14. Dezember 2022

Neue Hoffnung für Trauernde: Gedenken an liebe Verstorbene kann inneren Frieden stiften

Geschichte einer nie endenden Mutterliebe. Adele Martini, geboren 1966, ist in Hundertbücheln im Nordosten des Kreises Hermannstadt in Siebenbürgen aufgewachsen und in Schäßburg auf das Joseph-Haltrich-Gymnasium gegangen. 1990 wanderte sie mit ihrem ersten Mann und ihrer damals zweijährigen Tochter Heike nach Deutschland aus und lebt seither in Fürth. Ein traumatisches Ereignis, der frühe Tod ihrer Tochter Heike, stürzte sie in ein tiefes Loch. Wie es Adele Martini gelang, durch das Gedenken an ihre liebe Verstorbene wieder Hoffnung zu gewinnen, schildert im Folgenden Michael Bachmann, ein Franke, mit dem sie seit 2019 verheiratet ist.
Jeder Teilnehmer durfte eine Kerze im ...
Jeder Teilnehmer durfte eine Kerze im Gottesdienst anzünden und diese als Geschenk mitnehmen. Auf dem Flyer ist das Bild von Heike aufgedruckt.
2010 ereignete sich für Adele Martini die Katastrophe ihres Lebens: Im Alter von nur 22 Jahren starb ihre geliebte Tochter Heike unter sehr unglücklichen Umständen. Adele stürzte in ein sehr tiefes Loch und ist seither einen sehr schmerzhaften Weg gegangen. Sie musste sich in psychologische Behandlung begeben. Ihre Gefühle wenigstens zu bändigen, erschien ihr sehr lange nicht möglich. Mit Tanzen, was ihr von ihrer Psychologin empfohlen wurde, mit Singen im Chor und durch eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Trauerbegleiterin konnte sie den Schmerz zwar lindern, aber der Verlust ihrer geliebten Tochter belastete sie weiterhin.

Und dann kam sie auf eine einzigartige Idee: Am Samstag, dem 12. Februar 2022, zu Heikes zwölftem Todestag veranstaltete sie eine Erinnerungsfeier und einen Gedenkgottesdienst. Bis ins kleinste Detail plante sie die Feier, die mit einem Gedenken nach siebenbürgischer Tradition an Heikes Grab auf dem Fürther Friedhof begann. Es war viel Verwandtschaft aus Siebenbürgen da. Gegen 11.45 Uhr läuteten zudem die drei Glocken der Kirche in Hundertbücheln. In Fürth sang der Chor und die Blasmusik spielte. Es gab bewegende Ansprachen sowohl auf dem Friedhof als auch beim Gedenkgottesdienst in der Kirche. Hier wurden über einen Beamer Fotos von Heike eingespielt und Adele Martini hielt nach ihrer Friedhofsansprache auch in der Kirche eine sehr bewegende, beeindruckende und emotionale Rede. Alles war festlich und der Würde des zwölften Todestages angemessen. Danach begab man sich in einen Landgasthof, wo Erinnerungen an Heike ausgetauscht wurden.

Adele Martini bei ihrer Ansprache zum Gedenken an ...
Adele Martini bei ihrer Ansprache zum Gedenken an Tochter Heike in der Kirche in Fürth.
Hinzufügen ist, dass meine Frau am 15. Februar 1986 in Siebenbürgen eine Totgeburt hatte, wobei sich der rumänische Staat zumindest sehr dubios verhalten hatte. Die Trauer über den totgeborenen kleinen Sohn hatte Adele, die noch sehr jung war, damals verdrängt. Im Zuge der Ausbildung zur Trauerbegleiterin und in Vorbereitung des Gedenkgottesdienstes wurde dieser Trauer aber aufgearbeitet. Was aber das Befreiende an diesem Gedenkgottesdienst war: Eine Woche später, am Samstag, dem 19. Februar 2022, also dem Tag, an dem zwölf Jahre zuvor Heike beerdigt worden war, spürte Adele, dass sie inneren Frieden mit ihren beiden verstorbenen Kindern geschlossen hatte.

Die Erinnerungsfeier und der Gedenkgottesdienst haben meiner Frau somit Hoffnung gegeben. So ein Gedenkgottesdienst, solche Erinnerungsfeierlichkeiten in der beschriebenen Weise, ja es war im Grunde ein Gedenktag an die verstorbene geliebte Tochter, zeigt aber auch anderen Trauernden, dass es Trost in einer solch schier mutlos scheinenden Situation gibt. Dass es durchaus Hoffnung gibt: Es ist nicht vorbei mit dem Tod. Der Verstorbene wird immer im Herzen bleiben. Adele sagte in ihrer Friedhofsansprache: „Ich brauche mir keine Sorgen mehr zu machen, dass ich meine beiden verstorbenen Kinder vergessen könnte. Denn es gibt einen ganz sicheren Ort, wo ich sie immer finde: In der Tiefe meines Herzens!“
Heikes Grab mit dem Gesteck „12 Jahre ohne Dich“. ...
Heikes Grab mit dem Gesteck „12 Jahre ohne Dich“.
Das ist die Kernbotschaft, die Hoffnung an alle, die einen lieben Menschen verloren haben, geben kann. Abschied und Neubeginn: Aus der Trauer kann irgendwann auch die Hoffnung wachsen. Die durchgelebte Trauer kann zu Hoffnung und neuer Kraft führen, so dass der Trauernde dann wieder ins Leben zurückkehren kann.

Die Erinnerungsfeier mit Blasmusik in guter siebenbürgischer Tradition war eine gelungene Abrundung. Während des Gedenkens auf dem Fürther Friedhof läuteten in Hunderbücheln die Kirchglocken – das zeigt die Verbundenheit mit der siebenbürgischen Heimat. Hundertbücheln steht da auch für Mitmenschlichkeit und Mitgefühl.

Aber es steht auch für den Verlust der Heimat, den viele Siebenbürger Sachsen durch die Ausreise nach Deutschland erfahren haben. Der Heimatverlust zieht seinerseits ein Stück Trauer nach sich, ist aber auch mit dem Neubeginn in das Ungewisse verbunden. Durch die Aufrechterhaltung der siebenbürgisch-sächsischen Traditionen, durch die Teilnahme an Treffen und Heimattagen wie jenen in Dinkelsbühl versuchen wir, den Verlust zu überwinden und neue Hoffnung zu gewinnen.

Michael Bachmann

Schlagwörter: Gedenkveranstaltung, Todestag, Hundertbücheln, Fürth

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