17. April 2019

Evangelische Veranstaltungsreihe „Gesichter – Grenzen – Geschwister“ im Banat fortgesetzt

Vom 5.-7. April trafen im Rahmen des Projektes „Gesichter – Grenzen – Geschwister“ im Banat Gäste und Einheimische zusammen. Die Gäste konnten feststellen, dass ihnen zwar vieles im Vorhinein bekannt war, aber es dann letztendlich doch nicht ganz so war. Wie etwa Luthers urbekanntes Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, welches in der Kirche von Liebling überraschend mit Gitarrenbegleitung im Dreivierteltakt gesungen und dann in der slowakischen Kirche zu Nadlak als Marsch, mit Bläsern und Trommelwirbel, präsentiert wurde. Das konnte die Nicht-Banater dann doch sehr wundern, und nicht nur das.
Begonnen hatte die Veranstaltungsreihe am Freitag, dem 5. April, im Temeswarer Adam-Müller-Gutenbrunn-Haus, wo das Banater Forum freundlicher Gastgeber war. Für das Haus begrüßte Forumsvorstand Erwin Țigla aus Reschitza und hob hervor, dass es die erste evangelische Veranstaltung in diesen Räumen sei. In die Ausstellung „Gesichter“ führte Bischof Reinhart Guib aus Hermannstadt ein und über die Kirchengeschichte der Region sprach Bischof Dr. Pal Lackner aus Budapest. Den größten Applaus erhielt allerdings der römisch-katholische Diözesanbischof Josef Csaba Pál, als er am Mikrofon gelassen verkündete: „Ich bin auch Teil der Evangelischen Kirche!“ Er leitete es von der Tatsache ab, dass wir in Christus doch alle Brüder und Schwestern seien. So erfuhren auch die Nicht-Banater, dass die ökumenischen Beziehungen hier viel enger sind als in anderen Ländern und Landesteilen.

Am Samstag feierte Dechant Dr. Wolfgang Wünsch in der einstigen schwäbischen evangelischen Großgemeinde Liebling eine Andacht. Dazu sang der Franz-Stürmer-Chor aus Reschitza. Kuratorin Eva Popescu, die die sehr wenigen Gemeindeglieder vor Ort vertritt, hatte die halbfertig renovierte Kirche – übrigens mit der höchsten Kanzel der Landeskirche – zum Glänzen gebracht. Nach den eingangs erwähnten Gitarrenklängen ging es zum Denkmal für die Kriegstoten, wo ersichtlich war, dass die Gemeinde allein im Ersten Weltkrieg 150 Verluste zu ertragen hatte. Nach kurzen Worten von Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, legte die Evangelische Kirche A.B. in Rumänien einen Kranz durch Dr. Berthold Köber (Flacht) und Hauptanwalt Friedrich Gunesch (Hermannstadt) nieder. Gleiches tat das Banater Forum. Danach ließ es sich die Kuratorin der 20 Seelen nicht nehmen, zu Tisch zu bitten.
Vortrag und Podiumsgespräch in der Evangelischen ...
Vortrag und Podiumsgespräch in der Evangelischen Kirche Nadlak, vorne Prof. Dr. Karl Schwarz (Wien), links am Podium Pfarrer Juraj Balint (Nadlak), Bischof Dezsö Adorjani (Klausenburg), Pfr. Walter Sinn (Semlak), Bischof Reinhart Guib (Hermannstadt), rechts in den Bänken Bundesvorsitzende Herta Daniel, Forumsvorsitzender Erwin Țigla, dahinter Landeskirchenkurator Friedrich Philippi. Foto: Adi Ardelean
Weiter stattete die „Gesichter“-Karawane dem Ort Kovacica einen offiziellen Besuch ab, wo der slowakische Senior des serbischen Banates Pavel Sklenar mit Stolz über seine Gemeinde berichtete. Überrascht zeigten sich viele, dass im Banat und in den Batschka Kirchengemeinden über 4 000 evangelischen Seelen zu finden seien. Die gesamte Slowakisch-Evangelische Kirche A.B. in Serbien, mit Bischofssitz in Novi Sad, zählt 49 000 Mitglieder. Über deren Herausforderung erzählte Eva Hlavati vom Neusatzer Bischofsamt. Weder der Glaube noch die Gastronomie lassen sich durch Grenzen trennen. Traditionelle Banater Speisen, bis hin zu den Fleischknödeln mit Kirsch-oder Krensoße, wurden gekostet. Zum Abschluss des Tages besuchte die Delegation den ungarischen Teil des Banates.

Der Höhepunkt der „Gesichter“ war jedoch der sonntägliche Gottesdienst in Nadlak, einer Kirchengemeinde, die bis 1953 zur Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gehört hatte. Jetzt bildet sie – zusammen mit Butin und Vukova – das slowakische Dekanat innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rumänien. Der eindrückliche Einzug von Pfarrern, Kuratoren, Gästen und Bürgermeister fand auf „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit slowakischem Text und unter Trommelwirbel statt. Über 250 Gemeindeglieder hatten sich eingefunden, um der gesungenen Liturgie der drei Pfarrer Juraj Balint, Ludovit Bobcsok und Dusan Vanko sowie der rumänisch gehaltenen Predigt Bischofs Dezsö Adorjani (Klausenburg) zu folgen. Dieser rief in unruhigen Zeiten zu moralischer Haltung auf. Wie anders sah der Ort heute für diejenigen aus, die ihn nur von der eiligen Durchfahrt zur Grenze kannten!
Vernissage der Ausstellung „Gesichter“ im Adam ...
Vernissage der Ausstellung „Gesichter“ im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, Temeswar; 3. von rechts Prof. Dr. Berthold Köber, 4. von rechts Herta Daniel. Foto: Dan Stănescu
In seinem Vortrag zeigte der Wiener Professor Dr. Karl Schwarz noch einmal das Bunte des Banates – von israelitischen Schwaben zu katholischen Serben – auf. Das Podium über die Gegenwart und Zukunft des evangelischen Banats wurde von Bischof Reinhart Guib geleitet. Es kamen zu Wort Bischof Adorjani für die ungarischen Lutheraner, Pfarrer Sinn für die deutschen und Pfarrer Balint für die slowakischen. Ein heikles Thema, da alle drei Gemeinschaften mit Schwund und Desintegration kämpfen, die einen mehr, die andern weniger. Es wurden als Wege in die Zukunft die Begriffe Ökumene, rumänische Sprache, Laienengagement, Schengen und intensivere Zusammenarbeit genannt. Doch alles in allem war die Botschaft des Podiums keine Vorstellung von Lösungen, sondern ein Rückgriff auf den Grund des Glaubens an Gott, der auch in aussichtslosen Situationen helfen kann. Unter Applaus deklamierte Pfarrer Balint: „Cetate tare este Dumnezeul nostru! Hrad prepevný je Pán Boh náš! Ein feste Burg ist unser Gott! Erős vár a mi Istenünk!“

Dass das slowakische Dekanat Nadlak sich dann beim Essen mit Kovacica ein Fernduell um den Titel als beste Gastgeber geliefert hat, sei nur als Fußnote gesagt. Wichtiger ist jedoch die Tasache, dass Superintendent Wolfgang Rehner aus Graz mit seiner Tischrede die Stafette der „Gesichter – Grenzen – Geschwister“ übernahm, die am 24./25. Mai als Doppelveranstaltung in Graz (Österreich) und Gornj Slaveci (Slowenien) Halt machen wird, um in die Christlichen Begegnungstage 2020 einzuführen.

Dr. Stefan Cosoroabă

Schlagwörter: EKR, EKR-Reihe "Gesichter – Grenzen – Geschwister", Jubiläum, deutsch-rumänische Beziehungen, Banat

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