7. März 2009

Interessengemeinschaft gegen 40%-Rentenkürzung stellt Tätigkeit ein

Die „Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen“ soll ihre Tätigkeit einstellen. Darauf hat sich der Anwaltspool der Interessengemeinschaft am 23. Februar in München verständigt. 1996 hatten sich auf Initiative unseres Verbandes zahlreiche Landsleute zur „Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen“ zusammengeschlossen, um die im Deutschen Bundestag beschlossene 40-prozentige Rentenkürzung zu bekämpfen.
In einem Arbeitsgespräch des Anwaltspools der Interessengemeinschaft, das am 23. Februar in der Münchner Bundesgeschäftsstelle stattfand, erörterten die Rechtsanwälte Harriet Stefani, Udo Michael Dieners und Werner Krempels (vertreten) mit dem federführend tätigen Bundesrechtsreferenten Ernst Bruckner und dem Bundesvorsitzenden unseres Verbandes, RA Dr. Bernd Fabritius, die aktuelle Situation nach Erlass und Umsetzung der Übergangsvorschriften zur 40%-Rentenkürzung.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Schaffung von Übergangsvorschriften zur Herstellung eines Vertrauensschutzes für alle Betroffenen, die vor dem 1. Januar 1991 nach Deutschland zugezogen sind und deren Rente nach dem 1. Oktober 1996 begonnen hat, gefordert hatte, wurden diese vom Gesetzgeber in Art 6 § 4 c FANG geschaffen. Nach diesen Vorschriften bekommen die vorgenannten Betroffenen eine einmalige Zahlung als Ausgleich, die nach einer bestimmten Formel für Rentenbezugszeiten bis 30. Juni 2000 berechnet wird. Diese Zahlung steht nur Betroffenen zu, die bis zum 31. Dezember 2004 einen entsprechenden Antrag gestellt haben. Die Behörden haben die Umsetzung durch Erlass der Neufeststellungsbescheide inzwischen weitgehend abgeschlossen und die zustehenden Zahlungen erbracht. Noch anhängige Verfahren wurden von dem Bundessozialgericht nach den besonderen Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes in die erste Instanz an die Sozialgerichte zurückverwiesen. Infolgedessen kann eine weitere Anfechtung der erlassenen Übergangsvorschriften schon auf Grund der weiteren erheblichen Verfahrensdauer nur in besonders gelagerten Einzelfällen zweckmäßig sein.

Der Anwaltspool der Interessengemeinschaft ist daher zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tätigkeit der Interessengemeinschaft gegen die 40%-Kürzungen mit Umsetzung der Übergangsvorschriften eingestellt werden soll, und hat dem Bundesvorstand eine entsprechende Empfehlung unterbreitet. Betroffenen, die trotz dieser Empfehlung die Weiterführung ihres Verfahrens wünschen, steht es selbstverständlich frei, dies in Absprache mit ihrem rechtlichen Vertreter auf eigene Kosten durchzuführen.

13 Jahre „Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen“

Am 13. September 1996 wurde mit der Kanzlermehrheit im Deutschen Bundestag durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) eine Rentenkürzung für Spätaussiedler um 40% für Beitragszeiten im Herkunftsgebiet beschlossen. Noch im selben Jahr schlossen sich auf Initiative unseres Verbandes zahlreiche Betroffene zur „Interessengemeinschaft gegen Fremdrentenkürzungen“ zusammen, um die drastischen Einschnitte in die Fremdrentenbewertung zu bekämpfen. Durch den Zusammenschluss sollten die zu erwartenden Kosten für Prozessvertretungen, wissenschaftliche Gutachten und Verhandlungen in den Musterprozessen solidarisch aufgebracht werden.

Im Auftrag der Interessengemeinschaft wurden zwei Gutachten erstellt und in Musterprozesse eingebracht. Das erste Gutachten stammte von den Professoren Dr. Dr. Podlech und Dr. Azzola sowie von Rechtsanwalt Dieners. Das zweite Gutachten von Prof. Dr. Ulrich Becker wurde im Stadium der Richtervorlagen direkt ans Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die wichtigsten Argumente gegen die Kürzung waren: Eigentumsgarantie, Gleichheitssatz, Vertrauensschutz (Rechtsstaatsprinzip) und die im Artikel 116 des Grundgesetzes enthaltene Versorgungsgarantie.

In einem Urteil vom 14. Dezember 1999 hat das Bundessozialgericht die Fremdrentenkürzung als verfassungswidrig eingeschätzt und das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes zu prüfen. Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Beschluss vom 13. Juni 2006, dass die durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz eingeführte 40-Prozent-Kürzung zwar mit dem Grundgesetz vereinbar sei, jedoch eine Übergangsregelung für rentennahe Jahrgänge bis zum 31. Dezember 2007 geschaffen werden müsse. Zur Begleitung dieses Gesetzgebungsvorhabens reichte unser Verband eine Petition an den Deutschen Bundestag ein, um Verbesserungen im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu den geplanten Übergangsvorschriften zu erwirken. Der Bundestag verabschiedete am 9. März 2007 das Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz. Im Artikel 16 des „Gesetzespaketes“ wurden auch die Übergangsregelungen zur Anwendung der 40-Prozent-Kürzung beschlossen. Danach sollten Personen, die vor dem 1. Januar 1991 nach Deutschland zugezogen sind und deren Rente zwischen dem 1. Oktober 1996 und dem 30. Juni 2000 begonnen hat, eine Nachzahlung zum Ausgleich der Kürzungen erhalten, sofern die Kürzung bis zum 31. Dezember 2004 angegriffen worden war. Durch Erlass der Neufeststellungsbescheide haben die Rentenbehörden die Umsetzung inzwischen weitgehend abgeschlossen und die zustehenden Zahlungen erbracht.

CS

Schlagwörter: Rechtsfragen, Rente

Bewerten:

634 Bewertungen: –

Neueste Kommentare

  • 08.10.2011, 10:50 Uhr von Johann: Der Verbandstag hat im Jahre 1999 folgenden Beschluss gefasst: "Die Gelder der ... [weiter]
  • 07.03.2009, 19:38 Uhr von hein: Der Interessengemeinschaft gebührt ein großes DANKE. [weiter]

Artikel wurde 2 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.