16. Juni 2019
„Wir haben die Kraft, unser Kulturerbe gemeinsam zu bewahren“ - Ehrenvorsitzender Bonfert spricht an Gedenkstätte in Dinkelsbühl
Ein lang gestreckter Fackelzug durchschritt am Pfingstsonntag die nächtlichen Straßen Dinkelsbühls. Ziel der von der Knabenkapelle Dinkelsbühl angeführten Prozession war die den Opfern von Krieg, Verfolgung, Flucht und Vertreibung geweihte Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen in der Lindenallee der Alten Promenade. Dort hielt der Ehrenvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dr. Wolfgang Bonfert, die traditionelle Rede an der Gedenkstätte - ein Programmbeitrag der den Heimattag 2019 mitausrichtenden Landesgruppe Baden-Württemberg. Die Ansprache des 88-jährigen ehemaligen Bundesvorsitzenden (1983-1989) wird hier im Wortlaut wiedergegeben.
Deiner Sprache, Deiner Sitte, Deinen Toten bleibe treu. Steh' in Deines Volkes Mitte, was sein Schicksal immer sei. - Diese Worte formulierte Michael Albert in einer Zeit, in der im Gefolge des Ausgleichs zwischen Österreich und Ungarn die den Siebenbürger Sachsen im „Andreanischen Freibrief“ von 1224 verbürgten Rechte durch die Aufhebung der Nationsuniversität und die Aufteilung des Königbodens außer Kraft gesetzt wurden und ihnen damit ihre politische Bedeutung im Wesentlichen genommen wurde. Diese Worte sollten wohl Mut machen und zur Sammlung aufrufen. Gleichzeitig beinhalten sie aber auch die in den ersten Jahrhunderten des Siedelns erworbenen Tugenden bei der Errichtung, Bewahrung und Weiterentwicklung eines Gemeinwesens, das Mongolensturm, Türkeneinfälle, innersiebenbürgische Auseinandersetzungen und wirtschaftliche Fährnisse überdauern und bewältigen halfen.
Link zum Video Video der Feierstunde an der Gedenkstätte. Video: Günther Melzer
Diese Tugenden beachteten auch diejenigen, die vor rund 125 Jahren vor allem aus wirtschaftlicher Not in die USA auswanderten, dort Kranken- und Unterstützungsvereine gründeten und sich 1902 zum Centralverband der Siebenbürger Sachsen of the United States of Amerika, der heutigen Alliance of Transyvanian Saxons, vereinigten. Auch die Siebenbürger Sachsen, die zwischen den beiden Weltkriegen und auch ab1950 nach Kanada auswanderten und dort Kranken-, Hilfs- und Unterstützungsvereine gründeten und sich 1960 zur „Vereinigung der Siebenbürger Sachsen von Kanada“, der heutigen Landsmannschaft, zusammenschlossen, taten dies in gemeinsamer Verpflichtung. In ihren neuen Lebensbereichen übernahmen diese Vereinigungen auch Brauchtums- und Kulturpflege und über längere Zeit auch Sprachpflege.
In Siebenbürgen selbst konnten nach dem Anschluss an Rumänien die durch Agrarreformen und Verwaltungsmaßnahmen bedingten Veränderungen nur im Zusammenhalt der Sachsen bewältigt werden, wobei die Evangelische Kirche, die seit der Einführung der Reformation durch Johannes Honterus im Jahre 1547 für die Sachsen Siebenbürgens ein bestimmender Gemeinschaftsfaktor und ein Hort des Schutzes war, diese Funktionen zwangsläufig in verstärktem Maße wieder wahrnehmen musste.
Von den wirren Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg waren Siebenbürger Sachsen in besonderem Maße betroffen. Die nach August 1944 in Trecks aus Nordsiebenbürgen evakuierten Menschen erwartete in Österreich eine ungewisse Zukunft, die sie im engen Verbund meisterten. Die in den ersten Januartagen des Jahres 1945 in Siebenbürgen ausgehobenen jungen Männer und Frauen wurden mit anderen Deutschen Rumäniens in die Zwangsarbeit deportiert. Die als Soldaten überlebenden Siebenbürger Sachsen kehrten nicht alle oder nicht unmittelbar in die Heimat zurück, die daheim Gebliebenen hatten Enteignungen, Diskriminierung und Zeiten der Aberkennung der bürgerlichen Grundrechte zu erdulden. Auch für sie gab es nur in der Gemeinschaft Hoffnung. Die nach Kriegsende im zerstörten, von Besatzungsmächten besetzten Deutschland lebenden Siebenbürger Sachsen begannen aus Verantwortung und Verbundenheit zueinander schon frühzeitig, sich zu sammeln und sich zu unterstützen. In München gründete Dr. Appel im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) im August 1945 eine Betreuungsstelle, in Hamburg scharte sich 1946 ein Kreis von helfenden Landsleuten um Kurt Keßler und im Februar 1947 wurde in München das Hilfskomitee gegründet, das die Aufgaben der Münchner Betreuungsstelle beim BRK, als diese ihre Tätigkeit einstellen musste, übernahm. Die gemeinschaftsbezogene solidarische Hilfe der Siebenbürger Sachsen hat sich auch unter diesen extrem schwierigen Zeitverhältnissen bewährt.
Für die Siebenbürger Sachsen in Deutschland gab es dann nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vor 70 Jahren, am 24. Mai 1949, die Möglichkeit, sich verbandsmäßig zu organisieren. Am 26. Juni 1949 wurde der „Verband der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben“ in München gegründet, der ab Februar 1950, nach Gründung eines eigenen Banater Verbandes, zunächst als Verband und ab Mai 1951 als „Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen“ weitergeführt wurde. Im Juni 1950 wurde die Siebenbürgische Zeitung gegründet, die die Verbandsarbeit begleitete. Aufgabenbereiche des Verbandes waren neben der heimatpolitischen Vertretung die Individualbetreuung, die Zusammenführung zerrissener Familien, Kultur- und Brauchtumspflege, aktuelle Informationsvermittlung, Förderung des Gemeinschaftsgefühls und, soweit möglich, materielle und Kontaktpflege zur Herkunftsheimat. Die Landsmannschaft war Mitunterzeichner der „Charta der Heimatvertriebenen“ im August 1950 in Stuttgart. Die Verbundenheit zur Heimat, die Verlässlichkeit, die Sachbezogenheit und das Augenmaß, mit dem die Landsmannschaft wirkte, brachten ihr bald Anerkennung, Würdigung und Unterstützung ein. Es gelang 1952/53, in der sogenannten „Kohleaktion“ eine größere Anzahl von Siebenbürger Sachsen aus Österreich in den Kohlerevieren Nordrhein-Westfalens in Arbeit und Brot zu bringen. So entstanden die Siedlungen in Setterich, Herten-Langenbochum und Oberhausen. Dieser von der Landesregierung unterstützten Ansiedlung ist auch die Übernahme der Patenschaft durch das Land Nordrhein-Westfalen in Mai 1957 zu danken, ebenso die Ansiedlung von etwa 3000 Siebenbürger Sachsen im Jahre 1966 in der vom Land ermöglichten Siedlung Drabenderhöhe im Bergischen Land.
Im sozialen Engagement wurden mehrere, von Trägervereinen geführte Altenheime gegründet: in Rimsting am Chiemsee, in Gundelsheim auf Schloss Horneck, in Osterrode am Harz, in Drabenderhöhe und in Lechbruck im Allgäu. Die zunächst vom Frauenreferat betreute Sozialarbeit des Verbandes wurde bald von einem eigenen Sozialreferat übernommen, das 1986 in das „Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen“ als eingetragener Verein überführt wurde und als solches eine besondere Rolle bei der Gründung sozialer Einrichtungen in Siebenbürgen nach der Wende 1989 in Rumänien gespielt hat. Von besonderer Bedeutung für das Verbandsleben, für das Zusammengehören und für die Repräsentation des Verbandes nach außen wurden die seit 1951 jeweils zu Pfingsten in Dinkelsbühl abgehaltenen Heimattage, die auch für die heimatpolitischen Aussagen des Verbandes in den jeweiligen Zeitabschnitten Bedeutung erlangt haben. Zudem wurden die Heimattage durch die kulturellen Veranstaltungen und Ausstellungen auch ein Schaufenster der kulturellen Leistungsfähigkeit, die durch die Verleihung der Kulturpreise jeweils am Pfingstsonntag unterstrichen wird.
Das sich im Laufe der Zeit zu den Dinkelsbühlern und ihren Repräsentanten entwickelnde enge Verhältnis und die von der Stadt ermöglichte, 1967 nach einer Spendenaktion errichtete Gedenkstätte, an der wir hier zusammenstehen, führten zu einer freundschaftlichen Partnerschaft, die zu Pfingsten 1985 feierlich besiegelt wurde. Ausdruck des Zusammenhaltens und Zusammenwirkens ist auch der in einer spontanen Spendenaktion ermöglichte Besitzerhalt des Schlosses Horneck, das für die Einrichtung eines Altenheimes, des Siebenbürgischen Museums sowie als Heimstätte für das Siebenbürgen-Institut mit Siebenbürgischer Bibliothek und Archiv und später auch Sitz des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates im Jahre 1960 erworben worden war und 2015 in wirtschaftliche Bedrängnis geraten war.
Als Ausdruck der Verbundenheit mit den Heimatorten der alten Heimat und in wertvoller Ergänzung der Verbandsarbeit entstanden zahlreiche Heimatortsgemeinschaften, die neben der Pflege regionaler Sitten und Gebräuche auch die Unterstützung in den jeweiligen Herkunftsorten leisten und Kulturgüter erhalten helfen. Auch private Initiativen und Stiftungen leisten schon über Jahre hinweg im humanitären und kulturellen Bereich wertvolle und erfolgreiche Arbeit.
Aus der Notwendigkeit enger Kontaktpflege zwischen den in der Welt zerstreut lebenden Siebenbürger Sachsen und aus heimatpolitischen Erwägungen heraus schlossen sich 1983 zunächst die vier großen siebenbürgisch-sächsischen Verbände aus Deutschland, Österreich, Kanada und USA zur Föderation der Siebenbürger Sachsen zusammen, der 1993 auch das „Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen“ beitrat. Die Föderation ermöglicht im Zusammenwirken besondere Leistungen in der Kulturarbeit, in der Jugendarbeit und bei der Vertretung gemeinsamer Anliegen.
Wir stehen hier heute Abend wieder an unserer Gedenkstätte, die wir vor 52 Jahren in diesem herrlichen Lindendom errichtet und zu Pfingsten 1967 eingeweiht haben. Wie damals gedenken wir jährlich zu Pfingsten „der Söhne und Töchter Siebenbürgens, die in 2 Weltkriegen und in schweren Nachkriegszeiten ihr Leben ließen: im Norden, im Süden, im Osten, im Westen, auf der Flucht, hinter Stacheldraht, in der Heimat“, so steht es in der in Stein gemeißelten Inschrift.
Wir gedenken aber heute, 70 Jahre nach Gründung unseres Verbandes, besonders auch aller der vielen einsatzbereiten und ehrenamtlich tätigen Männer und Frauen, die in den Nachbarschaften, den Kreisgruppen und Landesgruppen und in den Führungsgremien des Verbandes, oft unter Hintanstellung persönlicher Belange, dazu beigetragen haben, dass Siebenbürger Sachsen fern der Heimat neue Existenzen gründen konnten und dabei der Gemeinschaft verbunden blieben und das ihnen überkommene geschichtliche und kulturelle Erbe bewahren, pflegen und - wenn auch unter anderen Lebensumständen - weiter entwickeln konnten. Und wir danken den vielen Freunden und Förderern, die uns in unseren Anliegen und Verpflichtungen unterstützen, Menschen aus Politik, Kultur, Wirtschaft und anderen Lebensbereichen, in denen sie mit Siebenbürger Sachsen in Kontakt kamen. Wir danken im Besonderen den Verantwortlichen unseres Patenlandes Nordrhein-Westfahlen und den Bürgern, Stadträten und Bürgermeistern unserer Partnerstadt Dinkelsbühl.
Diese Gedenkstätte ist aber nicht nur ein Ort des Erinnerns und rückgewandten Gedenkens. Sie hat sich für uns Siebenbürger Sachsen vielmehr zu einem zentralen Begegnungs- und Bekenntnisort entwickelt, an dem man sich auch zu anderen Gelegenheiten im Laufe des Jahres versammelt. Sie ist eine Station auf dem Wege in die Zukunft, so wie das „Apfelbäumchen der Identität“, das wir im vorigen Jahr zu Pfingsten nur wenige Meter von hier hoffnungsvoll gepflanzt haben.
Wir denken heute Abend auch besonders an unsere Heimat Siebenbürgen, die Maximilian Leopold Moltke als „Land des Segens und der Fülle und der Kraft“ beschrieben hat. Und wir denken an unsere Brüder und Schwestern, die in Siebenbürgen leben und sich nach der Wende 1989 in demokratischen Strukturen zusammengeschlossen haben und für die Entwicklung Rumäniens in eine neue Zeit nicht unbedeutende Beiträge geleistet haben. Wir fühlen uns einig mit ihnen, im Bewusstsein der Werte und Kulturzeugen unserer Vorfahren, die diese in der durch ihre Besiedlung und Gestaltung geformten Landschaft im Karpatenbogen geschaffen haben. Wir haben die Kraft und die Möglichkeiten, dieses Kulturerbe gemeinsam zu bewahren, zu pflegen und weiter zu entwickeln, wenn wir in der Gemeinschaft den Willen dazu haben.
Wir haben auch heute wieder mit Freude die Darbietungen unserer Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend auf dem Heimattag bewundert und ihre große Beteiligung am Trachtenzug miterlebt. Diese Jugend, deren Mitglieder zum großen Teil schon nicht mehr in Siebenbürgen geboren wurden, zeigt sich aber nicht nur bei solchen festlichen Veranstaltungen, sie ist in vielfältiger Weise auch im Verbandsalltag tätig. Diese Jugend hat ihre Mitwirkung in unserer Gemeinschaft unter das Motto gestellt, das sie auch dem von ihr verantwortlich gestalteten Heimattag 1993 gegeben hat: „Zeitgemäß sein, ohne mit der Tradition zu brechen“!
Wir alle, die wir uns dieser Gemeinschaft zugehörig fühlen und für sie wirken wollen, sollten dieses Motto beherzigen, dann können wir der Zukunft und ihren Verpflichtungen getrost entgegensehen. So helfe uns Gott!
Von den wirren Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg waren Siebenbürger Sachsen in besonderem Maße betroffen. Die nach August 1944 in Trecks aus Nordsiebenbürgen evakuierten Menschen erwartete in Österreich eine ungewisse Zukunft, die sie im engen Verbund meisterten. Die in den ersten Januartagen des Jahres 1945 in Siebenbürgen ausgehobenen jungen Männer und Frauen wurden mit anderen Deutschen Rumäniens in die Zwangsarbeit deportiert. Die als Soldaten überlebenden Siebenbürger Sachsen kehrten nicht alle oder nicht unmittelbar in die Heimat zurück, die daheim Gebliebenen hatten Enteignungen, Diskriminierung und Zeiten der Aberkennung der bürgerlichen Grundrechte zu erdulden. Auch für sie gab es nur in der Gemeinschaft Hoffnung. Die nach Kriegsende im zerstörten, von Besatzungsmächten besetzten Deutschland lebenden Siebenbürger Sachsen begannen aus Verantwortung und Verbundenheit zueinander schon frühzeitig, sich zu sammeln und sich zu unterstützen. In München gründete Dr. Appel im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) im August 1945 eine Betreuungsstelle, in Hamburg scharte sich 1946 ein Kreis von helfenden Landsleuten um Kurt Keßler und im Februar 1947 wurde in München das Hilfskomitee gegründet, das die Aufgaben der Münchner Betreuungsstelle beim BRK, als diese ihre Tätigkeit einstellen musste, übernahm. Die gemeinschaftsbezogene solidarische Hilfe der Siebenbürger Sachsen hat sich auch unter diesen extrem schwierigen Zeitverhältnissen bewährt.
Für die Siebenbürger Sachsen in Deutschland gab es dann nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vor 70 Jahren, am 24. Mai 1949, die Möglichkeit, sich verbandsmäßig zu organisieren. Am 26. Juni 1949 wurde der „Verband der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben“ in München gegründet, der ab Februar 1950, nach Gründung eines eigenen Banater Verbandes, zunächst als Verband und ab Mai 1951 als „Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen“ weitergeführt wurde. Im Juni 1950 wurde die Siebenbürgische Zeitung gegründet, die die Verbandsarbeit begleitete. Aufgabenbereiche des Verbandes waren neben der heimatpolitischen Vertretung die Individualbetreuung, die Zusammenführung zerrissener Familien, Kultur- und Brauchtumspflege, aktuelle Informationsvermittlung, Förderung des Gemeinschaftsgefühls und, soweit möglich, materielle und Kontaktpflege zur Herkunftsheimat. Die Landsmannschaft war Mitunterzeichner der „Charta der Heimatvertriebenen“ im August 1950 in Stuttgart. Die Verbundenheit zur Heimat, die Verlässlichkeit, die Sachbezogenheit und das Augenmaß, mit dem die Landsmannschaft wirkte, brachten ihr bald Anerkennung, Würdigung und Unterstützung ein. Es gelang 1952/53, in der sogenannten „Kohleaktion“ eine größere Anzahl von Siebenbürger Sachsen aus Österreich in den Kohlerevieren Nordrhein-Westfalens in Arbeit und Brot zu bringen. So entstanden die Siedlungen in Setterich, Herten-Langenbochum und Oberhausen. Dieser von der Landesregierung unterstützten Ansiedlung ist auch die Übernahme der Patenschaft durch das Land Nordrhein-Westfalen in Mai 1957 zu danken, ebenso die Ansiedlung von etwa 3000 Siebenbürger Sachsen im Jahre 1966 in der vom Land ermöglichten Siedlung Drabenderhöhe im Bergischen Land.
Im sozialen Engagement wurden mehrere, von Trägervereinen geführte Altenheime gegründet: in Rimsting am Chiemsee, in Gundelsheim auf Schloss Horneck, in Osterrode am Harz, in Drabenderhöhe und in Lechbruck im Allgäu. Die zunächst vom Frauenreferat betreute Sozialarbeit des Verbandes wurde bald von einem eigenen Sozialreferat übernommen, das 1986 in das „Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen“ als eingetragener Verein überführt wurde und als solches eine besondere Rolle bei der Gründung sozialer Einrichtungen in Siebenbürgen nach der Wende 1989 in Rumänien gespielt hat. Von besonderer Bedeutung für das Verbandsleben, für das Zusammengehören und für die Repräsentation des Verbandes nach außen wurden die seit 1951 jeweils zu Pfingsten in Dinkelsbühl abgehaltenen Heimattage, die auch für die heimatpolitischen Aussagen des Verbandes in den jeweiligen Zeitabschnitten Bedeutung erlangt haben. Zudem wurden die Heimattage durch die kulturellen Veranstaltungen und Ausstellungen auch ein Schaufenster der kulturellen Leistungsfähigkeit, die durch die Verleihung der Kulturpreise jeweils am Pfingstsonntag unterstrichen wird.
Das sich im Laufe der Zeit zu den Dinkelsbühlern und ihren Repräsentanten entwickelnde enge Verhältnis und die von der Stadt ermöglichte, 1967 nach einer Spendenaktion errichtete Gedenkstätte, an der wir hier zusammenstehen, führten zu einer freundschaftlichen Partnerschaft, die zu Pfingsten 1985 feierlich besiegelt wurde. Ausdruck des Zusammenhaltens und Zusammenwirkens ist auch der in einer spontanen Spendenaktion ermöglichte Besitzerhalt des Schlosses Horneck, das für die Einrichtung eines Altenheimes, des Siebenbürgischen Museums sowie als Heimstätte für das Siebenbürgen-Institut mit Siebenbürgischer Bibliothek und Archiv und später auch Sitz des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates im Jahre 1960 erworben worden war und 2015 in wirtschaftliche Bedrängnis geraten war.
Als Ausdruck der Verbundenheit mit den Heimatorten der alten Heimat und in wertvoller Ergänzung der Verbandsarbeit entstanden zahlreiche Heimatortsgemeinschaften, die neben der Pflege regionaler Sitten und Gebräuche auch die Unterstützung in den jeweiligen Herkunftsorten leisten und Kulturgüter erhalten helfen. Auch private Initiativen und Stiftungen leisten schon über Jahre hinweg im humanitären und kulturellen Bereich wertvolle und erfolgreiche Arbeit.
Aus der Notwendigkeit enger Kontaktpflege zwischen den in der Welt zerstreut lebenden Siebenbürger Sachsen und aus heimatpolitischen Erwägungen heraus schlossen sich 1983 zunächst die vier großen siebenbürgisch-sächsischen Verbände aus Deutschland, Österreich, Kanada und USA zur Föderation der Siebenbürger Sachsen zusammen, der 1993 auch das „Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen“ beitrat. Die Föderation ermöglicht im Zusammenwirken besondere Leistungen in der Kulturarbeit, in der Jugendarbeit und bei der Vertretung gemeinsamer Anliegen.
Wir stehen hier heute Abend wieder an unserer Gedenkstätte, die wir vor 52 Jahren in diesem herrlichen Lindendom errichtet und zu Pfingsten 1967 eingeweiht haben. Wie damals gedenken wir jährlich zu Pfingsten „der Söhne und Töchter Siebenbürgens, die in 2 Weltkriegen und in schweren Nachkriegszeiten ihr Leben ließen: im Norden, im Süden, im Osten, im Westen, auf der Flucht, hinter Stacheldraht, in der Heimat“, so steht es in der in Stein gemeißelten Inschrift.
Wir gedenken aber heute, 70 Jahre nach Gründung unseres Verbandes, besonders auch aller der vielen einsatzbereiten und ehrenamtlich tätigen Männer und Frauen, die in den Nachbarschaften, den Kreisgruppen und Landesgruppen und in den Führungsgremien des Verbandes, oft unter Hintanstellung persönlicher Belange, dazu beigetragen haben, dass Siebenbürger Sachsen fern der Heimat neue Existenzen gründen konnten und dabei der Gemeinschaft verbunden blieben und das ihnen überkommene geschichtliche und kulturelle Erbe bewahren, pflegen und - wenn auch unter anderen Lebensumständen - weiter entwickeln konnten. Und wir danken den vielen Freunden und Förderern, die uns in unseren Anliegen und Verpflichtungen unterstützen, Menschen aus Politik, Kultur, Wirtschaft und anderen Lebensbereichen, in denen sie mit Siebenbürger Sachsen in Kontakt kamen. Wir danken im Besonderen den Verantwortlichen unseres Patenlandes Nordrhein-Westfahlen und den Bürgern, Stadträten und Bürgermeistern unserer Partnerstadt Dinkelsbühl.
Diese Gedenkstätte ist aber nicht nur ein Ort des Erinnerns und rückgewandten Gedenkens. Sie hat sich für uns Siebenbürger Sachsen vielmehr zu einem zentralen Begegnungs- und Bekenntnisort entwickelt, an dem man sich auch zu anderen Gelegenheiten im Laufe des Jahres versammelt. Sie ist eine Station auf dem Wege in die Zukunft, so wie das „Apfelbäumchen der Identität“, das wir im vorigen Jahr zu Pfingsten nur wenige Meter von hier hoffnungsvoll gepflanzt haben.
Wir denken heute Abend auch besonders an unsere Heimat Siebenbürgen, die Maximilian Leopold Moltke als „Land des Segens und der Fülle und der Kraft“ beschrieben hat. Und wir denken an unsere Brüder und Schwestern, die in Siebenbürgen leben und sich nach der Wende 1989 in demokratischen Strukturen zusammengeschlossen haben und für die Entwicklung Rumäniens in eine neue Zeit nicht unbedeutende Beiträge geleistet haben. Wir fühlen uns einig mit ihnen, im Bewusstsein der Werte und Kulturzeugen unserer Vorfahren, die diese in der durch ihre Besiedlung und Gestaltung geformten Landschaft im Karpatenbogen geschaffen haben. Wir haben die Kraft und die Möglichkeiten, dieses Kulturerbe gemeinsam zu bewahren, zu pflegen und weiter zu entwickeln, wenn wir in der Gemeinschaft den Willen dazu haben.
Wir haben auch heute wieder mit Freude die Darbietungen unserer Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend auf dem Heimattag bewundert und ihre große Beteiligung am Trachtenzug miterlebt. Diese Jugend, deren Mitglieder zum großen Teil schon nicht mehr in Siebenbürgen geboren wurden, zeigt sich aber nicht nur bei solchen festlichen Veranstaltungen, sie ist in vielfältiger Weise auch im Verbandsalltag tätig. Diese Jugend hat ihre Mitwirkung in unserer Gemeinschaft unter das Motto gestellt, das sie auch dem von ihr verantwortlich gestalteten Heimattag 1993 gegeben hat: „Zeitgemäß sein, ohne mit der Tradition zu brechen“!
Wir alle, die wir uns dieser Gemeinschaft zugehörig fühlen und für sie wirken wollen, sollten dieses Motto beherzigen, dann können wir der Zukunft und ihren Verpflichtungen getrost entgegensehen. So helfe uns Gott!
Schlagwörter: Heimattag 2019, Dinkelsbühl, Rede, Gedenkstätte, Opfer, Krieg, Flucht und Vertreibung, Ehrenvorsitzender, Wolfgang Bonfert
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