17. Januar 2003

Drei Generationen in den Dolomiten

Wenn Mutti mit Sohn und Oma eine der schönsten und auch recht schwierigen Dolomiten-Bergwanderungen bewältigen wollen, müssen sie ein vollkommenes Team bilden! Das heißt: Jeder kann sich auf den anderen verlassen und genießt das volle Vertrauen seiner "Tourenpartner". Wenn dem so ist, kann nichts mehr schief gehen. So geschehen im Sommer 2002, als Sigrid Mitterer, Mitglied der Alpingruppe "Adonis" der Sektion Karpaten des DAV, mit Mutter Ingeborg und Sohn Stefan (8 Jahre alt) eine wunderschöne Gebirgstour auf dem Dolomiten-Weitwanderweg Nr. 1 vom Pragser Wildsee nach Belluno durchführte. Diese bergsportliche Leistung ist keinesfalls alltäglich, jedoch verdienterweise erwähnenswert. Aus Sigrids Fahrtenbuch:
„Wohin du gehst, nimm deine Träume mit.“ Unter dieses Motto könnte eine elftägige Wanderung gestellt werden, die drei Mitglieder der Sektion Karpaten des DAV im August letzten Jahres unternommen haben. Teilnehmer dieser Tour waren: Meine Mutter Ingeborg Graef, mein Sohn Stefan und ich.

Unterwegs zu sein, von Hütte zu Hütte, von Norden nach Süden, vom Pustertal bis in den Veneto die Dolomiten zu überqueren, ist ein Traum, der wahr geworden ist. Viel Planung bezüglich der Länge der Tourentage, den Hütten und der richtigen Ausrüstung gehen der eigentlichen Tour voraus und beschäftigen mich bereits viele glückliche Stunden. In allen Hütten habe ich telefonisch reserviert. Auch Fragen wie „Wird Stefan es schaffen? Wird es ihm Spaß machen? Wird er seinen Rucksack dauerhaft tragen wollen? (Er muss nämlich!)“ beschäftigen uns im Vorfeld.

Drei Generationen bei der höchst gelegenen Hütte des Dolomiten-Wanderwegs Nr. 1: Refugiu Lagazuoi (2 752 m) mit wunderbarem Ausblick auf die Dolomiten.
Drei Generationen bei der höchst gelegenen Hütte des Dolomiten-Wanderwegs Nr. 1: Refugiu Lagazuoi (2 752 m) mit wunderbarem Ausblick auf die Dolomiten.

Spätestens bei der Ankunft am Pragser Wildsee kehrt Ruhe ein. Unsere erste Etappe führt uns hinauf zur Seekofelhütte (2 327 m), die wir bei Nieselregen erreichen. An die Besteigung des gleichnamigen Gipfels ist also nicht zu denken. Am darauf folgenden Tag ist das Wetter eher noch schlechter, und so stapfen und stolpern wir in Dauerregen über die Sennes-Alm weiter zur schmucken, privaten Faneshütte (2 060 m).

Der nächste Tourentag bringt dann endlich besseres Wetter: Es ist nach wie vor sehr kalt für August, aber die Luft ist klar und die Sicht weit. Eine lange Etappe führt uns übers Limo-Joch und die Groß-Fanes-Alm zur Forcella del Lago (2 486 m) hinauf, die uns einerseits traumhafte Ausblicke auf den frisch überzuckerten Sella-Stock mit Piz Boe bietet, aber andererseits einen steilen, schwierigen Abstieg in rutschigem Geröll. Danach der lange Aufstieg zum privaten Rifugio Lagazuoi (2 752 m) über weite windumtobte Karrenfelder und wir sinken geschafft in die warme Stube der Hütte. Diese, wie ein Adlerhorst angelegte, Hütte ermöglicht eine einmalige Rundumschau zu den Tofanen, Antelao, Pelmo, Marmolada, Sella und sogar zum Alpenhauptkamm. Ein erster wunderbarer Sonnenuntergang und ein ebensolcher Sonnenaufgang weiten unsere Herzen.
Der nächste Tag bringt die Besteigung des Piccolo Lagazuoi (2 778 m) bei knapp unter null Grad Celsius, den Abstieg zum Passo Falzarego und den Weiterweg zum Rifugio Nuvolau des CAI (2 575 m) am gleichnamigen Gipfel. Auch hier bleibt ausreichend Zeit zum Relaxen, Schauen, Genießen bei mittlerweile stabilem, sonnigem Wetter. Nach einer gemütlichen Nacht in der sehr kleinen Hütte geht es, die Tofanen und Cinque Torri vor Augen, am Rifugio Palmieri vorbei im ständigen Auf und Ab zum Rifugio Citta die Fiume (1 918 m) unter den Nordwänden des Pelmo. Nach dieser, mit fast 25 km längsten Etappe ruhen wir uns aus, während vor uns die Nordwände des Pelmo in der Abendsonne zu brennen scheinen.

Der folgende Tag bringt uns die Civetta näher, an deren Rand wir im großen Rifugio Coldai (2 191 m) übernachten. Der nahe gelegene Lago di Coldai schenkt uns eine magische, ruhige Stunde unter den Orgelwänden der Civetta mit Blick auf die Marmolada. „La piu bella passegiata delle dolomiti" - das ist der nächste Tag unter den riesigen, 7 km langen Wänden der Civetta. Imposant zu sehen von der „Apfelstrudel-Hütte“ Rifugio Tissi, bevor wir weitermarschieren zum Rifugio Vazzoler (1 714 m) unter der Torre Trieste und der Torre Venezia.

Der vorletzte Tag beschert uns absolute Bergeinsamkeit, Blumenpracht und Stille entlang unseres Weges zum Rifugio Carestiato (1 834 m) an der Moiazza. Als wir an den Torri del Camp vorbeikommen, donnert ein gewaltiges Gewitter in den Wänden, aber wir werden kaum „erwischt“. Nach der letzten, in einer komfortablen CAI-Hütte verbrachten Nacht geht es abwärts zum Passo Duran, wo wir die Tour beenden und mit dem Bus den Endpunkt Belluno erreichen, wo wir noch einen Tag in der verschlafenen, venezianischen Atmosphäre verbringen, bevor uns drei verschiedene Busse gesund an den Pragser Wildsee zurückbringen.

Zum Schluss sei noch erwähnt, dass es uns allen dreien so viel Freude gemacht hat, dass 2003 hoffentlich eine Fortsetzung des Weitwandern folgen wird.

Sigrid Mitterer

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