14. Dezember 2000

Musterprozesse zur Anerkennung der 6/6-Rentenwerte erfolgreich!

Rentenbehörden in Deutschland müssen die 6/6-Rentenwerte anerkennen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat am 11. Dezember 2000 in mehreren Entscheidungen die Verpflichtung der Rentenbehörden bestätigt, Lohnlistenauszüge (extrase din statele de plata) als Nachweise anzuerkennen und die Rente mit 6/6-Werten zu berechnen und nachzuzahlen (Az: L 9 RJ 2551/98 oder L 9 RJ 577/00).
Auch abgeschlossene Verfahren, in welchen nach alter Rechtsauffassung noch Ablehnungen ausgesprochen wurden, können nun gemäß § 44 SGB X neu aufgenommen und die Renten nachgezahlt werden. Hierfür muss ein Antrag an die Rentenbehörde gestellt werden. Aufgrund der neuen Entscheidungen können nun alle Betroffenen bei Vorlage solcher Lohnlistenauszüge die Anerkennung von 6/6-Werten fordern. Wenn Behörden und Gerichte in nächster Zeit weiterhin ablehnende Entscheidungen treffen, sollten fristgerecht Rechtsmittel eingelegt werden.
Seit einer Rechtsänderung vom 1. Juli 1990 waren Rentenwerte für Zeiten in Rumänien um 1/6 gekürzt worden, wenn keine Nachweise über die vorliegenden Lohnunterbrechungen (Krankenurlaub, unbezahlter Urlaub) etc. vorgelegt werden konnten. Dieser Nachweis kann für Zeiten in Rumänien durch Auszüge der Lohnlisten (extras din statele de plata) erbracht werden. Diese werden in Rumänien auf Antrag direkt von den Arbeitgebern ausgestellt und können auch den Betroffenen oder einem Bevollmächtigten ausgehändigt werden. "State de plata" werden in Rumänien mindestens 50 Jahre lang aufbewahrt und auch bei Auflösung der Betriebe vom Nachfolgebetrieb oder Gemeindeamt übernommen. Wenn nach Vorlage solcher Auszüge keine Widersprüche in der Aktenlage vorliegen, dann muss die Rentenbehörde 6/6-Werte anrechnen.
Bisher hatten nur einige Rententräger in Bayern und in Berlin diese Bescheinigungen anerkannt. Andere hatten diese Bescheinigung unter Berufung auf Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg mit unterschiedlichen Argumenten abgelehnt. Obwohl die Argumente in einer ausführlichen Publikation (RA Fabritius, "Nachgewiesen oder glaubhaft? Zur Würdigung rumänischer Arbeitgeberbescheinigungen gem. § 22 Abs. 3 FRG" in Die Rentenversicherung, 9/1998, Seiten 157 ff) widerlegt worden waren, weigerten sich Behörden und Gerichte weiterhin, 6/6-Werte anzuerkennen. Deswegen wurden Musterprozesse eingeleitet, die am 11. Dezember 2000 vom Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden wurden: In allen Fällen wurde die Verpflichtung der Rentenbehörde festgestellt, Lohnlistenauszüge aus Rumänien als Nachweise anzuerkennen und 6/6-Werte zu berücksichtigen.
Voraussetzung ist allerdings, dass keine Widersprüche in der Aktenlage bestehen. Solche liegen z.B. vor, wenn in vorher eingereichten Bescheinigungen andere Daten drinnen stehen oder wenn Sachverhalte (wie z.B. Wehrdienst oder Mutterschutzzeiten - concediu de maternitate - ) nicht bescheinigt werden. Es ist daher zu empfehlen, Bescheinigungen zu prüfen und Fehler bei den Arbeitgebern zu melden und eine Berichtigung zu fordern.
Andere Gerichte in Deutschland hatten im Hinblick auf diese Musterprozesse und in Erwartung der Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg eigene Verfahren zum Ruhen gebracht. Diese Verfahren können nun auf Antrag wieder aufgenommen werden.
Beratungen oder erforderliche Prüfungsverfahren können bei zugelassenen Rentenberatern oder Rechtsanwälten mit besonderen Erfahrungen im Fremdrentenrecht in Auftrag gegeben werden.

Rechtsanwalt Bernd Fabritius
Stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft

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