20. November 2008

Archäologische Forschungen in Marienburg

Vergangenes Jahr berichtete die Siebenbürgische Zeitung über „Neue Gräberfunde bei Marienburg – Archäologische Forschungen auf den Spuren der deutschen Siedler im Burzenland“. Der Leser erhielt Kenntnis von Teilergebnissen der Grabungen in der Nekropole der mittelalterlichen Siedlung bei Marienburg, die nach einer Unterbrechung von sieben Jahren 2006 wieder aufgenommen worden waren dank finanzieller Unterstützung des Vorsitzenden der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung München, Dipl.-Ing. Hans Christian Habermann. Die Grabungen konnten in den Monaten Juni bis Juli 2007 fortgeführt werden.
Ziel dieser Grabung war die Bestimmung der nördlichen und westlichen Grenze der Nekropole, die den ersten deutschen Siedlern, die sich im 12. Jahrhundert in Marienburg niederließen, zugeschrieben werden kann. Darüber hinaus versuchte man zu ermitteln, ob im Kirchhof Fundamente verschiedener Bauten noch erhalten geblieben sind. So wurden zwischen dem Kirchenchor und der Befestigungsmauer und im südlichen Bereich des Kirchhofs jeweils ein Suchgraben und außerhalb des Kirchhofes zusätzlich auch noch eine Grabungsfläche angelegt.

Insgesamt wurden 30 neue Fundkomplexe erforscht, von denen fünf Gräber aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und 25 Gräber aus dem 14. bis 17. Jahrhundert stammen. Die Gräber aus dem 12. Jahrhundert gehören zur Nekropole, die außerhalb des Kirchhofs – zwischen dem Pfarrhaus und dem östlichen Teil der Befestigungsmauer (Sektor D) – schon 1991-1995 freigelegt wurde und wo 109 Gräber zum Vorschein kamen. Die Nekropole dehnt sich bis in den Kirchhof aus, wo in der Grabungskampagne von 1998 jeweils neun und in der des Jahres 2006 noch vier Gräber gefunden wurden.
Balázs István: Grundriss der Kirchenburg in ...
Balázs István: Grundriss der Kirchenburg in Marienburg mit den von Radu Popa 1991 und vom Verfasser 1998-1999 sowie 2006-2007 durchgeführten Suchschnitten und Grabungsflächen.
In sämtlichen Gräbern fanden sich die Skelette in Rückenlage mit ausgestreckten Beinen; sie waren west-östlich ausgerichtet, während die Armhaltung ganz verschieden war. Zwei dieser Gräber (M. 123 und M. 125) gehörten zu den so genannten Nischengräbern, für den Kopf war ein nischenartiger Raum vorgesehen. Ein charakteristisches Merkmal für die Bestattungssitte des aus dem Westen stammenden Gastsiedlers des 12. Jahrhunderts. Im Grab (M. 124) wurden ein Erwachsener und ein Kind bestattet, während das Grab (M. 126) ohne Nische versehen war, was darauf hindeuten könnte, dass es aus dem 13. oder 14. Jahrhundert datiert. Das Grab (M. 127) ist im Bereich des Schädels von einer anderen Bestattung zerstört worden, so dass man nicht mehr nachvollziehen konnte, ob es auch mit einer Nische versehen war. Die Gräber waren weitgehend beigabenlos. Eine Ausnahme stellen einige Eisennägel im Grab M. 124 dar. Was die Bestattungsart betrifft, hatten die Skelette in der Regel die ausgestreckten Arme an den Körper angelegt. Eine Ausnahme bildet das Erwachsenengrab (M. 124), bei dem die Arme auf dem Bauch lagen.

Da die Nischengräber in beiden Suchschnitten gefunden wurden, kann man annehmen, dass die Nekropole aus dem 12. Jahrhundert sich sowohl gegen Norden als auch gegen Westen – also außerhalb des archäologisch erschlossenen Areals noch weiter ausdehnt. Das deutet darauf hin, dass die Niederlassung, deren Siedler in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hier beigesetzt wurden, ziemlich groß gewesen sein muss. Die Gräber aus späterer Zeit unterschieden sich von denen aus dem 12. Jahrhundert dadurch, dass sie nicht mit Kopfnischen versehen waren und die Arme in der Regel auf die Brust oder auf den Bauch gelegt wurden und sehr selten entlang des Körpers ausgestreckt waren. Viele der Gräber wurden von späteren Bestattungen zerstört, worauf Holzreste und Sargnägel hindeuten. Außerhalb der Kirchenmauern wurde eine Grabungsfläche ausgeführt, um die Grundmauern weiter freizulegen, die 2006 unter der Umfassungsmauer zum Vorschein kamen. Überraschenderweise konnten die Grundmauern nicht weiter verfolgt werden, sie brachen hier ab.

Außer den erwähnten Funden entdeckte man Tonscherben aus der Bronze- und Römerzeit sowie dem Mittelalter. In Anbetracht der zahlreichen Bestattungen waren die Grabbeigaben und das archäologische Fundmaterial insgesamt sehr durchmischt, so dass stratigraphische Beobachtungen hinsichtlich der Altersfolge der Schichtgesteine praktisch unmöglich sind.

Bis jetzt fanden sich im Hof der Kirche keine archäologischen Belege, aufgrund derer die Präsenz der Kreuzritter hier nachgewiesen werden konnten. Während dieser Grabungskampagne wurden Untersuchungen an den in Marienburg gefundenen Tierknochen durchgeführt mit maßgeblicher Beteiligung eines Forschungsteams des McDonald Institute for Archaeological Research der Universität in Cambridge unter der Leitung von Dr. Alexander Plukowski und Krish Seetah. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, die für das Nachvollziehen der Ernährungsweise der Marienburger Gemeinschaft von großer Bedeutung sind, werden in einem gesonderten Bericht veröffentlicht.

Dr. Adrian Ioniță

Schlagwörter: Archäologie, Burzenland

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