25. November 2011

Die Zukunft des siebenbürgischen Kulturzentrums in Gundelsheim sichern

In einer Resolution hat der Verbandstag der Siebenbürger Sachsen die Bundesregierung aufgefordert, die Aufgaben gemäß Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes beherzt wahrzunehmen, um die siebenbürgisch-sächsischen Kultureinrichtungen, die eine Leuchtturmwirkung weit über Gundelsheim hinaus haben, in ihrem Fortbestand zu sichern und in ihrer Wirkungsfähigkeit zu stärken. In einem Informations- und Diskussionsforum wurde am Vorabend des Verbandstages, am 11. November 2011, über die Entwicklung der Kultureinrichtungen informiert und es wurden Wege und Modalitäten besprochen, um den wichtigen Aufgaben auf Schloss Horneck zukünftig gerecht zu werden.
An der Kulturtagung im Richard-Langer-Saal nahmen Verantwortliche der Einrichtungen auf Schloss Horneck, des Verbandes, Hilfskomitees, HOG-Verbandes, Siebenbürgenforums u.a. teil. Die am Vormittag des 12. November angebotenen Führungen durch das Siebenbürgische Museum sowie das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und Archiv wurden auch von zahlreichen Delegierten in Anspruch genommen. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Haus des Deutschen Ostens in München.

Ein schriftliches Impulsreferat zum Thema „Kulturkonzept 2020 – Zukunft der zentralen Kultureinrichtungen der Siebenbürger Sachsen“ lieferte Dr. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats e.V. Da er verhindert war, wurde das Referat von Dr. Ulrich Wien, Vorsitzender des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde und Stellvertretender Kulturratsvorsitzender, vorgelesen. Christoph Machat erinnerte an die gemeinsamen Wurzeln der im Laufe der Jahrzehnte gewachsenen Kultureinrichtungen in Gundelsheim und wies auf den Handlungsbedarf angesichts der angespannten finanziellen Lage hin. Ein gemeinsames Konzept 2020 für das Institut und Museum, als zwei selbstständige Säulen, soll erarbeitet und mit Leben gefüllt werden.

„Es kann als Glücksfall bezeichnet werden, dass engagierte Landsleute das ehemalige Ordensschloss erwerben konnten und seither als Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen ‚Johannes Honterus e.V.‘ das Altenheim und Heimathaus Siebenbürgen als Träger verantwortlich betreiben. Hier liegen die Ursprünge unseres Kulturzentrums, denn neben der Altenhilfe gehört auch die Unterstützung von Kunst und Kultur, Heimatpflege und Heimatkunde der Siebenbürger Sachsen zu dem satzungsgemäßen Zweck des Hilfsvereins“, schreibt Christoph Machat.

Nach den Anfängen in den 1950er Jahren konnte der 1962 in Heidelberg neu gegründete „Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V.“ (AKSL) in den Räumlichkeiten des Schlosses seinen Sitz nehmen, Bibliothek und Archiv einrichten und aufbauen und früh schon seine erklärte Brückenfunktion zu Rumänien, Ungarn und Österreich wahrnehmen. Aus der erfolgreichen wissenschaftlichen Tätigkeit des Arbeitskreises sei das Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg hervorgegangen. Die Bibliothek mit 76000 Medieneinheiten stehe über die Vernetzung mit der Uni-Bibliothek Heidelberg der gesamten Öffentlichkeit zu Dokumentationszwecken zur Verfügung.
Die Kulturtagung fand im Richard-Langer-Saal auf ...
Die Kulturtagung fand im Richard-Langer-Saal auf Schloss Horneck statt; stehend im Hintergrund Dr. Ulrich Wien. Foto: Siegbert Bruss
Das Siebenbürgische Museum sei ein Erinnerungsort mit Zeugnissen der Siebenbürger Sachsen aus Siebenbürgen und neuerdings aus Deutschland, sagte Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Siebenbürgischen Museums e.V. Landsleute bringen Erinnerungsstücke ins Museum und erwarten dabei, dass sie dort für immer bewahrt, konserviert, in ihr jeweiliges Zeitgeschehen eingeordnet und in Ausstellungen für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden. Wie Frau Sedler ausführte, wurde das Museum 1999 vom Bund institutionell gefördert. Heute liegt die Projektförderung bei weniger als der Hälfte der anfänglichen Fördersumme, 211000 Euro. Auch sei von den ursprünglichen drei wis­senschaftlichen und einer Restauratorenstelle nurmehr eine einzige wissenschaftliche Stelle üriggeblieben. Durch erheblichen ehrenamtlichen Einsatz sei es gelungen, nicht nur die Forschungs- und Ausstellungstätigkeit zu intensivieren, sondern auch die Besucherzahlen auf 11000 im Jahr 2010 zu verdreifachen. Das Museum habe drei Aufgaben wahrzunehmen: Kulturgut zu sammeln und zu konservieren, die kulturgeschichtlichen Sachen sinnstiftend an Besucher herüberzubringen, der heutigen Generation, die eine lebendige siebenbürgisch-sächsische Kultur pflege, dabei einen Leitfaden bietend, sowie Kooperationen mit Einrichtungen zu pflegen und wissenschaftliche Publikationen herauszugeben. Das Museum dürfe auf diese Grundlagen seiner Existenz nicht verzichten und hoffe daher auf eine Fortsetzung der Förderung auch über das Jahr 2012 hinaus.

Nach 1945 sei den Siebenbürger Sachsen durch die Verstaatlichung des Brukenthalmuseums allmählich das Verantwortungsbewusstsein für die Finanzierung ihrer Kultureinrichtungen abhanden gekommen, stellte Dr. Sedler mit Bedauern fest. Es müsste auch heute im Bewusstsein aller Siebenbürger Sachsen verankert werden, etwas für ihre Kultureinrichtungen zu tun.

Nach Ansicht des Bundesvorsitzenden Dr. Bernd Fabritius gilt es, diese Eigenverantwortung zu mobilisieren, auch durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, und rechtzeitig eine Lösung zu finden. „Wir stehen zu unseren Kultureinrichtungen und werden sie im Rahmen unserer Möglichkeiten weiter unterstützen“, betonte er seitens des Verbandes. Allerdings stehe die gesamte Gemeinschaft in der Pflicht. Helmuth Hensel, Vorsitzender der Carl Wolff Gesellschaft (CWG), des Siebenbürgischen Wirtschaftsclubs in Deutschland e. V., zeigte sich offen, eine Tagung auf Schloss Horneck zu organisieren und Leistungsträger als Sponsoren zu gewinnen.

Angesichts der hohen Instandsetzungskosten für Schloss Horneck hat der Hilfsverein Johannes Honterus das Institut und Museum ersucht, etwa die Hälfte der ortsüblichen Miete zu bezahlen. Satzungsmäßig unterstützen wir weiterhin die Kultureinrichtungen, sicherte Berndt Schütz, Vorsitzender des Hilfsvereins, zu.

Dr. Ulrich Wien schilderte in einem engagierten Vortrag die angespannte finanzielle und personelle Situation. Eine einzige Stelle, jene des Bibliothekars, werde vom Land Baden-Württemberg gefördert, alle anderen Mitarbeiter der Bibliothek und des Siebenbürgen-Instituts müssten mit Mini-Jobs auskommen. Die Zukunftsvision des Vorsitzenden des Landeskundevereins geht von einer öffentlich anerkannten Professionalität der Einrichtungen, einer binnendeutschen und internationalen Vernetzung sowie einer ausreichenden Finanzierung aus.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Kulturförderung, Tagung, Gundelsheim

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