31. August 2012

„Unsere Deutschen“ im rumänischen Fernsehen

Der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius hat in einer rumänischen TV-Sendung in Bukarest am 30. Mai im Gespräch mit dem Chefberater des rumänischen Präsidenten, Cristian Diaconescu, die Siebenbürger Sachsen als grenzüberschreitende Gemeinschaft präsentiert und ihre Anliegen thematisiert. Der Moderator der Sendung „Compas“, der bekannte Journalist Emil Hurezeanu, stellte „Unsere Deutschen“ anhand zahlreicher Filmaufnahmen vom diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl vor. Die 50 Minuten lange Sendung wurde von Money TV, einem bekannten TV-Kanal für Politik und Wirtschaft in Rumänien gezeigt und ist seit Kurzem - mit deutschen Untertiteln - auch auf www.siebenbuerger.de zu sehen.
Emil Hurezeanu sagte einleitend: „Unsere Deutschen, die im 12. Jahrhundert nach Rumänien gekommen sind, haben einen bedeutenden Beitrag zur Modernisierung dieses Landes geleistet. Sie waren stets eine lebendige, humane, kulturelle Brücke der Zivilisation zwischen West und Ost.“ 1938 hatte Rumänien noch 800 000 Deutsche, die meisten seien im Kommunismus und nach 1989 „aus den bekannten und tragischen Gründen“ ausgewandert.

Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Präsident der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, präsentierte die Siebenbürger Sachsen als „grenzenüberschreitende Gemeinschaft mit nationalen Vereinigungen in Deutschland, in Österreich, in Kanada, den Vereinigten Staaten und auch in Rumänien“. Der Weltverband der Siebenbürger Sachsen habe den Hauptsitz in München und den zweiten Sitz in Hermannstadt, in Siebenbürgen, „der Gegend, aus der wir stammen und wo wir in über 850 Jahren zu dieser Gemeinschaft geworden sind und, davon bin ich überzeugt, wir werden auch zukünftig als Gemeinschaft erhalten bleiben“.

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Die komplette Sendung mit deutschen Untertiteln

Ein besonderes Augenmerk wurde zu Beginn der Sendung auf den Rockstar Peter Maffay gerichtet, der den Heimattag mit einem Benefizkonzert zugunsten des Projekts „Kirchenburg Radeln – Schutzraum für Kinder“ eröffnet hatte. Peter Maffay habe zurückgefunden zur Gemeinschaft, weil er die besondere Kraft und Energie der Jugend erkannt hätte, erläuterte Fabritius. Die junge Generation sei sich dessen bewusst geworden, dass es etwas Besonderes sei, zu einer Gemeinschaft zu gehören und deren Werte zu pflegen. Dank ihres Gemeinschaftsbewusstseins finde sie Halt in der anonymen globalen Welt. Auch die bundesdeutschen Politiker wüssten diese erfolgreiche Jugendarbeit zu schätzen, führte Fabritius aus.

Die Siebenbürger Sachsen seien eine wichtige Brücke in den deutsch-rumänischen Beziehungen und zugleich ein Vorbild für ganz Europa, fügte Bernd Fabritius hinzu und zitierte Horst Seehofer, der in Dinkelsbühl von „goldenen Brücken nach Osteuropa“ gesprochen hatte. Ihnen komme dabei die Erfahrung in Siebenbürgen zugute, wo sie in Toleranz und oft auch in Freundschaft mit den anderen Ethnien zusammengelebt hätten, sagte der Bundesvorsitzende.

Zukunftsorientierte Gemeinschaft

Das Schicksal der Siebenbürger Sachsen sei glücklich und tragisch zugleich, stellte Emil Hurezeanu fest: Der Einzelne habe sich in die Freiheit gerettet und lebe heute im Wohlstand, die Gemeinschaft sei aber dadurch verschwunden.

Dieser Einschätzung widersprach Fabritius mit einer Vision: „Wir sind in der angenehmen Situation, dass ein Teil unserer Gemeinschaft in Siebenbürgen lebt und sicher noch viele Jahre dort leben wird.“ Die Chance unserer Gemeinschaft bestünde darin, das auf Landesgrenzen beschränkte Denken zu überwinden: „Es wird künftig nicht mehr so sehr davon abhängen, in welchem nationalen, geographischen Umfeld man lebt! Das gemeinsame, vereinte Europa bietet uns die unglaubliche Chance, in einer politischen Einheit zu leben.“

Cristian Diaconescu, Chef des Präsidialamtes und früherer Außen- und Justizminister Rumäniens, hatte in Dinkelsbühl die schriftliche Botschaft von Staatspräsident Traian Băsescu übermittelt. In der Sendung „Compas“ erläuterte er, dass er neben Zeichen der Nostalgie und der Sehnsucht, die Rumänien und die Rumänen eindeutig für die Siebenbürger Sachsen empfinden, diesen auch Gefühle des Respekts überbringen wollte. Zwei punktuelle Fragen habe er noch angesprochen: erstens die im Kommunismus enteigneten Immobilien, deren Rückgabe in integrum aus Sicht des Präsidialamtes eine über alle Zweifel erhabene Angelegenheit sei, und zweitens die Entschädigung der Deutschen, die im Januar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt worden waren. Neben der materiellen Wiedergutmachung gehe es vor allem darum, dass Rumänien ein Zeichen setzt, „dass wir ihr Leid verstehen“.

Diese beiden Probleme müssen nach Ansicht des Bundesvorsitzenden noch gelöst werden. In der TV-Sendung kritisierte er die mangelhafte Umsetzung der bestehenden Restitutionsgesetze und nannte konkrete juristische Schritte zur Behebung der Schwierigkeiten. Auch die Entschädigung für Russlanddeportierte, von denen heute schätzungsweise noch 2 000 leben, bedeute für den Haushalt des rumänischen Staates keine nennenswerte Belastung, so dass keine nachvollziehbaren Gründe für Verzögerungen erkennbar seien. Verantwortungsverschiebungen an andere Stellen widersprach Fabritius mit dem Hinweis, dass Rumänien auch 1945 ein souveräner Staat mit eigener Verantwortung gewesen sei und die Verschleppung von der rumänischen Administration gegen am Krieg nicht beteiligte Zivilpersonen alleine auf Grund deren deutscher Volkszugehörigkeit durchgeführt worden sei.

Wiedergutmachung angemahnt

Cristian Diaconescu stimmte zu. Seiner Aussage nach geht es hier „letztendlich um den Selbstrespekt eines Staates und um die Anerkennung von Leid“. „Ein Bürger und seine Nachkommen bringen dem Staat nur dann Loyalität und Respekt entgegen, wenn du dir des politischen Fehlers und des brutalen Leids bewusst wirst, das du diesen Menschen ohne Not zugefügt hast.“ Bei aller konfusen Gesetzgebung und Oberflächlichkeit der Politik habe man vergessen, den Menschen mitzuteilen, dass man über ihr Leid Bescheid wisse. Deshalb sei es wichtig gewesen, Mitgefühl zu zeigen, um in der nächsten Phase rechtliche Schritte folgen zu lassen. Das Problem der Eigentumsrückgabe sei über 20 Jahre lang durch politische Interventionen, Betrug und Fälschungen hinausgezögert worden. „Es braucht ein hohes Maß an politischem Mut und Bestimmtheit im gesetzlichen System, um die Eigentumsrückgabe einer schnellen Lösung zuzuführen“, betonte Cristian Diaconescu, der das System als früherer Justiz- und Außenminister bestens kennt. Fabritius betonte auch hier die Dringlichkeit einer Veränderung und verglich die bisherige Praxis des rumänischen Staates mit „Hehlerei“, die dem rumänischen Rechtssystem widerspreche.

Robert C. Schwartz, Redaktionsleiter des Rumänischen Programms der Deutschen Welle, der telefonisch zugeschaltet war, berichtete über das außerordentliche Medienecho, das der Heimattag in Deutschland erfahren hat. „Wir haben heute in Dinkelsbühl ein Stück Geschichte erlebt“, hatte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer in einem Kurzinterview erklärt, das in der ARD-Tagesschau vom 26. Mai zu bester Sendezeit ausgestrahlt wurde. Der CSU-Vorsitzende bezog sich dabei auf die bereits erwähnte Botschaft des rumänischen Staatschefs. „Deutschland weiß, dass man die Geschichte nicht vergessen darf“, kommentierte Schwartz. Der verantwortungsvolle Umgang mit der eigenen Vergangenheit sei bezeichnend für zivilisierte Nationen, und Rumänien habe durch diese Botschaft bestätigt, dass es zu dieser großen Familie gehöre. Schwartz schilderte seine persönlichen Eindrücke vom Heimattag, dem gelungensten in der 61-jährigen Geschichte der Heimattage. Er berichtete von Kleinkindern, die auf den Armen ihrer Eltern ebenso am Festumzug teilnahmen wie ältere Trachtenträger, darunter Rosel Potoradi (79), die eine außerordentliche Vitalität und Freude ausgestrahlt habe. Durch einen Zwischenruf des Moderators Emil Hurezeanu erfuhren die TV-Zuschauer, dass Frau Potoradi seine geschätzte Lehrerin in Hermannstadt gewesen sei.

Die TV-Sendung war von großer Sympathie für die Deutschen geprägt. Emil Hurezeanu betonte, dass die Rumänen ihre „historischen Verdienste anerkennen und sie vermissen, für Ihre Ehrlichkeit, den Fleiß und die Bescheidenheit in der gemeinsamen 850-jährigen Geschichte“. Das beste Beispiel sei die regelmäßige Wiederwahl von Klaus Johannis als Bürgermeister der Stadt Hermannstadt mit überwältigender Mehrheit der rumänischen Wähler“.

Abschließend wurden Szenen aus dem Film „Orgeln in Siebenbürgen. Eine Reise zu den eigenen Wurzeln“ gezeigt. Eine Filmvorschau war in Dinkelsbühl gezeigt worden. Der Film der Michael Schmidt Stiftung, Regie führte Dan Păduraru, verdeutlicht das Kulturerbe der barocken Orgeln in Siebenbürgen. Es ist ein wertvolles Vermächtnis, auf das diese niveauvolle TV-Sendung aufmerksam gemacht hat.

Es ist übrigens das erste Mal, dass ein Bundesvorsitzender einer Landsmannschaft in einer politischen Sendung des rumänischen Fernsehens mit einem hochrangigen Politiker Rumäniens zu bester Sendezeit diskutiert und unsere Anliegen damit der rumänischen Öffentlichkeit näherbringt.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: TV, Rumänien, Bundesvorsitzender, Heimattag 2012

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