14. September 2012

Tatkräftige "Hilfe zur Selbsthilfe" seit zwanzig Jahren

Die Kronstädter Saxonia-Stiftung feiert heuer zwei Jahrzehnte ihres Bestehens. Sie wurde 1992 auf Initiative des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen gegründet, ihre Träger sind bekanntlich die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien und das Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen. Die Saxonia ist in den siebenbürgischen Verwaltungskreisen Alba, Bistritz, Hargita, Hermannstadt, Hunedoara, Klausenburg, Kronstadt, Kovasna und Muresch tätig, sichert die sozial-humanitäre Betreuung der in Siebenbürgen lebenden Sachsen, vergibt wirtschaftliche Förderung nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ sowohl an Angehörige der deutschen Minderheit als auch an Andersnationale und unterstützt geistig-kulturelle Initiativen. Das neue Jahrzehnt im Leben der Stiftung brachte auch den Umzug aus Kronstadt nach Rosenau: Die Büros der Verwaltung befinden sich seit Juli 2012 in der Mansarde des Sozialzentrums der Saxonia, das 2004 eingerichtet wurde. Im selben Gebäudekomplex sind ein Hotel mit 18 Zimmern, eine Küche und Verteilstelle für „Essen auf Rädern“, eine „Mini-Poliklinik“ und ein Lager für Hilfsgüter untergebracht. In der ehemaligen Werkstatt für Fensterherstellung befinden sich nun eine Einrichtung für Kinderbetreuung (nach der Schule) und eine Therapiestelle für gehörlose Kinder. In Rosenau sprach SbZ-Korrespondentin Christine C h i r i a c mit dem Geschäftsführer der Saxonia-Stiftung, Karl Arthur Ehrmann.
Die Leser, denen die Saxonia-Stiftung weniger bekannt ist, könnten sich fragen, wieso auch vor zwei Jahren „zwanzig Jahre Saxonia“ gefeiert wurden. Welches ist, zusammengefasst, die Geschichte und Struktur der Stiftung?
Die „ursprüngliche” Saxonia wurde im Herbst 1990 in Hermannstadt gegründet, und zwar als Hilfsverein, nicht als Stiftung. Diese erste Saxonia feierte vor zwei Jahren ein rundes Jubiläum. 1991 wurde sie zu einer Stiftung für internationale Kooperation im Wirtschafts- und Sozialbereich umgestaltet, und erst 1992, nach langem Bemühen, ist es gelungen, die Kronstädter „Filiale“ der Stiftung bei Gericht einzutragen. Diese hat seither sämtliche Aufgaben übernommen – in Hermannstadt gibt es keine Saxonia mehr. Heuer haben wir also „den Geburtstag“ der Kronstädter Saxonia gefeiert.
Und nun zur Struktur: Bis vor vier Jahren hat es eine einzige Institution gegeben, die sich ­sowohl um Kreditvergaben als auch um sozial-humanitäre Maßnahmen kümmerte. Gesetzesnormen aus dem Jahr 2007 haben aber vorgeschrieben, dass „nichtbänkische Kreditgeber“ fortan keine anderen Aufgaben als eben die Kreditvergabe wahrnehmen dürfen. So wurde beschlossen, dass die „alte“ Stiftung ihre Gremien und Aufgabenbereiche behält, während die Wirtschaftsförderung und Verteilung der Fördermittel des Bundesinnen­ministeriums von einer „neuen“, 2008 vom Siebenbürgenform gegründeten „Stiftung für Internationale Kooperation Saxonia-Transilvania“ übernommen werden. Hinzu kommt noch die GmbH der Saxonia, die wir Mitte der neunziger Jahre gegründet haben, um auch gewinnbringende Aktivitäten durchführen zu können.

Karl Arthur Ehrmann verwaltet seit 20 Jahren die ...
Karl Arthur Ehrmann verwaltet seit 20 Jahren die Saxonia-Stiftung. Fotos: Christine Chiriac
Wieso ein neuer Sitz für die Stiftung?
In erster Linie, weil das Anwesen hier in Rosenau – im Unterschied zum Geschäftssitz in Kronstadt – uns gehört. Die „neue“ Stiftung und die GmbH sind hier eingetragen, mit Kronstadt verband uns eigentlich nur die „alte“ Saxonia, die humanitäre Leistung. In Rosenau müssen wir keine Miete zahlen. Hinzu kommt, dass wir das Hotel „Casa Saxonia“ in Sicht haben – es dürfte kein Zufall sein, dass die Zimmer gerade seit unserem Umzug im Juni zu hundert Prozent ausgebucht sind. Vielleicht liegt es auch am Sommer und es könnte sein, dass im November nicht alles besetzt sein wird. Aber gewiss hat es zum Erfolg beigetragen, dass wir uns hier vor Ort um eine professionelle Betreuung der Gäste bemühen und sehr gut erreichbar sind. Unter unseren Augen laufen die Dinge allmählich so, wie sie schon längst hätten laufen müssen. Weitere Argumente für den neuen Geschäftssitz: Hier gibt es reichlich Parkplätze, sowohl für uns als auch für die Kunden. Wir sind mit jedem Navigationssystem problemlos zu finden. Unser Lager für die Hilfsgüter befindet sich ebenfalls hier. Die Pakete müssen sowieso nicht persönlich abgeholt werden, denn sie werden von unseren Mitarbeitern zugestellt. Bei den Geldhilfen haben wir es so eingerichtet, dass die Kronstädter ihre Spenden beim Sitz des Kreisforums in Kronstadt abholen können.

Welche Bedeutung messen Sie der Hilfe und den Spenden der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Österreich und Übersee bei?
Von allem Anfang an ist immer wieder vom Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen gestiftet worden, und die Landsmannschaften aus Deutschland, Österreich, Kanada und den Vereinigten Staaten haben sich maßgeblich beteiligt. Sie haben nach ihrer Kraft und Gutdünken geholfen. Das Sozialwerk mit Sitz in München hat beispielsweise den Ankauf und Aufbau des Sozialzentrums ins Rosenau zu drei Viertel finanziert. Sehr wichtig waren und bleiben aber nicht „nur“ das Geld und die Sachspenden, sondern auch die Lobby und die Werbung, die für uns gemacht werden. Ein gutes Beispiel ist die allererste Aktion, mit der wir beauftragt wurden und die von der Neuen Kronstädter Zeitung initiiert wurde: Zu Ostern und zu Weihnachten sammelt die NKZ-Redaktion von ihren Lesern Spenden ein und schickt jeweils 3000 Euro nach Siebenbürgen, damit sich auch die bedürftigsten von unseren Landsleuten ein schönes Oster- oder Weihnachtsfest leisten können. Unsere Aufgabe ist es seit 22 Jahren, dieses Geld zu verteilen und dafür zu sorgen, dass diejenigen mit den kleinsten Einkommen die größte Summe erhalten. Heute, nach so vielen Jahren, kommt von der NKZ pünktlich genau die gleiche Summe.
Über die Lobbyarbeit der Landsleute im Ausland haben wir Freunde gefunden, die sich für diese Gegend und die Menschen begeistert haben und seit Jahren zu unseren treuesten Helfern zählen – so die Familie Margret und Heinrich Däuwel, die wohlbemerkt keinen familiären Bezug zu Siebenbürgen haben, oder der ehemalige Präsident des österreichischen Roten Kreuzes, Leo Pallwein-Prettner, der drei volle Bahncontainer mit bester Spital-Ausstattung nach Siebenbürgen vermittelt hat. Das sind Hilfen, die man nicht quantifizieren kann.
Blick auf die Rosenauer Bauernburg aus dem Hof ...
Blick auf die Rosenauer Bauernburg aus dem Hof der Saxonia.
Die „neue“ Saxonia setzt die Förderung von siebenbürgischen Unternehmern zuverlässig fort. Nennen Sie bitte einige Erfolgsbeispiele.
Deren gibt es viele, vor allem wenn man bedenkt, dass die Unternehmer meistens „bei null angefangen haben“. Erfolgsprojekte mit besonderen Ergebnissen haben wir mehrmals gefördert, weil wir bemerkt haben, dass mit jeder Kreditvergabe eine neue, sichtbar bessere Etappe in der Entwicklung des Unternehmens beginnt. Zu unseren Geförderten gehört zum Beispiel die Firma „Multinr SRL“, deren Leiter Zoltan Bokor-Toth mit einem multifunktionalen Preisetikett begonnen hat und nun einen erstklassigen Betrieb für Werbeproduktion mit etwa 80 Mitarbeitern führt. Oder Wilhelm Grama aus Freck, der von einem bescheidenen Projekt ausgegangen ist und nun 64 Hektar Weinberge und 50 Hektar Obstgärten bearbeitet. Oder der Glockengießer Imre Lázár aus Oderhellen, der heute mehrere Werkhallen besitzt, in denen Buntmetalle und Stahl gegossen und weiterverarbeitet werden – die Produkte werden überwiegend nach Deutschland exportiert.

Sie selbst feiern heuer Ihr zwanzigjähriges Dienstjubiläum als Geschäftsführer der Saxonia. Welches ist Ihr persönliches Fazit?
Alles, was gelungen ist, macht mir Freude. Auch wenn ein alter oder bedürftiger Mensch kommt und mir die Hand drückt, ist die Genugtuung sehr groß. Es gibt natürlich Momente, wo man sich sehr ärgert oder wo man merkt, dass man zwanzig Jahre älter geworden ist, aber ich mache diese Arbeit gerne. Ich möchte nicht sagen, dass „meine besten Jahre hier sind“, aber ich wünsche mir, dass die Saxonia in guten Händen bleibt und von vertrauenswürdigen Personen weiter geführt wird.

Wie sehen Sie die Zukunft der Saxonia?
Wir betrachten die Saxonia noch immer als eine einzige Institution. Nur die GmbH müsste, meiner Ansicht nach, separat und eigenverantwortlich – also auch kontrollierbar – verwaltet werden, damit sie tatsächlich ihren gewinnbringenden Zweck erfüllt und uns finanziell absichert. Der Zukunft der Saxonia als Kreditanstalt kommt zugute, dass wir Projekte fördern, die dann Rückflussgeld bringen. Die Kreditvergabe ist in dieser Hinsicht eine Investition, auch weil sie das Ansehen der deutschen Minderheit aufwertet. Die Zukunft der sozial-humanitären Leistungen ist von verlässlichen Spendern gesichert, denen wir für ihren Einsatz sehr dankbar sind.

Neue Anschrift der Saxonia-Stiftung: Neugasse/str. Caraiman 32-34, 505400 Rosenau/Râșnov, Telefon: (00 40-2 68) 47 39 02, (00 40-2 68) 47 20 50, Telefon/Fax: (00 40-2 68) 47 69 76, E-Mail: office[ät]saxonia.ro.

Schlagwörter: Interview, Saxonia, Jubiläum, Geschäftsführer

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