22. Januar 2020

Otto Piringer: De Lechepräddij

Ein Blick auf die gegenwärtigen Ereignisse in der Welt lässt uns das neue Jahrzehnt nicht ohne Sorge beginnen. Da ist es vielleicht hilfreich, uns an Otto Piringer und seine Dichtungen zu erinnern. Im Nachwort zur repräsentativen Werkausgabe seiner Schriften, die unter dem Titel „Der Merenziker“ 1969 (sowie 1975 in zweiter, verbesserter und erweiterter Auflage) bei Kriterion in Bukarest erschienen ist, schreibt deren Herausgeber Bernhard Capesius: „Das Kennzeichnende am Menschen und Schriftsteller Otto Piringer ist seine Verbundenheit mit dem wirklichen Leben, wie es sich vor allem bei den einfachen Menschen der sächsischen Bevölkerung Siebenbürgens und in ihrem Alltag abspielt.
Durch seinen Beruf kam er mit viel Leid unter diesen Menschen in Berührung, und sein tiefes Gemüt offenbarte sich in der Fähigkeit des Mit-Leidens mit ihnen. Aber in seinem Wesen lag auch die tröstliche Kraft zum Überwinden des Leides: der Humor.“ (Ausgabe 1975, S. 359.)

Das Gedicht, „De Lechepräddij“ (Ausgabe 1975, in Mundart und Deutsch, S. 78-81), erschien erstmals im Bändchen „Schärhibesker. Lastich Geschichten ä saksesche Reimen vun Otto Piringer“. Gedrackt uch verlocht vu W. Krafft, Härmestadt 1921, S. 47-48. Es könnte geradezu als Lehrstück für humoristische Dichtkunst gelten, heißt es doch bei B. Capesius (S. 357): „Der Stoff ist aus dem bäuerlichen und kleinbürgerlichen Leben Siebenbürgens [von ehemals] genommen, wird meist genau – wenn auch fiktiv – lokalisiert und namentlich genannten Personen zugeschrieben [vgl. hierzu das Gedicht, Zeile 1-2]; er wird in behaglicher Breite vorgetragen, dann aber folgt sehr knapp formuliert eine überraschende witzige Wendung.“ Diese beiden Kunstgriffe können wir auch im Gedicht „De Lechepräddij“ leicht – und was den „witzigen“ Schluss betrifft, mit Vergnügen – finden.

Geboren am 20. Februar 1874 in Broos, war Otto Piringer nach dem Studium der Fächer Deutsch, Magyarisch und Theologie in Marburg, Berlin und Klausenburg zunächst Rektor an der Höheren Volksschule in Agnetheln, danach Pfarrer in Talmesch, Neustadt im Burzenland, Großpold und schließlich ab 1925 Stadtpfarrer in Broos, wo er am 3. November 1950 einem Schlaganfall erlag. 25 Jahre lang war er u.a. Dechant des Unterwälder Kapitels und 18 Jahre lang Mitglied des Landeskonsistoriums.

Als Sohn eines aus einer Großpolder Landlerfamilie stammenden Vaters und einer Brooser Bürgerstochter in einer kaum sächsisch sprechenden Umgebung aufgewachsen, hat sich ihm der Zugang zur siebenbürgisch-sächsischen Mundart erst während seiner Dienstzeit eröffnet. Dabei war er bemüht, Echtheit zu erkennen und zu bewahren. Ganz frei von schriftdeutschem Einschlag waren seine Mundartschriften jedoch nicht – wir wollen trotzdem hoffen, dass heutige und zukünftige Dichter, selbst bei weiterhin abnehmendem Umfeld, der Mundart nicht entsagen wollen. Viel Gutes im Jahr 2020 wünschen

Hanni Markel und Bernddieter Schobel




Otto Piringer

De Lechepräddij


Zem Farr vun Hånklichaa iest kitt
der Grewe Mächel sihr bekritt
äm Owendwärde. „Härr Wihlihrwirden,
wä Sä et uch gewäss schin hierden,
me‘ gat Ihm äs, diën äst hatt trofen,
äm Härren hegt Morjen na entschlofen.
Und well, wä mer jo guer et wässen,
der Mängsch, wonn hie huet stärwe messen,
beïerdijt wärde mess ä Fridden,
kåm ich, Härr Wihlihrwirde na ze bidden,
uch asem Honnesihm, dem Åålden,
de Lechepräddij morrn ze håålden.“
Si sot der Mächel, und well’t hieß,
wäscht vun dem Stern hie sich de Schwieß.
Der Farr nitt un der Trouer diel
und frejt, well Präddij hie dä‘ wiel?
„Ir wässt jo, Mächel, ich hun zwoo,
dä ien mät dem Hirsch, de hiesch, und dro
dä åånder ohnen Hirsch. Na sot,
no weller Ihr Verlongen droot?
Dä mät dem Hirsch, dä kost fåf Gälden,
zwien Gälden dä ohne – em hiescht se sälden.

Schlagwörter: Sachsesch Wält, Mundartlyrik, Piringer

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