15. Februar 2001

Führungswechsel in der rumänischen Parteienlandschaft

Fast quer durch die Parteienlandschaft Rumäniens haben sich nach den Parlamentswahlen im Herbst zu Jahresbeginn Führungswechsel innerhalb der parteipolitischen Gremien vollzogen oder kündigen sich an. Ion Iliescu, der zum Präsidenten Rumäniens gewählt wurde, machte als ehemaliger Chef der PDSR seinem "Kronprinzen" Adrian Nastase Platz. Erstmals ist damit der Vorsitzende einer Regierungspartei auch Premier in Bukarest. Der frühere Bildungsminister Andrei Marga ist neuer Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Bauernpartei. Der angeschlagene Leader der Demokratischen Partei, Petre Roman, wird bei einem außerordentlichen Parteitag im Mai voraussichtlich vom populären Oberbürgermeister von Bukarest, Traian Basescu, abgelöst.
Wenn man in der Politszene mit dieser Rochade gerechnet hatte, so kam der Führungsechsel in der Bauernpartei (PNTCD) für die meisten Beobachter überraschend. Nach dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Ion Diaconescu wurden noch knapp vor dem Parteitag der "Tzaranisten" vier Kandidaten für dessen Nachfolge gehandelt, am aussichtsreichsten übrigens der Ex-Innenminister Dudu-Ionescu. Nun allerdings heißt der neue Chef Andrei Marga, Rektor der Klausenburger Universität und Bildungsminister im alten Kabinett. Damit zeichnet sich ein Generationen- und wohl auch Stilwechsel in der Christlich-Demokratischen Bauernpartei Rumäniens ab, die in der letzten Legislaturperiode noch die stärkste politische Formation gewesen war, bei den Wahlen im November 2000 aber nicht einmal den Einzug ins Parlament mehr geschafft hatte. Die Ablösung Diaconescus durch den Philosophieprofessor Marga markiere "das Ende des Einflusses, den die alte, historische Generation der PNTCD bis vor kurzem ausgeübt hat", kommentierte die Neue Zürcher Zeitung. Die Aufgabe, der einst führenden Partei ihren Rang zurückzugeben, obliege nun dem ungleich moderneren Politiker Marga. Erster stellvertretender Parteivorsitzender wurde Vasile Lupu, dem es in der vorigen Legislaturperiode gelungen war, das Bodenrückgabegesetz parlamentarisch durchzusetzen.
Für die Wahl Margas war übrigens eine Satzungsänderung in letzter Minute notwendig gewesen, die, so heißt es, der ehemalige PNTCD-Abgeordnete von Hermannstadt und gleichfalls einst Innenminister, Gavril Dejeu, eingeleitet habe. Zu Folge dieser Änderung dürfen auch nicht gestandene Parteimitglieder Führungsämter bekleiden. Marga war der Bauernpartei beigetreten, erst nachdem er vor knapp drei Jahren Bildungsminister geworden war.
Auch ein weiterer Hermannstädter Abgeordneter hatte für Gesprächsstoff gesorgt, und zwar bei den Nationalliberalen (PNL): Horia Rusu gab knapp vor dem PNL-Kongress seine Kandidatur für den Parteivorsitz bekannt, kam aber kurz darauf in einem tragischen Verkehrsunfall bei Talmesch ums Leben. Der für Anfang Februar angesagte Parteitag der Nationalliberalen wurde daher verschoben, im Rennen geblieben sind vorerst für die PNL-Führung der Ex-Justizminister Valeriu Stoica, Ex-Industrieminister Calin Popescu Tariceanu und Ex-Jugendminister Crin Antonescu.
In der Demokratischen Partei (PD) kündigt sich ein geradezu spektakulärer Wechsel an. Der nächste außerordentliche Parteitag, bei dem auch Neuwahlen angesetzt sind, wird schon im Mai und nicht im Herbst stattfinden, wie es sich der noch amtierende Vorsitzende Petre Roman gewünscht hätte. Bei einer erweitern Vorstandssitzung Mitte Februar wurde er überstimmt, der populäre Oberbürgermeister von Bukarest, Traian Basescu, hingegen, der ihm offenbar das Amt des Parteivorsitzenden streitig macht, erhielt starken Rückenwind von den Vorstandsmitgliedern und wird von Kennern der rumänischen Politszene als künftiger Parteivorsitzender gehandelt. Roman sei angeschlagen und werde sich voraussichtlich aus dem Rennen um den Parteivorsitz zurückziehen, um nicht - wie bei den Präsidentschaftswahlen im vorigen November - wieder eine klägliche Niederlage einstecken zu müssen.

mo/sb

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