13. September 2002

Zenderscher Treffen aus Sicht einer Jugendlichen

Für das 6. Zenderscher Treffen vom 27. – 28. Juli sollte ein Singspiel mit Szenen aus dem Zenderscher Alltag eingeübt werden (siehe Bericht in der Rubrik „HOG-Nachrichten“, Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2002, Seite 23). Anja Henning schildert, wie sie die anfängliche Skepsis überwand und plötzlich verstand, was den Menschen so daran liegt.
Meine Eltern baten meine Schwester und mich, beim Singspiel mitzumachen. Erst war uns das gar nicht geheuer. So was Altmodisches! Wer zieht denn noch eine Tracht an? Und dazu noch die „Reklich Med“ tanzen! Meine Schwester und ich kannten nicht einmal die Bedeutung dieser Worte. Doch nach Absprache mit ein paar Freunden und Verwandten kamen wir zu dem Entschluss, es doch mal auszuprobieren.

Zum Erstaunen der Verantwortlichen fanden sich mehr Jugendliche als erwartet zur Teilnahme bereit. Nach anfänglicher Zurückhaltung lernten wir uns schnell kennen, und die Proben machten dazu noch Spaß. Schon am Anfang fanden sich die Paare aus Sersheim und Umgebung, Augsburg und Nürnberg zusammen. Die Figuren waren leicht zu lernen, so dass der Tanz schon nach wenigen Versuchen recht gut klappte.
Auftritt der Jugendlichen in Tracht beim Singspiel
Auftritt der Jugendlichen in Tracht beim Singspiel

Dann war es soweit. Unsere Oma hatte die Trachten vorbereitet und war glücklich darüber, dass ihre Neffen und Enkelkinder mitmachten. Wir fuhren Freitagabend zu dem Treffen. Der Samstag war ein sehr schöner und warmer Tag. Die Aufregung erreichte kurz vor dem Auftritt ihren Höhepunkt, denn in einen mit ca. 800 Personen gefüllten Saal zu blicken und sich dabei auch noch auf das Tanzen zu konzentrieren, ließ Schmetterlinge im Bauch tanzen. Doch es war alles halb so schlimm. Als wir auf der Bühne standen und die Zuschauer applaudierten, war das ein schönes Gefühl, und wir freuten uns, dabei sein zu dürfen. Die „Reklich Med“ klappte ganz gut, und auch der Rest vom Singspiel war recht schön.

Es hatte sich gelohnt hinter der Bühne auszuharren, um am Schluss die „Hochzeitsgesellschaft“ durch den Saal zu begleiten. Begeisterte Gesichter strahlten uns entgegen, denn wahrscheinlich hatten sich viele an die vergangenen Zeiten erinnert und daran, wie es in Zendersch einmal gewesen sein muss. Wir freuten uns alle über den großen Erfolg des Singspiels. Trotz Anstrengung, Hitze und sonstigen Lastern hat es sich gelohnt, dabei gewesen zu sein. An diesem Wochenende habe ich verstanden, warum für viele Zenderscher diese Treffen so wichtig sind. Ich war zwar schon bei zwei der vorherigen Treffen dabei, aber wohl zu jung, um zu verstehen, was den Menschen so daran liegt. Ich bin beeindruckt von dem Zusammenhalt dieser Leute, dem Ehrgeiz und dem Willen dieser Menschen, die Sitten und Bräuche in Erinnerung zu behalten und diese an die Kinder weiterzugeben. Der Satz „Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden und in der Schau nach vorwärts gelebt werden“ hat für mich an Bedeutung gewonnen. Ich hoffe und wünsche mir, dass es noch weitere Treffen gibt und dass auch Jugendliche bereit sind mitzumachen.

Anja Henning


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2002, Seite 23)

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