12. März 2011

Vor 50 Jahren erstmals Handball-Weltmeister

Vor 50 Jahren ist vor 13000 Zuschauern in der Dortmunder Westfalenhalle die Hallenhandball-Weltmeisterschaft 1961 mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen. Die rumänische Nationalmannschaft um ihre Stars Hans Moser, Michael Redl, Virgil Hnat und Petre Ivănescu hat die hochfavorisierte Mannschaft der Tschechoslowakei nach zwei Verlängerungen mit 9:8 (7:7, 7:7, 4:4) besiegt. Damit wurde die rumänische Handball-Nationalmannschaft der Herren zum ersten Mal Weltmeister.
Die Herrenmannschaft hat es den rumänischen Handballerinnen gleichgetan, die schon 1956 und 1960 zwei Weltmeistertitel auf dem Großfeld errungen hatten. Dem Erfolg von Dortmund sollten vier weitere bei WM-Turnieren folgen: 1962 wird die rumänische Frauennationalmannschaft auf dem Kleinfeld in Bukarest zum bisher letzten Mal Weltmeister; die Herren erringen drei weitere Weltmeistertitel: 1964 in der CSSR, 1970 in Frankreich und 1974 in der DDR. Rumänien ist mit den vier gewonnenen Titeln im Herrenhandball heute noch Rekordweltmeister zusammen mit den in den 1990er Jahren dominierenden Schweden und den zur Zeit tonangebenden Franzosen, die im Januar 2011 ihren vierten Titel gewonnen haben.
WM in Dortmund 1961, der angehende Weltmeister: ...
WM in Dortmund 1961, der angehende Weltmeister: von links, stehend: Hans Moser, Mircea Costache I, Petre Ivănescu, Nicolae Nedef, Lucian Grigorescu, Oprea Vlase, Vasile Tudor, Gheorghe Covaci; kniend: Cornel Oțelea, Mircea Costache II, Otto Tellmann, Gheorghe Coman, Gheorghe Bădulescu, Virgil Hnat; liegend: Ion Bogolea und Michael Redl. Im Bild hinten rechts die schwedischen Nationalmannschaft. Foto: Archiv Johann Steiner
Seit der Hermannstädter Turnlehrer Wilhelm Binder die Handballregeln von Berlin nach Siebenbürgen gebracht hat und im Sommer 1921 zwei Schülermannschaften das erste Handballspiel in Rumänien ausgetragen haben, waren im März 1961 knapp 40 Jahre vergangen. Die Siebenbürger Sachsen hatten zusammen mit den Banater Schwaben den Grundstein gelegt für diese Weltmeistertitel. Johnny Kunst aus Lugosch hat beim Armeesportklub in Bukarest einen Teil der besten Handballer aus Siebenbürgen und dem Banat zusammengezogen, die anderen haben sich die Polizeisportklubs Dinamo Kronstadt und Dinamo Bukarest gesichert. Mit professionellem Training haben die Rumänen das vollbracht, wozu die Amateurklubs im Westen in den folgenden Jahren kaum in der Lage waren. Im Sommer 2011 werden 90 Jahre vergangen sein seit jenem „Urspiel“ in Hermannstadt.

Das WM-Finale in der Westfalenhalle war nach einem Bericht der Handball-Woche „das spannendste und dramatischste Endspiel“, das es bis zu jenem 12. März 1961 bei Hallenhandball-Weltmeisterschaften gegeben hatte. Aber auch das längste: „Nach 80 Minuten leidenschaftlichen Kampfes siegte in der unerbittlichen Auseinandersetzung zweier Nationen, die den Hallenhandball wissenschaftlich erforscht und ausgewertet haben, die glücklichere Mannschaft“, urteilt die Handball-Woche. Die rumänische Mannschaft war als Außenseiter zum Turnier nach Deutschland gefahren, als Weltmeister ist sie heimgekehrt. Zwei Minuten vor Schluss der zweiten Verlängerung fiel das entscheidende Tor. Neun Treffer genügten dem neuen Weltmeister, um sich im Endspiel den Titel zu sichern. Aus allen Träumen gerissen wurde durch dieses neunte Tor der „heimliche Weltmeister“ Tschechoslowakei. Damit fand die Wachablösung an der Spitze des Welthandballs statt, selbst wenn Schweden als Titelverteidiger noch den dritten Platz belegen konnte. Die gesamtdeutsche Mannschaft wurde Vierter.

Das Finale in Dortmund hielt die 13000 Zu­schauer in der ausverkauften Westfalenhalle in Bann. Rumänien, aber auch die Tschechoslowakei fanden neue Wege, den Titelverteidiger aus Schweden abzulösen. Die rumänische Mannschaft beschritt diesen neuen Weg auch im Endspiel mit der größeren Konsequenz. Mit Härte, Kraft und letztem Einsatz kam sie zum Erfolg. So fiel ihr in einer Begegnung, in der alle taktischen Möglichkeiten des Hallenhandballs von Superathleten ausgenutzt wurden, die Krone verdient zu. „Diese rumänischen und tschechoslowakischen Spieler, die die Kondition und Kraft haben, ein Tempospiel von nie geahnten Ausmaßen zu entfachen, diese Akteure ließen die Sicherheit zum Trumpf werden, spielten fast ohne jegliches Risiko“, schrieb die Handball-Woche. In Dortmund ist zum ersten Mal das zu erkennen gewesen, was sich in wenigen Jahren als rumänische Handballschule darstellen sollte, eine neue Art Handball zu spielen, wie sie von dem rumänischen „Handball-Papst“ Johnny Kunst geprägt wurde. Für Kunst war Handball ein männlicher, ein Kampfsport, für den er und seine Trainerkollegen Athleten suchten wie Hans Moser, Hansi Schmidt, Gheorghe Gruia, Roland Gunnesch, István Birtalan, Werner Stöckl, Alexander Fölker oder Vasile Stângă.

Das Endspiel wäre langweilig geworden, hätte eine der beiden Mannschaften etwa mit drei bis vier Toren Vorsprung in Führung gelegen. So aber hielt die Dramatik des Spielverlaufs die Zuschauer in Atem. Nie hatte eine der beiden Mannschaften mehr als ein Tor Vorsprung.

In der ersten Begegnung beider Mannschaften bei dieser WM, am 3. März 1961 in Freiburg, hatten die Tschechoslowaken in der zweiten Halbzeit mit ihrem Tempospiel die rumänische Deckung entscheidend aufgerissen, In Dortmund gelang ihnen das nicht. Zunächst gingen die Rumänen durch einen Treffer von Nodea 5:4 in Führung. Dann zwei Tore hintereinander für die Tschechoslowakei durch Rada und Duda. Nur mit einem Siebenmeter, von Moser verwandelt, konnte Rumänien auf 6:6 gleichziehen. Covaci erhöhte auf 7:6, Rada verwandelte einen Siebenmeter zum 7:7. In der Verlängerung glänzten die Torhüter auf beiden Seiten. Es war schwer zu sagen, wer der bessere Schlussmann in diesen entscheidenden Minuten gewesen ist: Michael Redl auf der rumänischen Seite oder der Tschechoslowake Vicha, der in der Verlängerung für den bis dahin prächtig haltenden Arnost ins Tor gekommen war.

7:7 also auch nach zweimal fünf Minuten Verlängerung. Dann zahlte sich die bessere Kondition der Rumänen aus. Nach einem Foul an Otto Tellman verwandelte Moser den Siebenmeter. Die Rumänen schienen schon als Sieger festzustehen, da gab es auch für den Gegner einen Siebenmeter. Rada verwandelte zum 8:8. Rumänien hatte Anwurf, und dem 20-jährigen Mircea Costache II gelang das entscheidende Tor.

Von der 1961 erfolgreichen Mannschaft von Dortmund sind nach Angaben von Petre Ivănescu noch neben ihm weitere fünf bei guter Gesundheit: Hans Moser, Michael Redl, Mircea Costache II, Olimpiu Nodea und Cornel Oțelea. Gheorghe Covaci lebt in einem Heim, und Otto Tellmann kann sein Zuhause nicht mehr verlassen. Die Trainer Oprea Vlase und Nicolae Nedef sind noch „auf den Beinen“. Sie wollen sich am 12. März in Bukarest treffen.

Johann Steiner

Schlagwörter: Handball

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