26. Dezember 2019

Grete Lienert-Zultner: Bäm Lichtert

Entnommen wurde der Liedtext Grete Lienert-Zultners dem Band „E Liedchen hälft ängden“, herausgegeben von Angelika Meltzer und Rosemarie Chrestels, Nürnberg 2017, S. 45.
Grete Lienert-Zultner

Bäm Lichtert

Alle Kängd:
Lichtert bunt uch wängtergrän,
wonn de Kiërzen alle brän,
feh mer frih ze sängen un,
dänn dro äs der Chrästdåģ kunn.

Ie Kängd:
Hellijer Chräst, ich dånken dir,
dått te hiër bäst kunn za mir!
Zejj doch än as Härzen än!
Änjde såll´ te wunnen drän.

Alle Kängd:
Hellijer Chräst, hä bränge mir
alleguer as Härzen dir,
well mir dich si gären hun.
Nemm se zem Geburtsdåģ un!

Mååch et rien, as Härz, uch trå,
mååch et vun dem Bise frå,
dått mer bleiwe frih uch wohr
si wei hetj äm gåånze Johr!
Amen.
Die wechselseitige Zuordnung der Strophen ist an den Wechselgesang des dorfeigenen Leuchterliedes in der „Leuchter- bzw. Lichtertkirche“ angelehnt. Dieses sangen die größeren Schulkinder (mancherorts nur Knaben) in der Frühkirche vor Anbruch des Tages am 25. Dezember bei dem von ihnen erstellten Leuchter an je einer der vorgegebenen Stellen z.B. auf den Emporen in der zumeist (nur) von den Leuchtern erhellten Kirche. Wintergrün einholen gehörte zum vorweihnachtlichen Programm der Lichtertgangen, zum Binden der Kränze/Girlanden waren Mütter und große Schwestern zur Stelle, Väter kümmerten sich um das Holzgestell – insgesamt hielt das Ereignis die Aufmerksamkeit wach (beim Binden sogar im eigentlichen Sinn des Wortes: erlaubtes „Aufbleiben“), und vielleicht gehörte man zu den Gemeinden, die noch je eine Zeile des lateinischen Textes und im nächsten Wechsel je eine deutsche Zeile aus dem „Puer natus“/„Ein Kind gebor‘n zu Bethlehem“ oder „Quem pastores“/„Den die Hirten lobten sehre“ zu lernen und zu singen hatten. Laut einer landeskirchlichen Erhebung fanden Leuchterkirchen im Jahr 1987 noch in 35 evangelischen Kirchengemeinden in Siebenbürgen statt. Die Angaben dienten Prof. Hermann Binder für seine umfassende Untersuchung zum Thema: „Der Lichtert. Ein siebenbürgisch-sächsischer Weihnachtsbrauch.“ In: „Jahrbuch 1990. Siebenbürgisch-sächsischer Hauskalender, 35. Jahrgang, S. 88-125.

Nach der Flucht war die Fortführung der „Lichtertchi“ für die Nösner selbstverständlich, wurde berichtet, und nach dem Schub von 1990 waren es Mütter, die ihren Kindern hier vorführen wollten, was daheim vor wenigen Jahren noch in Übung war (Deutsch-Weißkirch). Berichte über Leuchtersingen in der Weihnachtszeit (Reußmarkt verblieb bei der Frühkirche am ersten Christtag) gibt es immer wieder zu lesen. Allein in Nürnberg kann man an drei Lichtertandachten teilnehmen (Nadesch, Deutsch-Weißkirch, Großalisch). Nirgends sind es jedoch weiterhin vier Leuchter, gelegentlich nehmen Tannenzweige die Stelle des Wintergrüns ein, Frauenstimmen ersetzen jene der Kinder; aber vielleicht schalten sich die Männer wie früher zwischen dem lateinisch/deutschen Strophenpaar mit ihrem schönen Weihnachtslied ein.

Zu Herkunft und Alter des „Lichtert“-Brauches bleiben manche Fragen offen. Fest steht, dass er nichts mit dem viel später in Erscheinung getretenen Weihnachtsbaum als Geschenkbaum zu tun hat, dafür früher, wie anfangs der Weihnachtsbaum auch, etwas kleiner, in Bauernhäusern von der Decke hing. Beide Bräuche existieren heute nebeneinander. Dass der „Lichtert“ aus der Urheimat mitgebracht worden sei, ist aus verschiedenen Gründen so gut wie ausgeschlossen. Und für eine Übernahme gleichzeitig in Deutschland vorhandener ähnlicher Bräuche liegen keine Hinweise vor. Unleugbar ist jedoch die Weihnachtsbezogenheit durch den Kerzenschein als Symbol des Weihnachtslichtes.

Eine besinnliche Zeit wünschen

Hanni Markel, Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Sachsesch Wält, Gedicht, Mundart, Lienert-Zultner, Lichtert

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