5. Juni 2008

Michelsberger Heimatmuseum: Aus dem Dornröschenschlaf geweckt

Zwar wurde es offiziell niemals geschlossen, trotzdem ist das Michelsberger Heimatmuseum am 1. Juni feierlich eröffnet worden. In dem ehemaligen Bürgermeisteramt neben der Kirche wurde schon in der kommunistischen Zeit eine Ausstellung mit schönen alten Möbeln, Keramik, Trachten, Gebrauchsgegenständen und dergleichen eingerichtet.
„Ich war sechs Jahre alt, als es eröffnet wurde“, erinnert sich der Michelsberg Stadtrat Michael Henning, „aber damals hat es eigentlich niemand wirklich gebraucht. Denn die Sachen, die es da zu sehen gab, die waren noch in den Häusern bei den Leuten. Heute ist es aber ganz anders: Für die Menschen, die herkommen, um ihre Wurzeln zu suchen, ist es nun sehr wichtig.“

Eröffnet hat das Museum die evangelische Kirchengemeinde Heltau-Michelsberg. „Wir haben es für drei Jahre zur Verfügung gestellt bekommen, es ist ein provisorischer Schritt“, bemerkte der Heltauer Stadtpfarrer, Dechant Stefan Cosoroaba, in seiner Eröffnungsrede. Der Übergang von der politischen zur kirchlichen Gemeinde war angestrebt und durch einen Stadtratbeschluss bereits im vorigen Jahr zementiert worden, weil das Museum auch aus personellen Gründen in einer Art Dornröschenschlaf lag und sich nur ganz selten Besucher dorthin verirrten. Cosoroaba dankte ausdrücklich Erika Fleps, der vor allem die Betreuung der Burg obliegt und die den Museumsschlüssel hütete, die sich aber, wie er sagte, „nicht zweiteilen konnte.“
Michelsberger Heimatmuseum: Trachtenpuppe ohne ...
Michelsberger Heimatmuseum: Trachtenpuppe ohne Stiefel mit Erklärung und Helferin der Kirchengemeinde. Foto: Anselm Roth
Nun soll alles anders werden: Außer Montag ist das Museum unmittelbar neben der Dorfkirche täglich von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Betreut wird es unter anderem von Anna Fröhlich, die drei Häuser weiter auf Nummer 45 wohnt. „Es gibt auch eine ganze Reihe junger Leute, die mithelfen werden“, ergänzte der Dechant. Geplant seien auch wechselnde, temporäre Ausstellungen, zum Beispiel über die Kindheit anno dazumal.

Überschattet wurde die Eröffnungsfeier von einem Vorgang, den alle Anwesenden, gelinde gesagt, als etwas seltsam empfanden. Als nämlich 1971 das Museum unter der Federführung von Horst Klusch und der regen Beteiligung der Michelsberger eingerichtet wurde, kamen auch etliche Exponate aus den Beständen des Hermannstädter Astra-Museums hinzu. Diese, darunter etwa 50 Keramikstücke, schliefen gemeinsam mit dem Museum friedlich den Dornröschenschlaf, was offenbar all die Jahrzehnte niemanden störte. Nun, nur drei Tage, bevor die Besucher wieder kommen sollten, ließ der Astra-Direktor in einer Art Nacht-und-Nebel-Aktion die Stücke aus den Vitrinen entfernen. Sogar vor einer Trachtenpuppe machten die Astra-Leute nicht Halt, die nun barfuß da steht: „Sie haben sogar den Sachsen die Stiefel ausgezogen“, bemerkte Cosoroaba dazu. Verteilt auf zwei Etagen ist aber noch mehr als genug geblieben, was einen Besuch rechtfertigt. Zu sehen sind die Bereiche Land- und Gartenwirtschaft, Wohnkultur sowie Traditionspflege. Im Vorraum gibt es als eine Einführung in das Museum zahlreiche Fotografien von Personen in sächsischer Tracht zu sehen. Der erste Ausstellungsraum ist der Land- und Gartenwirtschaft gewidmet.

Ein schön arrangiertes Objektensemble zeigt, welch ein wichtiges Handwerk die Strohflechterei in Michelsberg gewesen ist. Im zweiten Ausstellungsraum sind traditionelle Möbelstücke der Siebenbürger Sachsen aufgestellt. Gleich am Eingang sind richtige Prachtstücke zu sehen: zwei so genannte Almereien. Kunstvoll bemalt, waren sie in vielen sächsischen Häusern die Blenden von Wandnischen. Im oberen Geschoss findet der Besucher einen mit häuslicher Keramik eingerichteten Raum (und einige geleerte Vitrinen). Trachten, Gebrauchsgegenstände und eine eingerichtete traditionelle Stube runden die Ausstellung ab.

Im Rahmen der Museumseröffnung hat Eugène Van Itterbek, flämischer Schriftsteller und Professor an der Hermannstädter Lucian-Blaga-Universität, sein neuestes Buch auch über die Burg auf dem Michaelsberg vorgestellt: „Zwei Hermannstädter Kirchen. Ein Schiffbruch vergessenen Christentums?“ (hora Verlag). Van Itterbek präsentiert darin auch neue Überlegungen zum Ursprung Hermannstadts.

Anselm Roth

Schlagwörter: Heimatmuseum

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