16. April 2009
Junger Siebenbürger überzeugt im Musical „Rent“ im Münchner Prinzregententheater
Im März zeigte das Prinzregententheater in München das Musical „Rent“ von Jonathan Larson – ein mit dem Tony Award und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes Stück und in diesem Jahr die Abschlussproduktion des Studiengangs Musical der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Eine der Hauptrollen spielte Karsten Kenzel, 1983 in Mediasch geboren, der gerade in den Abschlussprüfungen der Akademie steckt. In einem Gespräch mit der Siebenbürgischen Zeitung erzählt er von seinem langen und nicht immer einfachen Weg auf die Musicalbühne.
Schon früh kommt Karsten Kenzel, der mit knapp vier Monaten nach Deutschland übersiedelt, mit der Musik in Berührung. Im Alter von sieben Jahren wird er Mitglied bei den „Münchner Chorbuben“ und sammelt erste Gesangserfahrungen, Klavierunterricht kommt dazu. Mit 15 sieht er sein erstes Musical, „Grease“, im Deutschen Theater in München. „Damit hat alles angefangen“, erzählt er, „das war einfach faszinierend“. Woher diese Faszination rührt, kann er nicht so genau beschreiben, aber von dem Moment an steht für ihn fest, dass er auf die Musicalbühne will: singen, schauspielern, tanzen. Der Traum erfährt bald einen Dämpfer. Ausschließlich teure Privatschulen, so findet er gemeinsam mit seiner Mutter Carmen heraus, bilden Musicaldarsteller aus, und diese Ausbildung kann er sich nicht leisten.
Ein paar Jahre später, als er an der Fachoberschule ist, wird das Thema Musical wieder aktuell. Die benachbarte Schule sucht für eine Schulproduktion männliche Darsteller, und Karsten wird, weil der Komponist ihn bei einem Konzert singen hört, einer von ihnen, bekommt gar eine Hauptrolle. Das Musical „Rock the Frog“ wird 2001 erfolgreich aufgeführt, 2002 folgt „Um jeden Preis“, 2003 „Dracula“ – immer mit Karsten in einer Hauptrolle. Dennoch bleibt die Ausbildung zum Musicaldarsteller ein Traum.
Nach dem Schulabschluss arbeitet er als Kellner und strebt eine Ausbildung zum Event-Manager an – bis ihn 2004 eine Schulfreundin auf den Studiengang Musical der Bayerischen Theaterakademie August Everding hinweist und „einfach zur Aufnahmeprüfung schleppt“, erzählt Karsten. „Ich war total unvorbereitet“, sagt er lachend, „hatte einen Monolog aus ‚Die Räuber‘ mitsamt den Regieanweisungen auswendig gelernt und einfach gespielt. Mein späterer Schauspiellehrer hat gesagt: ‚Ich hab noch nie so was Schlechtes gesehen‘.“ Trotzdem kommt er mit 17 anderen in die Endrunde – und wird dann doch nicht genommen. Im Nachhinein wundert ihn das nicht. „Ich hatte einfach zu wenig Erfahrung.“ Die Prüfungskommission der Theaterakademie sieht aber ein Talent in ihm und empfiehlt ihm, an die Berufsfachschule für Musik nach Sulzbach-Rosenberg zu gehen und die Aufnahmeprüfung in München ein Jahr später zu wiederholen.
Es folgt „das schlimmste Jahr meines Lebens“. Die Mitschüler in Sulzbach-Rosenberg begegnen ihm, dem Typen mit Hut aus der Großstadt, feindselig und geben ihm wenig Gelegenheit, sich zu integrieren. Menschlich und vor allem beruflich bringt ihn dieses Jahr 2004/2005 allerdings weiter. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Genre Musical, erhält zum ersten Mal professionellen Gesangs-, Tanz- und Schauspielunterricht und wird besonders von seiner Gesangslehrerin Stefanie Dietrich gefördert. „Sie hat mich immer zu Produktionen in die Akademie nach München mitgenommen, wo ich viele Leute kennen gelernt habe.“ Noch heute verbindet die beiden ein freundschaftliches Verhältnis. „Ich rufe sie an, wenn ich Hilfe bei meinen Rollen brauche.“
Die Abschlussproduktion „Guys and Dolls“ in Sulzbach-Rosenberg im Jahr 2005, in der Karsten den Gangster Sky Masterson spielt, wird zu einer kleinen Offenbarung. „Das war ein großer Sprung von den Aufführungen an der FOS bis zu Sky Masterson. Ich hatte ja endlich ein bisschen Ahnung von dem, was ich da tue.“ Im gleichen Jahr stellt er sich erneut zur Prüfung an der Theaterakademie in München und bewirbt sich parallel auch in Essen, wo er nicht genommen wird, aber in München klappt es beim zweiten Anlauf. Er ergattert einen der wenigen begehrten Ausbildungsplätze an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und ist endlich dort angekommen, wo er schon so lange hin wollte. Dennoch bleibt er bescheiden: „Ich weiß, dass es ein Privileg ist, als einer von 200 Bewerbern diese Ausbildung an einer staatlichen Schule zu machen.“ Es beginnt die harte vierjährige Ausbildung zum Musical-Darsteller, die er voller Enthusiasmus angeht. Am Ende des zweiten Jahres hat er trotz aller Liebe zum Musical eine Krise. „Es wurde mir bewusst, wie viel Arbeit hinter dem Beruf steckt, wie viel man auf welchem Niveau können muss und vor allem, dass ich damit Geld verdienen muss.“ Er überwindet die Skepsis und wirkt im Rahmen des Studiums in der Musicalrevue „Wilde Männer küsst man gern“, in den Schauspielstücken „Pferden gibt man auch den Gnadenschuss“ und „Auf der Greifswalder Straße“, in den Musicals „On The Town“ und „Kopfstimme“ mit, wird daneben in das Tanz- und Gesangsensemble von Caroline Links Film „Im Winter ein Jahr“ verpflichtet und erhält in der Revue „Petticoat & Schickedance“ am Stadttheater Fürth sowie in der Weihnachtsgala „Winterträume im Münchner Prinzregententheater“ Gastengagements.
Eine seiner Traumrollen, die des Roger Davis in „Rent“, spielt er im März 2009 im Prinzregententheater in München – es ist die Abschlussproduktion des Studiengangs Musical der Bayerischen Theaterakademie. „Gesanglich und musikalisch ist diese Rolle mein Ding, meine Richtung“, sagt er. Dafür nimmt er sieben Wochen lang tägliche Proben von 13, 14 Stunden in Kauf mit nur einer kurzen Mittagspause und ohne Tageslicht im Probenraum. Die Proben sind so kräftezehrend, dass sogar für ein paar Tage die Stimme versagt – katastrophal für einen Musical-Darsteller. Auf der Bühne aber merkt man von der ganzen Anstrengung nichts mehr: Karsten spielt seine Rolle nicht, er lebt sie, er wird Roger Davis mit all seinen Träumen, Hoffnungen und Ängsten, er wird der HIV-positive Rockmusiker, den nur ein einziger Wunsch antreibt: einen großen Song zu schreiben, bevor er stirbt. Seine Beziehung zur ebenfalls HIV-positiven Mimi ist geprägt von Misstrauen und Exzessen. Als er endlich seinen Song schreibt und Mimi darin seine Liebe gesteht, ist es bereits zu spät. Sie stirbt und er erkennt, dass nur das Jetzt, nur der Moment zählt.
Im Sommer dieses Jahres schließt Karsten Kenzel seine Ausbildung ab und möchte dann „große Rollen spielen und das Publikum erreichen“. Nach dem legendären Broadway in New York befragt, sagt er: „Broadway – das ist Kampf. In Deutschland wird man zwar als Musical-Darsteller von Schauspielern, Opernsängern und Balletttänzern belächelt und muss gegen viele Vorurteile kämpfen, aber hier kann man die Sparte Musical noch etablieren. Die steckt hier noch in den Kinderschuhen. Wir müssen uns eine Berechtigung auf dem Markt erkämpfen.“ Dieser Kampf wird seinen weiteren Weg und die Suche nach einem Engagement ebenso begleiten wie die Hoffnung, „dass das Publikum einen schönen Abend hat“, wenn er auf der Bühne steht.
Ein paar Jahre später, als er an der Fachoberschule ist, wird das Thema Musical wieder aktuell. Die benachbarte Schule sucht für eine Schulproduktion männliche Darsteller, und Karsten wird, weil der Komponist ihn bei einem Konzert singen hört, einer von ihnen, bekommt gar eine Hauptrolle. Das Musical „Rock the Frog“ wird 2001 erfolgreich aufgeführt, 2002 folgt „Um jeden Preis“, 2003 „Dracula“ – immer mit Karsten in einer Hauptrolle. Dennoch bleibt die Ausbildung zum Musicaldarsteller ein Traum.
Nach dem Schulabschluss arbeitet er als Kellner und strebt eine Ausbildung zum Event-Manager an – bis ihn 2004 eine Schulfreundin auf den Studiengang Musical der Bayerischen Theaterakademie August Everding hinweist und „einfach zur Aufnahmeprüfung schleppt“, erzählt Karsten. „Ich war total unvorbereitet“, sagt er lachend, „hatte einen Monolog aus ‚Die Räuber‘ mitsamt den Regieanweisungen auswendig gelernt und einfach gespielt. Mein späterer Schauspiellehrer hat gesagt: ‚Ich hab noch nie so was Schlechtes gesehen‘.“ Trotzdem kommt er mit 17 anderen in die Endrunde – und wird dann doch nicht genommen. Im Nachhinein wundert ihn das nicht. „Ich hatte einfach zu wenig Erfahrung.“ Die Prüfungskommission der Theaterakademie sieht aber ein Talent in ihm und empfiehlt ihm, an die Berufsfachschule für Musik nach Sulzbach-Rosenberg zu gehen und die Aufnahmeprüfung in München ein Jahr später zu wiederholen.
Es folgt „das schlimmste Jahr meines Lebens“. Die Mitschüler in Sulzbach-Rosenberg begegnen ihm, dem Typen mit Hut aus der Großstadt, feindselig und geben ihm wenig Gelegenheit, sich zu integrieren. Menschlich und vor allem beruflich bringt ihn dieses Jahr 2004/2005 allerdings weiter. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Genre Musical, erhält zum ersten Mal professionellen Gesangs-, Tanz- und Schauspielunterricht und wird besonders von seiner Gesangslehrerin Stefanie Dietrich gefördert. „Sie hat mich immer zu Produktionen in die Akademie nach München mitgenommen, wo ich viele Leute kennen gelernt habe.“ Noch heute verbindet die beiden ein freundschaftliches Verhältnis. „Ich rufe sie an, wenn ich Hilfe bei meinen Rollen brauche.“
Die Abschlussproduktion „Guys and Dolls“ in Sulzbach-Rosenberg im Jahr 2005, in der Karsten den Gangster Sky Masterson spielt, wird zu einer kleinen Offenbarung. „Das war ein großer Sprung von den Aufführungen an der FOS bis zu Sky Masterson. Ich hatte ja endlich ein bisschen Ahnung von dem, was ich da tue.“ Im gleichen Jahr stellt er sich erneut zur Prüfung an der Theaterakademie in München und bewirbt sich parallel auch in Essen, wo er nicht genommen wird, aber in München klappt es beim zweiten Anlauf. Er ergattert einen der wenigen begehrten Ausbildungsplätze an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und ist endlich dort angekommen, wo er schon so lange hin wollte. Dennoch bleibt er bescheiden: „Ich weiß, dass es ein Privileg ist, als einer von 200 Bewerbern diese Ausbildung an einer staatlichen Schule zu machen.“ Es beginnt die harte vierjährige Ausbildung zum Musical-Darsteller, die er voller Enthusiasmus angeht. Am Ende des zweiten Jahres hat er trotz aller Liebe zum Musical eine Krise. „Es wurde mir bewusst, wie viel Arbeit hinter dem Beruf steckt, wie viel man auf welchem Niveau können muss und vor allem, dass ich damit Geld verdienen muss.“ Er überwindet die Skepsis und wirkt im Rahmen des Studiums in der Musicalrevue „Wilde Männer küsst man gern“, in den Schauspielstücken „Pferden gibt man auch den Gnadenschuss“ und „Auf der Greifswalder Straße“, in den Musicals „On The Town“ und „Kopfstimme“ mit, wird daneben in das Tanz- und Gesangsensemble von Caroline Links Film „Im Winter ein Jahr“ verpflichtet und erhält in der Revue „Petticoat & Schickedance“ am Stadttheater Fürth sowie in der Weihnachtsgala „Winterträume im Münchner Prinzregententheater“ Gastengagements.
Eine seiner Traumrollen, die des Roger Davis in „Rent“, spielt er im März 2009 im Prinzregententheater in München – es ist die Abschlussproduktion des Studiengangs Musical der Bayerischen Theaterakademie. „Gesanglich und musikalisch ist diese Rolle mein Ding, meine Richtung“, sagt er. Dafür nimmt er sieben Wochen lang tägliche Proben von 13, 14 Stunden in Kauf mit nur einer kurzen Mittagspause und ohne Tageslicht im Probenraum. Die Proben sind so kräftezehrend, dass sogar für ein paar Tage die Stimme versagt – katastrophal für einen Musical-Darsteller. Auf der Bühne aber merkt man von der ganzen Anstrengung nichts mehr: Karsten spielt seine Rolle nicht, er lebt sie, er wird Roger Davis mit all seinen Träumen, Hoffnungen und Ängsten, er wird der HIV-positive Rockmusiker, den nur ein einziger Wunsch antreibt: einen großen Song zu schreiben, bevor er stirbt. Seine Beziehung zur ebenfalls HIV-positiven Mimi ist geprägt von Misstrauen und Exzessen. Als er endlich seinen Song schreibt und Mimi darin seine Liebe gesteht, ist es bereits zu spät. Sie stirbt und er erkennt, dass nur das Jetzt, nur der Moment zählt.
Im Sommer dieses Jahres schließt Karsten Kenzel seine Ausbildung ab und möchte dann „große Rollen spielen und das Publikum erreichen“. Nach dem legendären Broadway in New York befragt, sagt er: „Broadway – das ist Kampf. In Deutschland wird man zwar als Musical-Darsteller von Schauspielern, Opernsängern und Balletttänzern belächelt und muss gegen viele Vorurteile kämpfen, aber hier kann man die Sparte Musical noch etablieren. Die steckt hier noch in den Kinderschuhen. Wir müssen uns eine Berechtigung auf dem Markt erkämpfen.“ Dieser Kampf wird seinen weiteren Weg und die Suche nach einem Engagement ebenso begleiten wie die Hoffnung, „dass das Publikum einen schönen Abend hat“, wenn er auf der Bühne steht.
Doris Roth
Schlagwörter: Musical, München
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