18. Dezember 2015

Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins: Grundkurs Bergsteigen

Das Wetter hätte nicht besser sein können, als wir am Donnerstag, dem 4. Juni 2015, in das herrliche Berchtesgadener Land fuhren. Am Hintersee begrüßten sich die Teilnehmer. 16 Leute aus vier Nationen schüttelten sich die Hände und machten einander bekannt. Es wurden Schnüre und Bänder verteilt, Karabiner und Seile kamen zum Vorschein und auch Gurte mit vielen Schnallen und Helme schienen für unsere Unternehmung von großer Bedeutung.
Über einen knackig steilen Forstweg erreichten wir nach etwa einer Stunde die Schärtenalm (1 362 m), etwa zwei Stunden später kehrten wir in der Blaueishütte (1 651 m) ein und erfreuten uns beim kühlen Radler an dem herrlichen Blick auf die umliegenden Gipfel.

Nun war es an der Zeit, das „Material“ erstmal theoretisch kennenzulernen. Mit Geduld und Akribie zeigten uns Thomas, Hans und Klaus, für was all die Schnüre, Bänder und Karabiner gut sein sollten, erklärten Seilstärken und Karabinertestmethoden, zeigten uns den gelegten und gesteckten Achterknoten und erklärten uns den einfachen Mastwurf, von dem es sogar einen doppelten gibt. Als uns die Köpfe bereits rauchten, kam noch die „Prusikschlinge“ dazu. Das gute Gefühl in einer Gruppe zu sein, umfing uns mehr und mehr, und bald steckten wir die Köpfe zusammen und halfen uns gegenseitig. Es wurde deutsch, englisch und rumänisch gesprochen, sogar sächsisch, wir waren ja unter uns!
Die Teilnehmer des Grundkurses Bergsteigen ...
Die Teilnehmer des Grundkurses Bergsteigen
Am zweiten Tag sollte es ans Eingemachte gehen. Was wir am Vortag im „Sitzen“ geübt und theoretisch besprochen hatten, sollte nun in die Tat umgesetzt werden. „Darf ich dich anfassen?“ – diese Frage ist äußerst wichtig für einen Bergsteiger und kann über Leben oder Tod entscheiden, denn bevor man sich an Seil und Gurt in die Tiefe stürzt, sollte der Sitz am Körper genau überprüft werden. Nun kam es wie es kommen musste, einer nach dem anderen sollten wir uns abseilen. Klaus Gündisch machte es vor und schwang sich in die Tiefe. Wird das Seil halten? Ist der Knoten fest genug, und was macht die „Prusikschlinge“? Ist der Achterknoten ordentlich gesteckt und hält die Bandschlinge, was sie verspricht? Nach kurzer Zeit kam ein gut gelaunter Klaus um die Ecke und steckte sich genüsslich eine Zigarette an. Es gab also Hoffnung. Auch wenn manch einer mal kopfüber hing, die gute Laune unserer Sonnyboys vermittelte allen stets das Gefühl, gut aufgehoben zu sein.

Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es dann auf ein Schneefeld. Wir lernten, wie man im Firn bergauf und bergab geht, sicherten uns an gespannten Seilen, um Schneefelder zu überqueren, und wurden langsam vertraut mit einer herrlichen, aber immer auch gefährlichen Bergwelt, die es nicht zu unterschätzen gilt.

Braungebrannt und ausgepowert wurde später auf der Terrasse der Blaueishütte die Tour für Samstag besprochen. Bei kühlem Bier und klarem Schnaps erfuhren wir, dass eine neun Stunden Tour auf dem Plan stand. „Hochkalter“ nennt sich der Stein, der nach dem „Watzmann“ der bedeutendste Gebirgsstock im Berchtesgadener Talkessel ist. Pünktlich um 7.00 Uhr waren alle beim Frühstück und freuten sich auf den Tag. Über ein Schneefeld ging es bergauf, und bald stiegen wir Schritt für Schritt in selbst gestanzten „Treppen“ oder in der Spur des Vordermanns. Bald sollte sich eine steile Wand vor uns stellen, die wir bestens vorbereitet mit unseren Kletterkünsten in Angriff nahmen. Am „Schönen Fleck“ konnten wir eine kleine Pause einlegen. Unser „Chef“ Hans hielt die Gruppe gut zusammen, während Thomas vorne das Tempo vorgab.

Das Gipfelkreuz fest im Blick, nahmen wir den letzten Aufschwung und erreichten nach etwa dreieinhalb Stunden die Spitze des Hochkalter (2607 m). „Gib uns Frieden“ steht auf dem massiven Holzkreuz. Ein herrlicher Rundblick belohnte uns für den Aufstieg, etliche Alpengipfel und das super Wetter sorgten für puren Gipfelgenuss. Durstige und verschwitzte Körper wurden mit Glückshormonen geflutet, und die Zeit stand einen Moment lang still.
Aufstieg zum Hochkalter. Fotos: Hans Werner ...
Aufstieg zum Hochkalter. Fotos: Hans Werner
Schnell merkten wir, dass beim Abstieg andere Muskelgruppen zum Einsatz kommen als beim Aufstieg, und die Oberschenkel meldeten sich bald mit einem leichten Ziehen. Unter den Augen und Anleitung der Ausbilder ging es nun bergab und es machte Freude, über die Steilwand Schritt für Schritt in gemächlichem Tempo abzuseilen.

Wie belohnt sich ein Bergsteiger? Diese Frage war für viele bei der Blaueishütte schnell beantwortet, denn der Kuchen dort ist legendär, ein kühles Bier dazu und für manche die obligatorische Zigarette, Schuhe aus, Füße hoch „Das Leben ist schön“.

Nach dem Abendessen durfte jeder ein bisschen über seine Eindrücke vom Tag erzählen. Durchweg wurde das Erlebte als positiv und bereichernd geschildert, und auch die Tatsache, dass gleich mehrere Fachleute sich um uns gekümmert hatten, wurde als äußert wertvoll angesehen. Eine gute Mischung aus Siebenbürger Sachsen sowie rumänischen, bayerischen und ukrainischen Mitbürgern gaben jedem die Gelegenheit, zu reflektieren, seine Sprachkenntnisse zu testen und ein Stück „wahres Europa“ zu leben. Der letzte Tag, der 7. Juni, wurde ganz entspannt angegangen. Mit der gesamten Ausrüstung und Mannschaft übten wir noch einmal das Abseilen an der nahen Felswand und verschiedene Sicherungstechniken. Knoten, Karabiner und Seile kamen erneut zum Einsatz.

Gegen Mittag stiegen wieder ab ins Tal und verabschiedeten uns dankbar und zufrieden voneinander. Unseren erfahrenen Bergsteigern Hans Werner, Klaus Gündisch, Hans Otto Istok und Thomas Vesely ein herzliches Dankeschön!

Helmut Fernolendt

Schlagwörter: DAV, Sektion Karpaten des DAV, Bergsteigen

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