13. November 2021

60-jähriges Maturatreffen der Brukenthaler: Eine Lanze für Schloss Horneck

Eigentlich sollte das Treffen bereits 2020 stattfinden, pünktlich zum 60-jährigen Maturatreffen der Brukenthaler aus Hermannstadt, und zwar im schönen Rothenburg o. d. Tauber. Das verhinderte Corona. Zwischenzeitlich hatte sich Schloss Horneck in Gundelsheim zu einem idealen Austragungsort gemausert. So meinte Prof. Heinz Acker, der zusammen mit seiner Frau Marianne – wie schon öfter – das Treffen organisierte. Ihm lag am Herzen, den Klassenkollegen das Schmuckstück siebenbürgischer Selbstdarstellung zu präsentieren, das durch die Restaurierung des Schlosses entstanden ist.
Von ehemals 80 Absolventen waren nach 60 Jahren noch 32 Teilnehmer (samt Partnern) angereist. Es zeigte sich, dass viele Schloss Horneck gar nicht kannten und andere das Schloss lediglich als siebenbürgisches Altenheim in Erinnerung hatten. Dieses ist mittlerweile zu einem modernen Hotelbetrieb umgewandelt worden, der den Charme des alten Schlosses mit den Annehmlichkeiten zeitgemäßer Ausstattung verbindet. An drei Tagen (1.-3. Oktober) konnte man nun all das entdecken, was dieses Schloss an besonderen Schätzen zu bieten hat. Das begann mit einem geselligen Abend in der als „Weinland“ neugestalteten Veranda. Bildtafeln entführen in das Weinland „Siebenbürgen“ und die Fenster eröffnen den Blick auf das bezaubernde „Himmelreich“, die Weinberge von Gundelsheim, die hoch über dem glitzernden Neckar emporsteigen. „Ein Wunder und eine Gnade, dass wir dieses erleben“, so Heinz Acker, denn eigentlich müssten wir längst mausetot sein, wenn man der Bibel glauben darf, wo es heißt: „Unser Leben währet 70 …“. Da hielt man sich lieber an Udo Jürgens, der da behauptet: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …“: Flugs umgedichtet („Mit 77 Jahren …“) konnte man nun spontan verjüngt und laut schmetternd in Jugendzeiten eintauchen.
Die Absolventen der Brukenthalschule bei ihrem 60 ...
Die Absolventen der Brukenthalschule bei ihrem 60-jährigen Maturatreffen auf Schloss Horneck, erste Reihe (von rechts) Heinz und Marianne Acker, die Organisatoren des Treffens.
Der Samstag brachte ein volles Programm. Zunächst eine Führung durch das Schloss, dessen Geschichte viel mit Siebenbürgen zu tun hat. Martina Handel, die Verwaltungschefin des Schlosses, berichtete kenntnisreich von dem Deutschen Ritterorden, der um 1200 von hier aus aufgebrochen war, um in Siebenbürgen seine erste Marienburg zu erbauen, und der wiederum hierher samt Hochmeister zurückkehrte, als der Orden auch aus Polen (1410, Schlacht bei Tannenberg) vertrieben wurde. Nach wechselvoller Geschichte erwarben die Siebenbürger Sachsen 1960 das Schloss, der Träger des Altenheims, der Honterusverein, musste allerdings 2015 Konkurs anmelden. Ein gigantischer Spendenaufruf ermöglichte den Neuerwerb des Schlosses und seine Neugestaltung zu einem „Siebenbürgischen Kultur- und Begegnungszentrum“. Und weitere Spenden ermöglichten die Gestaltung der 32 Hotelzimmer und Sonderräume, die alle nach siebenbürgischen Orten von ihren Spendern benannt wurden. Da staunte man über den Gestaltungsreichtum im heimatlich informierenden Eingangsbereich des Besucherzentrums, im einladenden „Weinland“, im Industriezimmer mit den siebenbürgischen Raketenpionieren Haas, Franckenstein und Oberth und durchwanderte das Schloss über den „Karpatensteig“ des Treppenhauses.

Die Führung gipfelte im barocken Festsaal. Mit einer Komposition von Claude Daquin konnte Heinz das neu erworbene Cembalo vorführen, ein wertvolles Instrument des Hermann-städter Cembalobauers Kurt Wittmayer, das er dem Schloss zugeführt hat. Hier konnte Heinz kenntnisreich auch die neuesten Glanzlichter des Schlosses präsentieren: die beiden Musiksalons „Irtel“ und „Filtsch“ – denn er hat das Konzept zu den beiden Zimmern, die an den Festsaal anschließen, entwickelt. Nahezu 900 Jahre siebenbürgischer Musikgeschichte werden hier in Bild und Text ausgebreitet.

Man musste sich beeilen, denn es erwartete uns bereits die nächste Führung, eine Stadtführung durch das unweit gelegene zauberhafte Bad Wimpfen, das noch viele Zeugen aus vergangenen Zeiten als stolze staufische Kaiserpfalz aufzuweisen hat. Es blieb nur wenig Zeit zum Verweilen in der bezaubernden Kulisse der Altstadt, denn eine weitere Führung stand an: durch das Siebenbürgische Museum auf Schloss Horneck, das niemand verpassen sollte. Es enthält Schätze aus allen Lebensbereichen unserer siebenbürgischen Heimat, darunter die originale Nachbildung eines der beiden mannshohen Schwerter, das die ersten Siedler 1141 zur Landnahme in den Boden stießen und die zum Stadtwappen Hermannstadts wurden.

Der Festakt „60 Jahre Matura“ gestaltete sich zum Kernpunkt des Treffens. Der „Jugendstil-Saal“ bot dazu einen trefflichen Rahmen. Hier in der ehemaligen Schlosskapelle, die später zu einem Sanatorium im Jugendstil umgebaut wurde, hatten sich bereits Könige und Größen aus der Hochkultur und Filmwelt verwöhnen lassen.

Uns verwöhnte ein Catering-Service mit einem reichhaltigen Büfett. Wichtiger war jedoch das geistige Menü, das der Abend zu bieten hatte. Heinz hatte das Treffen unter das Motto „Danken und hoffen“ gestellt und es gab vielfache Gründe, dankbar zu sein und auch zu hoffen. Die einzigen noch lebenden Professoren – Volker Hermann und Marga Schuller-Grau – hatten briefliche Grüße geschickt. Mit dem obligat gesungenen und umgedichteten Lied „Gaudeamus igitur“ und „Ich hab mein Herz in Heidelberg (Hermannstadt) verloren“ entführte Heinz die Anwesenden nun in die Vergangenheit. Mit einem launigen Gedicht fasste er die so unvergessliche Schulzeit an der Brukenthalschule zusammen. Eine PowerPoint-Präsentation ergänzte die Erinnerungen an eine prägende Schulzeit mit ihren reichhaltigen schulischen Angeboten: erfolgreiche Sport- und Turngruppen, die schmissige Blasia, Chor und Schulorchester, Tanz- und Gitarrengruppen sowie die vielen Ausflüge, Schulreisen und Skilager. Auch eine zweite PowerPoint-Präsentation mit Bildern der vielen Klassentreffen (1970-2015) weckte lebhafte Erinnerungen, so dass es längst Mitternacht geworden war, bevor man sich zu einer kurzen Nachtruhe zurückzog. Bei den vielen interessanten Programmpunkten blieb leider keine Gelegenheit mehr, auch das Tanzbein zu schwingen.

Für den Sonntag hatte man sich ein Novum einfallen lassen: eine literarisch-musikalische Matinee, gestaltet von den Anwesenden. Es war der 3. Oktober, der „Tag der deutschen Einheit“, ein weiterer Grund zu danken. Man tat dies zunächst mit dem Lied „Danke für diesen guten Morgen“.

Sechs Klassenkollegen hatten sich bereit erklärt, aus eigenen Werken kurze Ausschnitte zu lesen. Erhard Mathias las aus seinem Buch „Evolution als Gottes Werk“, das demnächst im LIT-Verlag erscheinen wird. Auf seinen Weltreisen ist er als Biologe zu eigenen Erkenntnissen und auch zum Glauben gekommen. Ernst Seidner ließ die Schulzeit in Prosa und Lyrik wieder auferstehen. Hannes Elischer wollte aus seinem Prosabändchen „Es ist etwas geschehen“ (Szenen einer Liebe) lesen, konnte aber krankheitsbedingt nicht anreisen. Marianne Acker führte auf eine denkwürde Konzertreise mit der siebenbürgischen Kantorei nach Siebenbürgen, und Heinz Acker entführte mit einem Kapitel aus seinem Buch „Zwei Leben und …“ in exotischere Gefilde, nämlich nach Kirgistan, wo er mit seinem Orchester Abenteuerliches erlebte („Beethovens Neunte in der Jurte des kirgisischen Präsidenten“).

Zu all dem fand Heinz Acker passende musikalische Hinleitungen mit entsprechenden Klavierstücken, etwa Schumanns „Von fremden Ländern und Menschen“, „Der Dichter spricht“, seine berühmte „Träumerei“ wie auch ein exotisches Bartók-Klavierstück. Mit Chopins bekanntem „Regentropfen-Prélude“ leitete Acker nun zur Schlusslesung mit Elfriede Mittag (Schuster) über: ein erschütternder Bericht über die Flutkatastrophe, die sie im Ahrtal hautnah erlebt hatte.

Man sang noch einen schottischen Segensspruch, der wehmütig stimmte. Da heißt es: „Nehmt Abschied, Brüder, ungewiss ist alle Wiederkehr … wir ruhen all in Gottes Hand, lebt wohl, auf Wiedersehn!“ Wir wollen uns aber keinesfalls verabschieden, ohne Marianne und Heinz Acker im Namen aller Teilnehmer für die Mühe, die sie sich mit der Organisation und Gestaltung des Treffens gemacht haben, zu danken. Wir erlebten drei unvergessliche Tage in einem wunderschönen Ambiente.

Renate König (Schwarz), Hannelore Konnerth (Popp)

Schlagwörter: Gundelsheim, Schloss Horneck, Heinz Acker, Abiturtreffen, Brukenthalschule, Brukenthal-Gymnasium

Bewerten:

15 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.