28. März 2007

Viktor Kästner: Vum bisen Hanz

Vor 150 Jahren, am 29. August 1857, ist im Alter von nur 30 Jahren mit Josef Viktor Kästner einer unserer bedeutendsten Mundartdichter verstorben. Ein bekanntes und beliebtes Gedicht Kästners ist die Mär „Vum bisen Hanz“, in welchem „derber Volkshumor glücklichen und treffenden Ausdruck findet“ (Adolf Schullerus). Ein Auszug wird im Folgenden veröffentlicht.
Wor der Hanz en angem Gang,
E gebläcktich Fratzen,
Mäd er biser, spätzer Zang,
Growe Biërepratzen.

Se Gesicht wor gånz zekratzt,
Riwen hä, dirt Bellen,
Afgeschrangen und zepatzt
vum ze villen Hellen.

Seng Frä Motter wul en zwor
Spanesch imol ropschen,
Hanz verguß munch bätter Zohr,
Bäß e’r kangd entglopsen.

Seng Härr Vueter wul em’t Hoor
Mäd er Strijjel kämmen,
Doch der Hanz märkt, wad et wor,
Waßt en ze ämkrämmen.

Seng Härr Lihrer munt mer en:
„Hanz, te mest mer lihren,
Wirst munch birkä Bijelchen
Sonst mät Gusto kiren.“

Doch der Hanz dier lef ewech,
Geng vill läwer bueden,
Zuch sich ous bäm Millestech
Af de fräsche Mueden.

Sprong än’t Wasser, plotsch uch plotsch,
Tankt sich necklich uewen,
Schwåm eräm wä e Klowotsch
Angderm Millegruewen.

Stull de Fugrescher Tabak
Dem Papa vum Rihmchen,
Dimpt und pippt zem Schabernack
Un dem Häffelsimchen.

Onkel ruf em: „Te wirst krånk!
Pippst te, blëiwst t’e Stibes“;
Hanz stipitzt zem hischen Dånk
Der Frä Tant en Hibes.

Wo em e licht Bandel tråf,
Wor der Hanz ze fängden;
Wonn et gat Gesällscheft gåf,
Rommt e sich vun hängden.

Batschelt gärn ä Lihm uch Muer,
Do half niche Riëden,
Moßt de Peddlen alleguer
Än de Ugen triëden.
Ståch uch än de Rokestuf
Se virwätzich Näsken;
Bä de Mede, Puff af Puff,
Gåf et Spaß af Späßken.

Ärjert se ald ist zem Scheng,
Däck word en det Krepchen,
Knappt det Susken und de Treng
Mät dem Zop un’t Zepchen.

Wo de Mai noppt, zocht e sich
Un den Iwen unnen
Und ous Ross gor misterlich
Molt e’r stattlich Grunnen.

Stull der hischer Noberän
Haspel, Späll uch Roken,
Hadd en ija Fortel drän,
Klåcher ze verzoken.

Ouszelisen wul als Fånd
Ås Härr Hanz e Matzken,
Doch mäd ämgedrehder Hånd
Åntfert em se Schatzken.

Wänn em dich uch säcke let
Aller Irt uch Angden,
Kenst t’ä siwe Geminen net
Sengesgleche fängden.

D’Älder hadden nichenfalls
Änär Fråden un em;
Nåhm zeliëtzt de Wäld un Hals,
Näst mi wiß em vun em.


Kästners Mundartgedichte sind für nachfolgende Autorengenerationen Maßstab und Ansporn zugleich gewesen. Die Feier seines 150. Geburtstages 1976 in seinem Geburtsort Kerz hatte ein Jahr später zum ersten, von Friedrich Schuster organisierten Treffen von Mundartautoren in Siebenbürgen geführt, das ebenfalls in Kerz stattfand.

Erstmals erschienen sind Kästners sächsische Gedichte, vom Vater geordnet, im Jahr 1862 bei Steinhäußer in Hermannstadt unter dem Titel: „Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart nebst freier metrischer Übersetzung in das Hochdeutsche von Viktor Kästner“. Eine neue Ausgabe mit einem ausführlichen Vorwort wurde 1895 von Adolf Schullerus besorgt, von der 1926 ein „Neudruck“ bei W. Krafft in Hermannstadt erschien. 1929 besorgte Martin Kutschis eine Sammlung vertonter Kästner-Gedichte, von denen wohl nur noch „De Brockt um Ald (Um Ald, um Ald, um giele Rin ...)“ gesungen wird.

Hanni Markel
Bernddieter Schobel

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 15. März 2007, Seite 6)

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