert. In den letzten Jahren nähert sich die Malerin wie nie zuvor der Abstraktion. Das Daseinsgefühl, das ihre späten Werke trägt, ist dominiert von der Faszination eines Raumes, der nur durch die Farbe anschaulich wird und an Tiefe gewinnt, und in dem sich überirdische Geschöpfe auf natürliche Weise einleben, bemerkte Marius Tataru, der zuletzt die Künstlerin direkt ansprach: „Liebe Katharina, hier endet nur vorläufig die Entdeckungsreise durch deine unendlich wandlungsfähige und faszinierende Kunstwelt. (…) Wir sind alle gespannt, wohin deine weitere, wohl überdachte Reise führt.“ In ihrer Danksagung wies die in München lebende Künstlerin darauf hin, dass dies ihre erste Preisverleihung überhaupt sei; umso mehr freue sie diese Auszeichnung. In einer spontanen Geste schenkte die Kulturpreisträgerin das Bild „Der steinerne Gast“ dem Siebenbürgischen Museum Gundelsheim. Dieser Einfall sei ihr beim Anhören des von der „Lidertrun“ dargebotenen Liedes „Âm Hontertstroch“ gekommen, so Katharina Zipser.

Beispielhafte Jugendarbeit

Der Siebenbürgisch-Sächsische Jugendpreis 2008 geht an Ines Wenzel „in Anerkennung ihres Einsatzes für den Erhalt der Vielfalt siebenbürgisch-sächsischer Traditionen, insbesondere des kulturellen Brauchtums, im Rahmen der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD)“ (Urkunde). Die Laudatio hielt Astrid Sutoris, Föderationsreferentin der SJD.

Seit ihrem 16. Lebensjahr wirkt die Jugendpreisträgerin Ines Wenzel, geborene Grempels, aktiv in der Kultur- und Brauchtumspflege. Hauptmotive für ihre engagierte Jugendarbeit in der SJD, so Sutoris, seien ihre Liebe zur Mundart, zu Musik, Tanz und Tracht, zu ihrer Heimat Siebenbürgen. Durch jahrelange Lektüre habe sich Ines Wenzel beachtliche Kompetenz erworben hinsichtlich der Festtracht und des Volkstanzes der Siebenbürger Sachsen. Dank dieses Wissens stehe sie diversen Kulturgruppen mit Rat und Tat zur Seite. Sie war die fachliche Hauptverantwortliche bei den beiden Beteiligungen der SJD am Trachten- und Schützenzug beim Münchner Oktoberfest 2002 und 2006. Nicht von ungefähr ist Ines Wenzel im Vorjahr erstmalig mit der Moderation des traditionsreichen Trachtenzugs beim Heimattag in Dinkelsbühl betraut worden, eine Aufgabe, die sie auch 2008 in souveräner Manier gemeistert hat. Wie Astrid Sutoris in ihrer Laudatio weiter ausführte, habe die Preisträgerin durch ihre gemeinschaftsfördernde Arbeit siebenbürgisch-sächsischen Jugendlichen ihre Wurzeln näher gebracht, ihnen einen festen sozialen Halt gegeben und dazu angeregt, sich selbst in der Jugendarbeit einzubringen. „Kultur ist für sie unsere Wurzel und das Potenzial für ein gemeinsames Handeln“, unterstrich die Laudatorin. Ines Wenzel ist 1973 in Heldsdorf geboren und bis zu ihrer Aussiedlung mit ihrer Familie in die Bundesrepublik 1984 in Kronstadt aufgewachsen. Nach dem Besuch des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums in Heilbronn-Böckingen absolvierte sie eine Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandel. Heute ist sie als Verwaltungsangestellte in der Finanzabteilung des Klinikums am Weissenhof in Weinsberg berufstätig. Ihr privates Glück hat sie bei Helmut Wenzel gefunden, den sie bei einem Vorbereitungsseminar für den Heimattag kennen gelernt hatte.
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Ines Wenzel (2. von rechts) nimmt den Siebenbürgisch-Sächsischen Jugendpreis 2008 entgegen. Neben ihr von links nach rechts: SJD-Bundesjugendleiter Rainer Lehni, Laudatorin Astrid Sutoris und Dr. Gerald Volkmer. Foto: Christian Schoger
1990 übernahm Ines Wenzel die Leitung der Jugendtanzgruppe Heilbronn. Die nunmehr achtzehnjährige Tanzgruppenleitung in Heilbronn bescherte ihr reichlich Erfahrung und etliche Erfolge. Die derzeit 43 Mitglieder zählende Tanzgruppe Heilbronn hat seit ihrer Teilnahme an den Volkstanzwettbewerben 1992 bis auf ein Mal jedes Jahr einen Pokal gewonnen, nicht zuletzt dank der Präzision und Disziplin ihrer Leiterin. Ihr ehrenamtliches Engagement hat Ines Wenzel durch ihre Tätigkeit als stellvertretende Kreisgruppenvorsitzende und als Kulturreferentin der Kreisgruppe Heilbronn erweitert. In der SJD fungierte die Preisträgerin lange Jahre als Landesjugendleiterin der SJD Baden-Württemberg und gehörte mithin 1992 bis 1998 der Bundesjugendleitung an. Zwischen 1998 und 2007 hatte Wenzel das Amt der stellvertretenden Bundesjugendleiterin inne.

Ines Wenzel dankte insbesondere ihrer Familie und ihrem Ehemann. Ihre Eltern hätten sie Selbstständigkeit, Ehrlichkeit und Offenheit gelehrt. Und ohne die Unterstützung ihres Mannes wäre ihr Engagement in dieser Form schlicht nicht möglich gewesen.

Zeit- und Kunstgeschichtliche Arbeiten ausgezeichnet

Der von der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung ins Leben gerufene, dotierte Ernst-Habermann-Preis zur Förderung junger Wissenschaftler und Künstler wird jedes zweite Jahr verliehen für überdurchschnittliche siebenbürgenspezifische Arbeiten. Die diesjährigen Preisträger sind der Historiker Dr. Paul Milata und der Kunsthistoriker Frank Thomas Ziegler.

Die Laudatio auf Dr. Paul Milata hielt mit Pfr. Mag. Volker Petri der Bundesobmann der Siebenbürger Sachsen in Österreich. Dem 1977 in Bukarest geborenen Historiker wurde die Auszeichnung zuerkannt für die Veröffentlichung seiner Dissertation „Zwischen Hitler, Stalin und Antonescu. Rumäniendeutsche in der Waffen-SS“. Es handelt sich hierbei um die erste monografische Untersuchung zu diesem Kapitel rumäniendeutscher Geschichte. Mit dieser Arbeit, konstatierte Petri, eröffne der Verfasser den „Zugang zu einer bisher verborgenen, tabuisierten und verschleierten Geschichte“, dies auf der Basis wissenschaftlich fundierter Fakten. Die von Paul Milata „in leidenschaftlicher Objektivität“ erarbeiteten „reichen, komplexen quellengeschichtlichen Studien (…) beweisen Seriosität und Exaktheit“. Neben Milatas „neutral-sachlicher Herangehensweise“ anerkannte der Laudator besonders die quellenkritische Zuverlässigkeit dieser Forschungsarbeit. Anhand der mitgelieferten Briefe, Aussagen, Zeugnisse würden die Zeitzeugen als „Subjekte mit menschlichem Antlitz“ dem Leser näher gebracht und somit eine uns heute oft unbegreifliche komplexe historische Epoche veranschaulicht. In seinen Dank für die Anerkennung seiner Arbeit schloss Paul Milata insbesondere auch das Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim ein für die geleistete Unterstützung, überdies dankte der Historiker den Zeitzeugen für ihre Aussagen.
Die Preisträger des Ernst-Habermann-Preises, von ...
Die Preisträger des Ernst-Habermann-Preises, von links: Dr. Paul Milata, Frank Thomas Ziegler. Foto: Petra Reiner
Ebenfalls mit dem Ernst-Habermann-Preis ausgezeichnet wurde der Kunsthistoriker Frank Thomas Ziegler für sein wissenschaftliches Erstlingswerk, einen in ehrenamtlichem Engagement konzipierten Leitplan für das Brukenthalmuseum in Hermannstadt. Der gebürtige Mediascher (Jahrgang 1974) ist wissenschaftlicher Projektassistent an der Staatsgalerie Stuttgart. Die Laudatio hielt Dr. Irmgard Sedler. Wie die Vorsitzende des Trägervereins des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim vorausschickte, sind die Brukenthalischen Sammlungen „ausgerichtet auf das anspruchsvolle Wertemaß hoher europäischer Kunst, Widerschein jenes aufklärerischen Universal-Gedankens ihres Gründers, dem Sächsischen seinen angemessenen Platz im europäischen Kontext zuweisend“. Dieser kulturgeschichtlichen und –politischen Bürde und Verantwortung sei sich Ziegler sehr wohl bewusst gewesen, dem Sedler ein „ausgeprägtes Sensorium für das Gegenwärtige im Umgang mit dem Kulturerbe Siebenbürgens“ attestierte. Mit seiner auf praktische Umsetzung ausgerichteten Arbeit „Museumsleitplan Brukenthalmuseum“ beschreite Ziegler „Neuland im Bereich der Evaluation musealer Einrichtungen im heutigen, postkommunistischen Rumänien“. Der Verfasser verweise dezidiert einerseits auf die „nicht eindeutige rechtliche Lage des Museums“, andererseits auf den kulturpolitischen Konsens, zu dem es zwischen dem neuen/alten Besitzer (Kirche) und dem Betreiber (rumänischer Staat) keine Alternative gebe. Ziegler liefere eine akribische Situationsanalyse der zeitaktuellen Museumstätigkeit, wobei alle wichtigen Bereiche – funktionale wie strukturelle – genau evaluiert werden. Dabei habe der Autor, wie die Laudatorin hervorhebt, die historische Dimension der Museumsentwicklung erkannt und in seine Evaluation mit einbezogen. Aufgrund dieser Analyseerkenntnisse legt der Verfasser im zweiten Teil seiner Arbeit ein Grobkonzept der zukünftigen institutionellen Museumsarbeit vor, das Ziegler „als Basis einer Diskussion zwischen Politik Bevölkerung und Museumsarbeitern qualifiziert. Für das Brukenthalmuseum - als „Zentrum der Museumskultur der Region Hermannstadt“ – sieht der Autor das Modell einer „Holdinggesellschaft“ mit einem Generaldirektor und einem Verwaltungsrat. Der Leitplan enthält ein komplettes, konsequent erarbeitetes Umsetzungsangebot. Nach Einschätzung von Dr. Irmgard Sedler stellt diese Forschungsarbeit eine realisierungswürdige, „optimistische Projektion für eine zukünftige Museumsarbeit im neuen EU-Land Rumänien“ dar.

Frank Thomas Ziegler bedankte sich bei seiner Familie für den stetigen Rückhalt und äußerte sich zuversichtlich, dass man dem Brukenthalmuseum aus seinem 60-jährigen Dornröschenschlaf verhelfen könne. Das letzte „Wort“ blieb der „Lidertrun“ vorbehalten, die mit dem Volkslied Fuërt än’t Elfelånd die diesjährigen Preisverleihungen beschwingt ausklingen ließ.

Christian Schoger

Schlagwörter: Heimattag 2008, Preis, Dinkelsbühl

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