27. November 2000

Altkommunisten gewinnen Wahlen in Rumänien

Die Altkommunisten in Rumänien kehren wieder an die Macht zurück. Die Partei der Sozialen Demokratie in Rumänien PDSR von Ion Iliescu ist als eindeutiger Sieger der Parlamentswahlen vom 26. November hervorgegangen. Nach Auszählung von 57,7 Prozent der Wahlkreise gab die Zentrale Wahlkommission in Bukarest am 27. November, 11.00 Uhr, folgende Teilergebnisse bekannt:
Die PDSR erhält 37,02 Prozent der Stimmen bei den Wahlen für die Abgeordnetenkammer bzw. 37,73% der Stimmen für den Senat, gefolgt von der rechtsextremen Großrumänien-Partei (Partidul Romania Mare) mit 19,99 bzw. 21,23 Prozent der Stimmen, der Demokratischen Partei PD mit 7,04 bzw. 7,44 Prozent, der Nationalliberalen Partei PNL mit 6,90 bzw. 7,42 Prozent, dem Ungarnverband UDMR mit 6,53 bzw. 6,62 Prozent. Alle anderen Parteien scheiterten an der 5-Prozent-Hürde fürs Parlament.
Eine herbe Niederlage musste die Christlich-Demokratische Bauernpartei PNTCD hinnehmen, die zusammen mit drei kleineren Parteien im Wahlbündnis Demokratische Konvention CDR 2000 angetreten war und nur 4,76 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Das Bündnis hätte laut Wahlgesetz zehn Prozent der Stimmen gebraucht, so dass die Bauernpartei nicht mehr im Parlament vertreten ist. Die Wähler haben vor allem diese Partei für das schwache Regierungsgebaren und die zunehmende Armut der letzten Jahre verantwortlich gemacht.
Die Protestwahl am vorigen Sonntag führt zu einer erheblichen Ausdünnung der im Bukarester Parlament vertretenen Parteien. Abgesehen von der PNL, die längst den Schulterschluss mit den Altkommunisten von Ion Iliescu praktiziert, gibt es in der nächsten Legislaturperiode keine bürgerlich-liberale Partei, die den Übergang des schwächelnden Reformstaates auf dem Weg in die Marktwirtschaft und in die Europäische Union begleiten wird. Das Tempo wird nun von jenen Parteien vorgegeben, die vorwiegend aus den kommunistischen und geheimdienstlichen Strukturen der Ceausescu-Diktatur hervorgegangen sind. Dennoch ist kaum ein Haider-Effekt zu befürchten, das heißt dass Westeuropa Rumänien wegen der PDSR in europäischen Gremien schneiden werde. Auch andere osteuropäische Reformländer wurden oder werden vorübergehend von altkommunistischen Parteien regiert.
Nächster Präsident Rumäniens wird aller Wahrscheinlichkeit Ion Iliescu, der dieses Amt schon von 1990 bis 1996 bekleidet hatte und beim ersten Urnengang am 26. November 36,54 Prozent der Wählerstimmen erhielt. In einer Stichwahl am 10. Dezember tritt Iliescu gegen den Führer der rechtsextremen Großrumänien-Partei, Corneliu Vadim Tudor, an. Tudor erhielt überraschenderweise 28,88 Prozent der Stimmen, gefolgt vom liberalen Kandidaten Theodor Stolojan 11,92%, Mugur Isarescu 9,18%, György Frunda (UDMR) 5,88%, Petre Roman (PD) 2,20% und Teodor Melescanu (Allianz für Rumänien ApR) 1,86%.

Siegbert Bruss

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