13. Oktober 2002

"Neue Liebe, neues Leben"

Dass die Aussiedler nicht nur in Brauchtumsveranstaltungen, sondern auch im klassischen Bereich Spitzenleistungen bringen können, zeigte wieder einmal das Herbstkonzert des Hauses der Heimat (HdH) am 20. September im kleinen Saal der Meistersingerhalle unter der Schirmherrschaft der neuen Kulturreferentin der Stadt Nürnberg, Prof. Dr. Julia Lehner.
„Neue Liebe, neues Leben“? Man könnte sich an die klassische Linie gewöhnen! Denn jedes Jahr bietet das HdH im September ein inzwischen hoch gelobtes Konzert, in dem Nachwuchs sowie etablierte Künstler der im HdH präsenten Landsmannschaften auftreten und somit das Bild der Vertriebenen und Aussiedler bereichern.

Die Akteure mit Blumen im Bildvordergrund (von links nach rechts): Pianist Bernd Schäfer, Tenor Dieter Wagner, Herbert Christoph (Viola), Moderatorin Helmine Buchsbaum.
Die Akteure mit Blumen im Bildvordergrund (von links nach rechts): Pianist Bernd Schäfer, Tenor Dieter Wagner, Moderatorin Helmine Buchsbaum, Herbert Christoph (Viola).

Zum dritten Mal veranstaltete der Arbeitskreis Kultur des HdH, dessen Sprecher Werner Henning ist, ehrenamtlich dieses Herbstkonzert. Wieder standen teilweise jugendliche Künstlerinnen und Künstler auf dem Podium, von denen einige schon in ihren Herkunftsländern musikalische Ausbildung erhalten haben (oder deren Eltern bzw. Großeltern aus Vertriebenenfamilien stammen) und die ihre hohe Begabung beim öffentlichen Auftritt unter Beweis stellten. Sie sind mitunter Preisträger der Bundes- und Landeswettbewerbe „Jugend musiziert“.

Die Instrumentalsolisten waren Ulrike Görz (Saxophon), Susanne Ecker (Querflöte), Artjöm Butyrev, Olga Gollej bzw. Markus Hullin (Klavier) und Christopher Scholz bzw. Herbert Christoph (Viola) und sie vertraten die Landsmannschaften der Sudetendeutschen, Russlanddeutschen, Oberschlesier und Banater Schwaben. Der Kammerchor Stein trat für die Oberschlesier auf und bereicherte das Programm mit drei Chorsätzen. Durch das Programm führte Helmine Buchsbaum, eine Banater Schwäbin, die Stadträtin in Nürnberg ist.

Einer der Höhepunkte des Abends war der Auftritt des Tenors Dieter Wagner, der u.a. das Lied ,,Neue Liebe, neues Leben“ von Fanny Hensel (Text von J. W. Goethe) vortrug. 1972 in Agnetheln/Siebenbürgen geboren und nach der Aussiedlung in Geretsried aufgewachsen, wurde Dieter Wagner Mitglied des Tölzer Knabenchores. Nach einem Kirchenmusikstudium in Heidelberg studierte er Gesang in Basel bei Kurt Widmer. Sein Repertoire reicht von der Musik der Renaissance bis hin zur Moderne. So ist er in letzter Zeit mit Ausschnitten der „Verkauften Braut“ von Smetana (in Originalsprache) sowie den Passionen Bachs, Haydns und Händels zu hören gewesen. Einladungen führten ihn zu renommierten Festivals nach Utrecht, Salzburg, Prag, Wien, Nürnberg, Venedig, Antwerpen, Brüssel, Warschau und Barcelona. Er arbeitete mit den Dirigenten Jordi Savall, Michael Radulescu, Wolfgang Seeliger, Nicholas McGegan, Räto Tschupp, Hermann Max, Dieter Kurz, Georg Grün, Facundo Agudin und Frieder Bernius zusammen. Im August letzten Jahres sang er ein Scarlatti-Programm in Buenos-Aires/Argentinien, im Juli 2002 die Matthäus-Passion in Sendai/Japan und Ende Juli den Sandrino in der Paisello-Oper „König Theodor von Venedig“ an der Kammeroper Schloss Rheinsberg. Im Oktober singt er „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert in Leipzig.

In Nürnberg trat der Siebenbürger u.a. mit Liedern von Clara Schumann, über die er auch Anekdoten charmant zu erzählen wusste, und von Franz Schubert (,,Die schöne Müllerin“, „Wohin? Halt!“ und „Danksagung an den Bach“) auf. Ganz hingerissen waren einige Konzertbesucherinnen von ,,Non t’amo piu“ und ,,A Vucchella“ von Paolo Francesco Tosti (auf Italienisch gesungen).

Der begleitende Pianist Bernd Schäfer stammt aus dem Schwarzwald. Er war Begleiter u.a. von Preisträgern beim Bachwettbewerb in Leipzig 1996, beim Wettbewerb der Berliner Rundfunkanstalten 1997 als auch beim Wettbewerb des deutschen Musikrates 1999, und ist selbst Preisträger beim internationalen Wettbewerb „Franz Schubert und die Moderne“ in Graz in der Sparte Liedduo. Diesen beiden jungen Männern, die hinter der Bühne Humoristisches und auf der Bühne ein niveauvolles Programm boten, danke ich ganz besonders und kann sie nur weiterempfehlen.

Doris Hutter


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. Oktober 2002, Seite 6)

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