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30. Juli 2022

Kulturspiegel

Denkmal-Ambulanz um Eugen Vaida unternahm Notsicherungen an der Abtsdorfer Kirche

Das Gebäude der evangelischen Kirche ist in erbärmlichem Zustand. Steigt man die Treppen zur Kirchenburg in dem an der Großen Kokel gelegenen Abtsdorf hinauf, deuten bereits die mit Vegetation bewachsenen Mauern darauf hin, dass die Anlage vernachlässigt ist. mehr...

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Artikel wurde 2 mal kommentiert.

  • Bir.Kle.

    1Bir.Kle. schrieb am 31.07.2022, 15:58 Uhr (um 16:14 Uhr geändert):
    Alle Aktionen, alle Anstrengungen und alle Maßnahmen, die zum Erhalt der monumentalen Wehr- und Sakralbauten in Siebenbürgen unternommen werden, finde ich in höchstem Maße begrüßenswert.
    Langfristig gesehen sind all diese Erhaltungsmaßnahmen leider nichts anderes als eine Momentaufnahme. Gewiss, wenn man an Wehrkirchen oder Kirchenburgen alle notwendigen Renovierungs- und Konsolidierungsarbeiten fachmännisch vornehmen lässt, ist der Fortbestand des betreffenden Baudenkmals zunächst einmal gesichert.
    In einigen Jahrzehnten werden jedoch erneut Verfallserscheinungen zum Vorschein kommen: Die Dachpfannen beginnen zu zerbröseln, Feuchtigkeit kriecht im Mauerwerk empor, der Putz bröckelt von den Wänden etc.
    Wer wird dann die Initiative ergreifen? Wer versucht dann, noch etwas zu retten? Von denjenigen, denen der Erhalt der Kirchenburgen am Herzen liegt, werden die meisten zu besagtem Zeitpunkt unter der Erde liegen.
    Diese besagten Menschen sind mit den Kirchenburgen aufgewachsen: Die Kirchenburg war für sie sozusagen omnipräsent, sie prägt das Dorfbild maßgeblich und man hatte sie aus fast jeder Ecke des Dorfes im Blick.
    Diese Menschen haben dort jeden Sonntag den Gottesdienst besucht, sie sind dort getauft, konfirmiert und getraut worden. Sie sind über viele Jahre ihres Lebens hinweg täglich vom süßen Klang der Heimatglocken begleitet worden.
    Welches Schicksal droht den Kirchenburgen, wenn diese Menschen nicht mehr existieren?

    Mit meinen 42 Jahren gehöre ich zur vorletzten oder gar letzten Generation, die noch "mein Heimatdorf" sagt. Die jüngeren Siebenbürger Sachsen - und erst recht jene, die in Deutschland geboren sind - sprechen zumeist nur von "den Heimatdörfern meiner Eltern".
    Das spricht Bände: Das ist ein Zeichen totaler Entfremdung und fehlender Bindung zu unserer siebenbürgischen Heimat. Und das ist noch gar nicht alles: Ich habe bereits mehrfach die traurige Erfahrung machen müssen, dass viele dieser jungen Leute die Heimatdörfer ihrer Eltern noch nicht einmal beim Namen nennen können!
    Angesichts dessen kann man getrost davon ausgehen, dass diesen jungen Menschen in keiner Weise bewusst ist, welche architektonischen und historischen Schätze sich in diesen Dörfern befinden.
    An dieser Stelle braucht mir übrigens niemand mit den angeblich "vielen" jungen Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl zu kommem! Das sind Ausnahmefälle. Das ist lediglich ein Bruchteil aller jungen Siebenbürger Sachsen. Die große Mehrheit dieser Generationen hat überhaupt keine Beziehung zu Siebenbürgen und keinerlei Interesse an siebenbürgisch-sächsischen Angelegenheiten.
    Hinzu kommt noch etwas: Von diesem Bruchteil, der Jahr für Jahr nach Dinkelsbühl trudelt, geht es der Mehrheit nur um RambaZamba und HalliGalli - also auf den Putz hauen. Es ist also lediglich ein Bruchteil vom Bruchteil, der tiefgehendes Interesse an Siebenbürgen (Kultur, Geschichte, Kirchenburgen usw.) zeigt. Das wird nicht ausreichen, um etwas zu bewegen und zu bewirken - geschweige denn, etwas zu retten.

    Gleichzeitig gilt aber auch zu betonen, dass es völlig unangemessen ist, die jungen Leute mit irgendwelchen Vorwürfen zu konfrontieren. Sie sind nun einmal nicht mit den Kirchenburgen, sondern in einem ganz anderen Umfeld aufgewachsen. Da ist es durchaus verständlich, dass sich deren Interesse für diese imposanten Bauwerke in (engen) Grenzen hält.

    Und genau an dieser Stelle sind wir beim entscheidenden Punkt: Die einzige wirksame Methode für einen langfristigen Fortbestand der Kirchenburgen wäre gewesen, wenn wir Siebenbürger Sachsen in Siebenbürgen verblieben wären. Dann wären die nachfolgenden Generationen mit den Kirchenburgen aufgewachsen und hätten einen Bezug zu ihnen entwickelt. Daraus wiederum hätten Sensibilität und Interesse am Erhalt resultiert.
    Da wir Siebenbürger Sachsen aber meinten, unsere Heimat in Strömen und geradezu fluchtartig verlassen zu müssen, ist dieser Zug längst abgefahren.
    Was uns jetzt noch bleibt, ist, dringend über Nutzungskonzepte nachzudenken. Da es kaum noch evangelische Kirchengemeinden in Siebenbürgen gibt, haben die Kirchen als Gotteshäuser weitgehend ausgedient.
    Wir müssen deshalb über unseren Schatten springen und unsere Kirchenburgen umfunktionieren. Wir müssen bereit sein, sie sozusagen zweckentfremdet zu verwenden.
    Welcher Mensch ist denn bereit, ein Gebäude zu renovieren und zu restaurieren, nur damit es anschließend ungenutzt und leer dasteht, um sukzessive wieder zu verfallen?
    Klar, für die älteren Generationen sind die Kirchenburgen eine Herzensangelegenheit, aber die Jüngeren, denen die nötige (emotionale) Bindung fehlt, werden höchstwahrscheinlich nur dann Interesse an der Instandhaltung zeigen, wenn sie auch einen Nutzen sehen.
    Die Sache mit der Nutzung stelle ich mir übrigens auch recht schwierig vor. Möglichkeiten gibt es zwar viele z.B. Konzerte, Vorlesungen, Vorträge, Ausstellungen und und und. Aber wer soll die ganzen Veranstaltungen besuchen in abgelegenen und teilweise entvölkerten Dörfern mit überalterter Restbevölkerung und mit katastrophaler Verkehrsanbindung?

    Die Renovierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, die heutzutage an den Kirchenburgen durchgeführt werden, erfolgen vor allem aus einem danz bestimmten Grund:
    Es geht dabei weniger um langfristigen Fortbestand, sondern vielmehr darum, dass diejenigen, denen die Kirchenburgen etwas bedeuten, nicht mit ansehen wollen, wie diese Baudenkmäler vor ihren Augen zu Ruinen verfallen.
    Das, was wir heute Kirchenburgenlandschaft nennen, wird in spätestens hundert Jahren zu einer Ruinenlandschaft verfallen sein.
    Der einzige schwache Trost: All denjenigen, denen die Kirchenburgen eine Herzensangelegenheit sind (mich eingeschlossen), wird dieser herzzerreißende Anblick erspart bleiben.
  • Bir.Kle.

    2Bir.Kle. schrieb am 31.07.2022, 21:59 Uhr (um 22:21 Uhr geändert):
    Damit mich niemand falsch versteht, hier noch eine wichtige Ergänzung zu meinem vorangegangenen Beitrag. Ich schrieb dort unter anderem, dass wir unsere Kirchenburgen umfunktionieren müssen und bereit sein müssen, sie sozusagen zweckentfremdet zu verwenden.
    Hierbei ist exorbitant wichtig: Für die außerzweckmäßige Benutzung ist es unabdingbar, dass im Vorfeld eindeutige Regeln und klare Grenzen festgelegt werden.
    Ich war beispielsweise vor knapp zehn Jahren in Dobring (Dobârca) und konnte mich vor Ort von dem erschütternden Zustand der dortigen Kirchenburg überzeugen. Obwohl ich keine Verbindung und keinen näheren Bezug zu Dobring habe, hatte ich angesichts des traurigen Anblicks Tränen in den Augen.
    Die Kirche ist eine ausgeraubte und geplünderte Ruine: Die Ausstattung - Altar, Orgel, Bänke, Emporen - war vollständig verschwunden. Angeblich soll der Altar in Sicherheit gebracht worden sein. Selbst die Bodenbretter sind allesamt herausgerissen worden. Der Untergrund besteht nur noch aus Sand. An allen Fenstern fehlen die Glasscheiben. Überall Risse und bröckelnder Putz am Mauerwerk, das Dach mit schweren Auflösungserscheinungen - der Dachstuhl marode, zahllose fehlende oder kaputte Dachpfannen.
    Der Gipfel der Schande und der Entwürdigung ist, dass der Kircheninnenraum als Kuhstall missbraucht wird! Man musste ständig achtsam sein, um nicht in einem Kuhfladen auszurutschen.
    Da mich jede Kirchenburg unverzüglich in ihren Bann zieht, blicke ich in jeden erdenklichen Winkel, achte auf alle Details - nur nicht darauf, wohin ich latsche. Dadurch war es mir "geglückt", einem Kuhfladen "die Augen auszutreten".
    Es ist hochgradig inakzeptabel und ein himmelschreiender Missstand, wenn eine Kirche als Kuhstall herhalten muss!
    Dobring ist übrigens diesbezüglich kein Einzelfall: Vor etlichen Jahren las ich, dass auch die Kirche im nordsiebenbürgischen Waltersdorf (Dumitrita) als Kuhstall missbraucht wurde. Ob sie heute immer noch diesem für eine Kirche unsäglichen Verwendungszweck dient, ist mir nicht bekannt.

    Dobring ist gewissermaßen ein Blick in die Zukunft: Vielen Kirchenburgen steht genau jenes traurige Schicksal bevor, welches die Kirchenburg in Dobring bereits schwer getroffen hat. Beispiele gibt es zuhauf:

    - Die Kirchenburg in Felmern (Felmer) in der Fogarascher Gegend ist in einem ruinösen und ähnlich schlechten Zustand wie jene in Dobring. Auch in der unmittelbaren Umgebung der Kirchenburg sieht es erschütternd aus: Die ehemalige deutsche Schule ist eine Ruine mit eingestürztem Dach und eingeschlagenen Fensterscheiben.
    - In der Kirche in Wölz (Velț) klafft ein riesiges Loch: Im Jahr 2003 ist ein Teil des Chors, vornehmlich die Apsis, eingestürzt.
    - Im Februar 2016 sind zwei Kirchtürme eingestürzt: Zunächst jener in Radeln (Roadeș) teilweise und wenige Tage später jener in Rothbach (Rotbav) vollständig.

    Wenn der Verfall in einem derart dramatischen Ausmaß zutage tritt, nehmen viele noch nicht einmal richtig Notiz davon.
    Und von den wenigen, die überhaupt Notiz nehmen, stellen viele prompt die falschen Fragen: "Wie konnte man es soweit kommen lassen?" oder "Warum hat man nichts dagegen unternommen?"
    Die richtigen Fragen sind diese hier: "Wie kann ICH mich sinnvoll einbringen?" oder "Was kann ICH tun, um dem Verfall Einhalt zu gebieten?"

    Wenn man es aber soweit kommen lässt, dass man die ganze Situation nur noch rückblickend im Konjunktiv reflektieren und analysieren kann, ist es ohnehin für jede Rettung zu spät. Beispiele gefällig? "Man hätte..." oder "Es wäre nötig gewesen, dass..."

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