19. Oktober 2002

Erstmals Nichtsiebenbürger an der Spitze

Führungswechsel bei der Kreisgruppe München: Der Jurist Rolf-Dieter Happe wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt und soll die Mitglieder der zweitgrößten Kreisgruppe Deutschlands neu motivieren.
Die diesjährige Mitgliederversammlung der Kreisgruppe München fand am 12. Oktober im Sudetendeutschen Haus statt. Den Auftakt zur Versammlung gestaltete der Reußmarkter Chor unter der Leitung von Paul Staedel. Auf die offizielle Eröffnung durch die stellvertretende Vorsitzende, Heidemarie Schmidt, folgte der Rechenschaftsbericht des scheidenden Vorsitzenden Otto Deppner, der über die Aktivitäten der letzten Jahre berichtete.

Der neue Vorsitzende, Rolf-Dieter Happe (links), und sein Amtsvorgänger, Otto Deppner, in der Geschäftsstelle der Landsmannschaft in München. Foto: Siegbert Bruss
Der neue Vorsitzende, Rolf-Dieter Happe (links), und sein Amtsvorgänger, Otto Deppner, in der Geschäftsstelle der Landsmannschaft in München. Foto: Siegbert Bruss

Besonderes Gewicht legte Deppner in seinem Bericht auf den Mitgliederschwund, wenn dieser auch vornehmlich auf die Gründung und Ausgliederung der neuen Kreisgruppe Ebersberg sowie auf die markant veränderte Altersstruktur zurückzuführen ist. Wie Deppner mit Diagrammen anschaulich machte, sind 80,5 Prozent der zahlenden Mitglieder über 50 Jahre, während die Gruppe der 30- bis 40-Jährigen nur 14,3 Prozent ausmacht. Verschwindende 0,8 Prozent erreichen die unter 30-Jährigen. Deppner verband seine Ausführungen mit einem Appell an den neu zu wählenden Vorstand, der Jugendarbeit und insbesondere der Gewinnung junger Mitglieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Dem stimmte der als Gast anwesende Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft, Erhard Graeff, in der nachfolgenden Aussprache zu, wobei er zugleich darauf verwies, dass die angeführten Mitgliederzahlen insoweit zu relativieren seien, als die meist jüngeren, in der Familienmitgliedschaft eingeschlossenen Mitglieder in der Aufstellung weder zahlen- noch altersmäßig erfasst seien, weswegen die Altersstruktur durchaus positiver eingeschätzt werden könne.

Horst Göbbel, der stellvertretende Bundes- und Landesvorsitzende sowie Vorsitzende der Kreisgruppe Nürnberg-Fürth-Erlangen, der als Gast an der Versammlung teilnahm und die Vorstands- und Delegiertenwahlen leitete, würdigte Deppners Verdienste in seiner zehnjährigen Amtszeit als Kreisgruppenvorsitzender. Dem Dank Göbbels schlossen sich Michael Wellmann und Roland Klees, zwei ebenfalls langjährige ehemalige Vorstandsmitglieder, an. Beide stellten einhellig fest, dass es die Kreisgruppe den Leistungen und dem Engagement Deppners verdanke, dass sie heute, trotz aller Widrigkeiten, im Großen und Ganzen positiv dasteht.

Nach dem von Heidemarie Schmidt vorgetragenen Bericht des Kassenwarts Kurt Wolf und dem der Rechnungsprüferin Gerda Dietrich, die Wolf ordnungsgemäße und solide Kassen- und Vermögensverwaltung bestätigte, wurde der scheidende Vorstand entlastet. Horst Göbbel übernahm anschließend die Versammlungsführung, nachdem er einstimmig zum Wahlleiter gewählt worden war, und rief zu den mit Spannung erwarteten Vorstands- und Delegiertenwahlen auf. Die Neuwahlen waren notwendig geworden, da die Amtszeit des bisherigen Vorstands turnusgemäß abgelaufen war und die bisherigen Mitglieder, mit zwei Ausnahmen, aus Altersgründen nicht wieder kandidierten.

Otto Deppner trug die Ergebnisse der für die Kandidatenauswahl eingesetzten Findungskommission vor, nachdem aus der Versammlung heraus keine Kandidatenvorschläge unterbreitet worden waren. Dabei kam es zu einem Novum: Mit Rechtsanwalt Rolf-Dieter Happe wurde erstmals ein Nichtsiebenbürger zur Wahl als Vorsitzender einer Kreisgruppe vorgeschlagen! Deppner begründete das Votum der Findungskommission für den 58-jährigen Juristen mit dessen bisherigem Engagement für die Siebenbürger Sachsen und deren Landsmannschaft. Happe hat sich nicht nur in Gremien der Landsmannschaft und des HOG-Verbandes aktiv eingebracht, er zeichnet auch für die Satzungsänderung der Landsmannschaft mit Einführung der Zweigvereine verantwortlich und ist Autor des viel beachteten zweibändigen Katzendorfer Heimatbuches (siehe Besprechung in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 12. März 2002). Der ehemalige Chefredakteur, Hannes Schuster, bezeichnete Happe einmal als „enthusiastischen Siebenbürgenfreund“. Als solcher wurde Happe, der sich den Mitgliedern selbst kurz vorstellte, auch einstimmig zum neuen Vorsitzenden der Kreisgruppe gewählt.

Ebenfalls einstimmig wurden die drei stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Es sind dies Heidemarie Schmidt und Hans Ewald Schwab, die bereits dem alten Vorstand angehörten, sowie Samuel Krauss. Zum Kassenwart wurde Michael Zeck gewählt, neue Schriftführerin ist Hedda Wonner. Auch diese Wahlen erfolgten einstimmig. Als Rechnungsprüfer wurden Gerda Dietrich und Jochen Fabritius bestätigt. Zu Ersatzrechnungsprüfern wurden Andreas Gleiss und Rosi Roth gewählt. Delegierte bei der Hauptversammlung der Landesgruppe Bayern sind der Vorsitzende, seine drei Stellvertreter, der Kassenwart und die Schriftführerin sowie folgende Mitglieder: Monika Jekel, Susanna Knall, Monika Eiwen und Wilhelm Dietrich. Ersatzdelegierte sind Simon Spielhaupter, Dieter Pelger, Michael Wellmann, Heinz Zerbes und Werner Schullerus.

Nach den Wahlen, zu deren Auflockerung während der Stimmenauszählung wieder der Reußmarkter Chor beitrug, übernahm der neu gewählte Vorsitzende Happe die Versammlungsleitung. Er bedankte sich für das Vertrauen, das er zugleich als Verpflichtung verstehe, und dankte ferner seinem Amtsvorgänger Otto Deppner für dessen langjährige und stets verantwortungsbewusste Amtsführung sowie Horst Göbbel für die souveräne und zügige Wahlleitung. Anschließend schlug Happe der Versammlung Gerhard Martini als Jugendreferenten, Monika Jekel als Kulturreferentin, Susanna Knall als Frauenreferentin, Monika Eiwen als Öffentlichkeitsreferentin, Wilhelm Dietrich als Organisationsreferenten, Simon Spielhaupter als Internetreferenten, Dieter Pelger als Referenten für den Bund der Vertriebenen und Michael Wellmann als Referenten für die Nachbarschaften und Heimatortsgemeinschaften vor. Alle Vorgeschlagenen wurden von der Versammlung bestätigt, ebenso Otto Deppner, den Happe als ersten kooptierten Beisitzer des Vorstands ernannte.

Das Durchschnittsalter des neu gewählten Vorstands liegt mit 54 Jahren knapp zehn Jahre unter dem des scheidenden Vorstands. Diese Verjüngung und viel Tatkraft wird der neue Vorstand auch brauchen, will er die vor ihm liegenden Aufgaben bewältigen und insbesondere dem Appell Deppners nach mehr Einbindung der Jugend nachkommen und eine Stärkung, ja, Wiederbelebung des Engagements der Mitglieder herbeiführen. Wie wichtig dies ist, belegt die Zahl der zur Versammlung erschienenen Mitglieder: Von insgesamt 1 622 zahlenden Mitgliedern waren gerade einmal 57 stimmberechtigte Mitglieder zugegen. Eine für die zweitgrößte Kreisgruppe Deutschlands nicht eben stolze Zahl. Den neuen Vorstand erwartet demnach eine schwere Aufgabe, wobei ihm viel Glück und Erfolg zu wünschen ist.
Die Mitgliederversammlung klang aus mit Liedern des Reußmarkter Chores sowie mit vom Ehepaar Oswald und Elisabeth Kessler gefühlvoll vorgetragener Mundartdichtung.

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