31. Juli 2023

Verwegene Bizikelfahrer auf den Spuren der Vergangenheit: In vier Tagen mit dem Fahrrad von Nürnberg nach Hermannstadt

Die Idee, die Uwe Theil schon länger hatte, eine ungewöhnliche Radtour in die alte Heimat zu unternehmen, wurde Mitte Juli 2023 in die Tat umgesetzt: Von Nürnberg nach Hermannstadt, die Strecke unserer Auswanderung, sind fünf verwegene Siebenbürger Sachsen mit dem Fahrrad im Extremmodus gefahren. Nürnberg, der Startort, war ursprünglich Ankunftsort für viele siebenbürgische Aussiedler, Hermannstadt, die Hauptstadt der Sachsen, war das Ziel dieser Radreise. Uwe Theil berichtet.
Ankunft der Bizikelfahrer auf dem Großen Ring in ...
Ankunft der Bizikelfahrer auf dem Großen Ring in Hermannstadt, von links nach rechts: Uwe Theil (52 Jahre alt, Meschen), Gottfried Roth (53, Mediasch), Georg Spielhaupter (55, Hermannstadt), Friedrich Fuss (48, Großscheuern) und Adrian Nan (48, Kronstadt).
Nach einigen Aufrufen in der Siebenbürgischen Zeitung meldeten sich einige mutige Sachsen und so standen am 17. Juli 2023 fünf Teilnehmer mit spartanisch bepackten Rädern etwas nervös in Nürnberg. Autark, ohne Begleitfahrzeug, etwa 1.350 km in kürzester Zeit, auch durch die Nacht zu fahren, lautete die Ansage. Montag gegen 15.00 Uhr ging es los, im flotten Tempo erreichten wir Neumarkt (Oberpfalz), sehr hügelig ging es bis Regensburg. Mit nur sehr kleinen Pausen fuhren wir ab hier im Donautal, zwar flach, aber wir wollten die ganze Nacht und den ganzen Dienstag bis kurz vor Wien durchfahren.

Willkommene Abkühlung mit Melonen. ...
Willkommene Abkühlung mit Melonen.
Gegen Dienstagabend erreichten wir Tulln bei Kilometer 510. Nach einer Schlafpause ging es schon um 4 Uhr in der Früh weiter, Wien und Preßburg (Bratislava) flogen an uns vorbei und wir erreichten gegen Mittag Ungarn. Ab hier machten uns die Autos das Leben schwer, kaum Abstand, hohe Geschwindigkeiten und Asphaltblasen, Vorsicht war angesagt.

Über Györ ging es durch die windige Puszta nach Stuhlweißenburg (Székesfehérvár), wo wir eine zweite Schlafpause einlegten, 270 Tageskilometer standen zu Buche. Im gleichen Rhythmus nachts um 4 pedalierten wir weiter Richtung Szeged, die Sonne brannte unerbittlich und bis wir die rumänische Grenze gegen Nachmittag erreichten, waren mehrere Melonen und viele Kugeln Eis verspeist.
Kunstvoll in Szeged ...
Kunstvoll in Szeged
Abends erreichten wir Arad nach 285 Tageskilometer und entschieden nach nur zwei Stunden Schlaf, nachts um 2 Uhr, weiterzufahren. Im südlichen Miereschtal, auf hügeligem Terrain, kamen schon erste Erinnerungen an die eigene Kindheit, die Gerüche, bellende Hunde und Ziehbrunnen am Straßenrand säumten den Weg. Leider entpuppte sich die Routenwahl als Fiasko, eine gute Straße mündete in übelster Schotter-/Matschpiste, streunende Hunde verfolgten uns. Mehrere Kilometer wurden so gefahren, bis wir entschieden die Bundesstraße im Miereschstal zu nehmen, auch hier machten die rasenden LKW uns das Leben schwer. Ab Deva wurde es ruhiger, die Sonne brannte nun extrem und die hügelige Strecke wurde immer anstrengender. Doch waren wir, das Ziel vor Augen, nicht aufzuhalten und pedalierten auch die restlichen Kilometer in bergigem Profil über Mühlbach (Sebeș) zum Zielort Hermannstadt.

Beeindruckende Statistik der Radtour von Nürnberg ...
Beeindruckende Statistik der Radtour von Nürnberg nach Hermannstadt.
1.346 Kilometer in vier Tagen und vier Stunden waren geschafft, wobei wir insgesamt nur 13 Stunden Regenerationsschlaf einlegten. Eine emotionale, extrem schwere, spannende, aber auch sehr schöne Reise war zu Ende. Ähnliches erlebten die Siebenbürger Sachsen bei ihrer Ausreise. Eine kleine Tasche mit dem Nötigsten gepackt dabei, viele Emotionen und der schwere Abschied waren die Begleiter beim Auswandern, emotional und schwer war das Auswandern. Wir fünf haben das damals als Heranwachsende erlebt, mit der Nase am Zugfenster klebend.

Unsere Gruppe, obwohl zusammengewürfelt, harmonierte bestens, bis auf vier platte Reifen und ein paar kleinere Stürze gab es keine größeren Blessuren. Es war eine außergewöhnliche Reise auf den Spuren unserer Vergangenheit mit dem Zielort Hermannstadt, der alle Strapazen vergessen ließ und jederzeit einen Besuch wert ist.

Uwe Theil

Schlagwörter: Radtour

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