11. März 2012

Seit 30 Jahren in der Siebenbürgenhilfe engagiert

Dr.-Ing. Klaus-Dieter Ebert und der Lions Club Hamburg setzen sich seit 30 Jahren mit erheblichen Mitteln dafür ein, die Not der Menschen in Siebenbürgen zu lindern. Was den erfolgreichen Architekten und Städteplaner veranlasst hat, sich in Siebenbürgen zu engagieren, geht – wie so oft im Leben – auf ein persönliches Erleben zurück: Er und seine Schulfreunde kamen 1943 aus dem zerbombten Hamburg im Zuge der sogenannten Kinderlandverschickung ins ferne Siebenbürgen. „Meine Beziehungen und meine Liebe zu Siebenbürgen und seinen Menschen gehen auf das Jahr 1943 zurück. Die Eindrücke von damals haben mich ein Leben lang bewegt“, erklärt der 83-Jährige gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung.
Klaus-Dieter Ebert war 14 Jahre alt, als er aus der Großstadt Hamburg ganz unvorbereitet in ein Land kam, „in dem das Leben scheinbar noch ganz friedlich verlief“. Die Hamburger Schüler landeten im Dorf Dürrbach in der Nähe von Bistritz, wo Pflegeeltern sie wie selbstverständlich in ihren Familien aufnahmen. „Alles Neue und auch Fremde trat sofort hinter der Gastfreundschaft, der Fürsorge und Liebe zurück, mit denen wir aufgenommen wurden. Meine Pflegemutter hatte es selbst nicht leicht – sie war erst 21 Jahre alt, hatte zwei kleine Kinder, und ihr Mann war Soldat an der Ostfront.“ So erlebte der Hamburger von April bis Oktober 1943 den Alltag im Dorf besonders intensiv, auch die festlichen Höhepunkte von den Osterbräuchen bis zur Weinlese. Mit der Rückkehr nach Hamburg ging für ihn ein Traum zu Ende. Das Wohnhaus in Hamburg war zerstört, und seine Mutter musste mit ihren drei Kindern bei Verwandten in der Umgebung Hamburgs Unterschlupf suchen.
Pflegemutter Maria Thellmann mit ihren Kindern ...
Pflegemutter Maria Thellmann mit ihren Kindern Georg (links), Erika (auf dem Schoß) und Klaus-Dieter Ebert (hinten rechts).
Klaus-Dieter Ebert studierte Architektur und war seit 1957 als Stadtplaner und von 1967-1991 als Erster Baudirektor für Städtebau der Stadt Hamburg tätig, wobei er sich für den Siedlungs- und Wohnungsbau engagierte und nach der Phase der Beton- und Fertigbauteile wieder den Weg zu hamburgtypischen Backsteinbauten einschlug. Als Rentner setzt er sich auch heute ehrenamtlich für die Pflege und Bewahrung baukultureller Werte ein.

Trotz seines außerordentlichen beruflichen Erfolgs ist die Erinnerung an Siebenbürgen und die Beziehung zu den Menschen besonders stark geblieben. Zunächst war Ebert in regem Briefverkehr und erfuhr, dass sein Pflegevater während eines Genesungsurlaubs 1944 den Treck mit Frauen und Kindern in den Westen führen musste, den Krieg aber nicht überlebte. Die Pflegemutter und ihre Kinder verlor er nach dem Krieg aus den Augen. Ebert fand sie 1979 über das Deutsche Rote Kreuz in Elixhausen, Österreich, wieder und blieb mit ihr in liebevollem Kontakt bis zu ihrem Tod 2003 und mit ihren Kindern bis heute.

War es Zufall, dass er ebenfalls 1979 seinem Berufskollegen und späteren Freund Günther Schuller begegnete? Der bekannte Architekt war Kirchenvater der evangelischen Honterusgemeinde in Kronstadt und engagierte sich für siebenbürgisch-sächsische Traditionen und besonders für die Denkmalpflege. Noch im selben Jahr machten Klaus-Dieter und seine Frau Gisela Ebert Urlaub in der Schulerau. Günther Schuller zeigte ihnen die Kirchenburgen des Burzenlandes, und sie lernten dabei auch Pfarrer Baldur Knall in Honigberg kennen, der sie mit seinem alten Auto sogar bis in das geliebte Dürrbach „kutschierte“.

Auf seine Jugenderlebnisse führt Ebert seine Überlegungen zurück, „um jenen in Siebenbürgen zu helfen, die in ihrer Heimat Not leiden“. Dieses Bemühen möchte er „als späten Dank für die liebevolle Aufnahme von uns Hamburger Kindern in unseren Pflegefamilien sehen, in einer Zeit, in der wir Hilfe suchten“.

So wurde der Lions Club Hamburg, dessen Mitglied Ebert ist, schon 1981 tätig und organisierte den Transport einer langen Leiter nach Kronstadt, womit dringend notwendige Wand- und Deckenrestaurierungen an der Schwarzen Kirche durchgeführt werden konnten. In den achtziger Jahren folgten individuelle Lebensmittelpakete und größere Sendungen mit Kleidung, Büchern und Lehrmitteln für die Kirchengemeinden und das Honterus Lyzeum in Kronstadt.

Das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen war ihnen dabei behilflich, und so wurde die Grundlage für eine bis heute erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt. Der Lions Club Hamburg nimmt eine Fülle Aufgaben auf sozialem und kulturellem Gebieten im heimatlichen Umfeld und darüber hinaus wahr. Diese reichen von der Einzelhilfe für bedürftige Studenten bis zur Unterstützung von Bau- und Gesundheitsmaßnahmen in Entwicklungsländern. Diese umfassenden Aufgaben haben den Lions Club letzten Endes mit veranlasst, „die Hilfe des Sozialwerks in München fast ausschließlich für seine weihnachtlichen Siebenbürgenhilfen zu nutzen, und wir fühlen uns dort in besten Händen“, sagt Ebert. Zunächst ging die Hilfe aus Hamburg generell an bedürftige Familien, seit Anfang der neunziger Jahre werden vor ­allem ehemalige Russlanddeportierte unterstützt. Bis 2007 wurden auf Empfehlung des Sozialwerks Lebensmittelpakete jeweils zu Weihnachten verteilt, ange- sichts der finanziellen Notlage wurden in den letzten Jahren die Pakete durch Geldspenden an die Betroffenen ersetzt.

Der Lions Club Hamburg hat in den achtziger Jahren für schätzungsweise 20 000 Euro, in den letzten zwanzig Jahre laut Unterlagen nochmals rund 60000 Euro für die Siebenbürgenhilfe eingesetzt. „Der Geldwert sollte nicht im Vordergrund stehen, vielmehr die Frage, ob und wie wir für Menschen nützlich sein konnten“, betont Ebert. Die Reaktionen in Briefen sind rührend. In bewegenden Worten danken viele Siebenbürger Sachsen nicht nur den Helfern, sondern auch Gott dafür, dass man sie nicht vergessen hat.

Während der Ceaușescu-Diktatur hatte sich Dr.-Ing. Klaus-Dieter Ebert gegen „städteschänderische Absichten“ (so Günther Schuller in der Karpatenrundschau vom 19. August 1993) und gegen die „Dorfsystematisierung“ protestiert. Der Tod des Diktators verhinderte letztendlich ein Programm, das nach Meinung Eberts auch die gesellschaftliche und baukulturelle Struktur in den sächsischen Dörfern zerstört hätte.

Zudem konnte der Hamburger bewirken, dass Günther Schuller 1983 für seine Verdienste um die Bewahrung sächsischer Baukultur mit dem renommierten Herderpreis der Stiftung F.V.S. ausgezeichnet wurde. Seine Bewunderung für die Kirchenburgen veranlassten ihn als Mitglied des Kuratoriums für den Europapreis für Denkmalpflege, den Hermannstädter Architekten Dr. Hermann Fabini für diesen Preis vorzuschlagen. 1996 konnte er im Bischofssitz in Hermannstadt die Laudatio auf Fabini halten. Auch dieser Aspekt verdeutlicht Eberts ausgepägtes Verantwortwungsbewusstsein für die Baukultur und für das Menschliche.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Siebenbürgenhilfe, Sozialwerk, Hamburg

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