4. November 2025

Sonderausstellung „Rumänien – Land und Leute“ im Stadtmuseum Schramberg

Die Historikerin Judith Benke hielt im Rahmen der im Stadtmuseum Schramberg untergebrachten Sonderausstellung „Rumänien – Land und Leute“ (vom 18. Mai bis 19. Oktober 2025) am 23. September einen spannenden Vortrag zur Geschichte Rumäniens. Frau Benke stammt aus Miskolc/Nordungarn und wohnt in Baden-Baden. Sie spannte mit eindrucks- vollen Folien einen Bogen von den Dakern im 5. Jahrhundert vor Christus bis zum Diktator Nicolae Ceauşescu. Gleich zu Beginn zitierte sie den Siebenbürger Manfred Huber, der in Freiburg i. Br. lebt: „Der längste Abschnitt der rumänischen Geschichte ist gekennzeichnet durch Fremdherrschaft wechselnder, gegenseitig rivalisierender und sich gegenseitig bekämpfender Mächte und Herrscher.“
Die Eroberung und anschließende Besetzung Dakiens durch die Römer von 106 bis 273 n. Chr. leitete die Romanisierung ein und bildete den Grundstock für die rumänische Sprache. Vom 4. bis zum 9. Jahrhundert während der Völkerwanderzeit wurde das Gebiet von verschiedenen Völkern heimgesucht. Entscheidend für die Geschichte Rumänien ist die Herausbildung der beiden Fürstentümer Walachei und Moldau im Laufe des 14. Jahrhunderts. Beide wurden von fremden Mächten kontrolliert, zunächst vom Königreich Ungarn, die Moldau auch von Polen, danach beide vom Osmanischen Reich. Dieses eroberte vom 15. bis Anfang des 16. Jahrhunderts beide Fürstentümer. Diese waren darüber hinaus den militärischen Auseinandersetzungen der angrenzenden Mächte (Ungarn, Polen, Osmanen und Russen) ausgesetzt. Die Walachei und die Moldau fielen für die Dauer von etwa 450 bzw. 360 Jahren unter die Oberhoheit des Osmanischen Reiches, wobei ihnen unter Tribut und Militärleistungen eine gewisse Souveränität gewährt wurde (Suzeränität). Dies verhinderte die Islamisierung in den Fürstentümern. In der Regierungszeit des moldauischen Fürsten Stefan der Große (1457- 1504) fiel die Gründung wichtiger Klöster wie Moldoviţa, Suceviţa, Voroneţ.
Im Schramberger Stadtmuseum, von links: Annette ...
Im Schramberger Stadtmuseum, von links: Annette Hehr, stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums Schramberg, Diplom-Historikerin Judith Benke, Claudia Schmid, Leiterin Volkshochschule Schramberg. Foto: Bernhard Grimm
Die Osmanen etablierten in beiden Fürstentümern von 1711 bis 1821 Griechen als Regenten (Fanarioten). Dadurch war die Amtssprache griechisch, ebenso das Alphabet. Das lateinische Alphabet führte Fürst Alexandru Ioan Cuza im Jahr 1862 ein. Auslöser für das Entstehen der rumänischen Nation war die Friedenskonferenz in Paris nach dem Krimkrieg (1854-56), den Russland gegen die Türkei mit ihren Verbündeten verlor. Die Rumänen wählten 1859 Cuza zum Regenten der beiden Fürstentümer für die Dauer von sieben Jahren mit der Auflage, nach einem ausländischen Herrscher Ausschau zu halten. Cuza vereinigte 1862 beide Länder unter dem Namen Rumänien und erklärte Bukarest zur Hauptstadt. Die im Jahr 1866 abgehaltene Wahl der Rumänen fiel auf Prinz Karl aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen, der zum Fürsten der beiden Länder ernannt wurde. Auf dem internationalen Berliner Kongress 1878 erlangte Rumänien die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich und damit seine volle Souveränität. Weiter mussten die Osmanen die Dobrudscha an Rumänien abtreten. Im Jahr 1881 wurde Karl (Carol I.) zum König von Rumänien gekrönt.

Judith Benke ging noch auf Siebenbürgen ein und stellte den Unterschied zwischen der rumänischen und der ungarischen Geschichtsschreibung heraus. Für die Rumänen besteht seit der Römerzeit eine Kontinuität der rumänischen Besiedlung, während die Ungarn davon ausgehen, dass die Madjaren bereits vor den Rumänen in Siebenbürgen wohnten. Die Erstbesiedlung sei ein wichtiges Argument für ein historisches Recht auf den Besitz Siebenbürgens, so Frau Benke.

Aus den Folgen des Ersten Weltkrieges hat Rumänien einen großen Nutzen gezogen. Rumänien verhielt sich zunächst neutral, trat 1916 auf der Seite der Alliierten in den Krieg ein, unterzeichnete aber im Mai 1918 ein Friedensabkommen mit den Mittelmächten, das wiederum auf Forderung der Alliierten nachträglich für ungültig erklärt werden musste. Rumänien gewann Siebenbürgen, einen Großteil des Banats und der Bukowina, das Kreischgebiet, die Maramuresch sowie Moldawien (Bessarabien) hinzu und konnte somit seine Fläche mehr als verdoppeln (sogenanntes Großrumänien). Der rumänische Bevölkerungsanteil war in allen Landesteilen zwar dominierend, aber etwa 30 Prozent waren Nichtrumänen. Die zugesicherten Minderheitenrechte hat Rumänien nicht eingehalten.

Die in Rumänien herrschenden Terrorregimes wurden angesprochen: Eiserne Garde in den 1930er Jahren, Diktator Ion Antonescu im Zweiten Weltkrieg, Säuberungen und Deportationen während der russischen Okkupation seit dem Umsturz August 1944, die Verhaftungswellen politischer Gegner unter dem kommunistischen Regime vor allem bis 1964 und schließlich die Zeit unter Diktator Ceauşescu. Dieser bereicherte sich auf Kosten der Bevölkerung, die in den achtziger Jahren bis zur Revolution im Dezember 1989 verarmte und sehr unter Lebensmittel- und Heizmittelknappheit litt.

Dr. Bernhard Grimm

Schlagwörter: Ausstellung, Schramberg, Rumänien

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