22. Januar 2003

Immobilienrückgabe in Rumänien: Ein schwieriger wie langwieriger Prozess.

Sächsische Gemeinschaft in Siebenbürgen erhebt Ansprüche auf Immobilienrückgabe im Einklang mit dem Gesetz Nr. 501/2002. Brukenthalpalais und Geburtshaus des ehemaligen Gubernators stehen in Hermannstadt obenan, weitere 40 Ansuchen gleicher Art dürften folgen.
Noch nie seit dem Umbruch in Rumänien sind die Spitzen unserer sächsischen Gemeinschaft in der angestammten Heimat so geschlossen an die Öffentlichkeit getreten. Am 13. Dezember 2002 haben sie erstmals offenkundig, wie in dieser Zeitung berichtet, vor aller Welt Einigkeit demonstriert: Der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock, der Senator der Hermannstädter Liberalen (PNL) Hermann Fabini, ferner Stadtpfarrer Kilian Dörr und der Hermannstädter Forumsvorsitzende Hans Klein sowie der DFDR-Ehrenvorsitzende Paul Philippi stellten sich in der Stadt am Zibin entschlossen hinter den Antrag des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. auf Rückgabe des Brukenthalmuseums. Der Hauptanwalt des Oberkirchenrats, Friedrich Gunesch, verlas vor außergewöhnlich zahlreichen Medienvertretern im Spiegelsaal des Forums die Erklärung seines Amtes, "denn zunächst wolle man", so Gunesch, "damit die Öffentlichkeit in Kenntnis setzten."

Vier Tage danach ist die schriftliche Eingabe auf dem Postweg auch an die zuständige Kommission in Bukarest geschickt worden. Ähnliche Ansuchen im Einklang mit dem Gesetz Nr. 501/2002 dürften folgen, hieß es auf der Hermannstädter Pressekonferenz.

Die Hermannstädter Kirchengemeinde war schließlich einst der testamentarische Erbe und demnach ab 1878 der alleinige Verwalter des Brukenthalmuseums zu Gunsten des evangelischen Gymnasiums, das heute wieder den Namen des siebenbürgischen Gubernators trägt. Von daher sei es die Pflicht der Nachkommen, sich nun, weil legal möglich, der letztwilligen Verfügung, dem Vermächtnis des Barons Samuel von Brukenthal, wieder wortgetreu zuzuwenden.

Und allen Einwänden der Presse hat die "schwere Kavallerie" oder die "Crème" der Sachsenvertreter, wie die rumänische Lokalpresse diesen Auftritt daraufhin bewertete, auch entsprechende Argumente entgegengesetzt. Es sei dies lediglich "ein Schritt in die Normalität" (Fabini), man wolle damit bloß die ursprünglichen "Besitzverhältnisse klären" und unserer Gemeinschaft ein "Mitspracherecht in der Verwaltung des Museums wieder einräumen" (Wittstock). An der Institution selbst werde nicht gerüttelt, das Brukenthalmuseum bleibt weiterhin eine öffentliche Kultureinrichtung - ganz im Sinne ihres Gründers und zum Nutzen der Stadt wie des Landes.

"Tektonische Erschütterungen in Hermannstadt"

Ein Wunsch der sächsischen Gemeinschaft jedoch sei es, so die Presserklärung, im April 2003, anlässlich des 200. Todestages des Barons von Brukenthal, "dieses erste öffentliche Museum aus Südosteuropa wieder in das Konzert der großen Museen Europas und der Welt aufzunehmen. Ein schwieriges und langwieriges Unterfangen, jedoch eine Ehrenpflicht gegenüber unseren Vor- und Nachfahren."

Der offizielle Antrag des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien auf Rückerstattung des Brukenthalmuseums indes könne fallweise, so eine Lokalzeitung, "tektonische Erschütterungen in der Hermannstädter Sozietät" verursachen, er muss es aber nicht, hieß es einschränkend im gleichen Tagesblatt schon am nächsten Morgen. Trotzdem stellten sich die Sachsenvertreter in dieser Angelegenheit auf einen gleichfalls "schwierigen wie langwierigen" Prozess ein. Denn sollte die einschlägige Kommission in Bukarest dieser ersten Eingabe nicht stattgeben, werde man eben vor die Gerichte ziehen, notfalls sogar den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen.

Schließlich bestünde die Ehrenpflicht des rechtlichen Erben auch darin, das letztwillige Vermächtnis von Brukenthal nicht nur zu wahren, sondern auch zu mehren. Das war seit 1948 so aber nicht mehr möglich, da man das Museum am Großen Ring per Dekret 176 vom 3. August illegal und zwangsweise nationalisiert hatte. Danach ging es aus der Verwaltung des Ministeriums für Unterricht in jene des Kulturministeriums über, am 2. September 1948 wurde das Palais samt dem mobilen Inventar (Gemäldesammlung, Bücher, Handschriften, Münzen, Antiquitäten, Mineralien u.a.m.) per schriftlichem Protokoll der neuen Administration überlassen. Bloß sechs Angestellte gab es damals, hieß es auf der Pressekonferenz, gut über 100 sind heute hier tätig.

Allerdings sind 20 000 Exponate aus den unterschiedlichsten Kollektionen des siebenbürgischen Gubernators unterdessen abhanden gekommen, wurden vermutlich an andere Museen vergeben, ließ Horst Klusch im Vorfeld dieser Demarche die Kirchen- und Forumsvertreter wissen. Von den 19 wertvollen Gemälden, die schon 1948 der Bukarester Nationalgalerie gleichfalls widerrechtlich überlassen wurden, einmal abgesehen.

Ein Mitspracherecht der deutschen Gemeinschaft in der künftigen Verwaltung des Museums könnte künftig solchen Vorgangsweisen Abhilfe und den bisherigen, meist erfolglosen Bemühungen in anderer Angelegenheit Hilfe leisten. Kulturminister R?zvan Theodorescu hatte übrigens noch vor fast drei Jahren die Rückführung der 19 weltberühmten Gemälde dem Brukenthalmuseum erstmals in Aussicht gestellt, allein bis heute sind diese nicht eingetroffen.
Und auch die Bibliothek, seit den siebziger Jahren von den neuen Machthabern praktisch auf das tote Gleis gestellt, könnte unter den angepeilten Umständen wieder in den Reigen großer Institutionen gleicher Art europaweit aufgenommen werden. Dabei erinnerte man auf der Pressekonferenz nur an die fruchtbaren Beziehungen des Brukenthalmuseums vor dem Krieg zu namhaften Einrichtung in Wien oder Berlin.

Überhaupt wolle man das internationale Ansehen des einst sächsischen Nationalmuseums insgesamt fördern, denn Förderer haben sich bereits gemeldet für den Fall, dass das Museum erneut diesen von der deutschen Gemeinschaft erwünschten Status erhalte. Denkbar wäre auch, dass man dann in den neuen Aufsichtsrat, wie das weltweit üblich ist, international angesehene Persönlichkeiten neben jene der sächsischen Gemeinschaft beruft. Und die international anerkannte Künstlerin mit siebenbürgischen Wurzeln, Katharina Zipser, die Tochter des bekannten Hermannstädter Grafikers Dolf Hienz, hat bereits eine Kollektion eigener Werke der Brukenthalstiftung als Spende in Aussicht gestellt.

Geburtshaus in Leschkirch illegal verkauft

Apropos Brukenthalstiftung. Sie hat, wie bekannt, unterdessen erfolgreich ihren Anspruch auf die Rückgabe des Brukenthalschen Sommerpalais in Freck durchgeboxt, nun laufen ähnliche Bemühungen um das Geburtshaus des Barons in Leschkirch, das vor knapp drei Jahren veräußert worden war. Der neue Inhaber, der stellvertretende Bürgermeister dieser Gemeinde im Harbachtal, Aurel Irod, hatte das imposante, aber in letzter Zeit doch sehr vernachlässigte Gebäude noch 1999 um 52 Millionen Lei (damals umgerechnet rund 5 000 DM) erstanden. Und dieser Mann vertritt nun folgenden Standpunkt: Das Haus, etwa um 1700, auf alle Fälle aber vor der Geburt des siebenbürgischen Gouverneurs errichtet, soll nie im Besitz der Familie Brukenthal gewesen sein. Vielmehr in einem Gehöft nebenan habe Sohn Samuel das Licht der Welt erblickt. Laut Akten des Leschkircher Bürgermeisteramtes erwies sich als letzter Eigentümer des umstrittenen Hauses ein gewisser Wilhelm Konrad, den die lokale Administrative jedoch nach dem Umbruch nie ausfindig machen konnte, auch seine Erben nicht. Somit wurde das Gebäude vom Bürgermeisteramt zunächst in "öffentlich-privaten Besitz" übernommen und danach über einen Gemeinderatsbeschluss an den stellvertretenden Bürgermeister verkauft. Stiftungen oder andere Vereine konnten dieses Anwesen daher auch niemals beanspruchen. Aurel Irod hatte 1994 hier im Parterre bereits eine Bar eingerichtet.

Dies ist nicht das Problem, denn Brukenthals Geburtshaus wird eigentlich auf einer Liste von denkmalgeschützten Immobilien unter dem Aktenzeichen 33B-405 geführt und hätte ohne Einwilligung der zuständigen Schutzaufsichtsbehörden in Hermannstadt nicht verkauft werden dürfen. Der Chef dieses Amtes, Arch. Ioan Bucur, beim Kreiskulturinspektorat am Zibin angesiedelt, zeigte sich übrigens vor Jahren schon etwas überrascht von dem Verkauf, sah aber keine Handhabe, legal gegen diesen illegalen Deal vorzugehen.

Für illegal jedoch hält ihn das Leschkircher Bürgermeisteramt nicht, denn in den Gemeindeakten werde die Immobilie eben nicht als denkmalgeschützt geführt, auch habe man vor dem Verkauf immer wieder, so sagt der stellvertretende "Dorfrichter", beim Denkmalsamt um eine Einwilligung gebeten. Selbst das Gegenargument der Kreisbehörde kann "post festum" nun schwer dagegen ankommen: Schon weil Brukenthal da geboren sei, hätte bedeuten müssen, dass das Haus einen Denkmalwert besitze. Nur weiß Aurel Irod auch, dass im Kreisvorort desgleichen unter Denkmalschutz stehende Häuser mittlerweile veräußert wurden - trotz Proteste vieler.

Dennoch protestierten fast zur gleichen Zeit noch im verstrichenen Dezember die Brukenthalstiftung unter Leitung von Stadtpfarrer Kilian Dörr gemeinsam mit der Stiftung "Deutsches Kulturerbe in Rumänien" (Vorsitz Gerhard Schullerus) und der Kulturkreisbehörde erneut gegen den "Leschkircher Deal" und forderten zunächst die Präfektur auf, diesen "Kauf-Verkauf-Vertrag" rückgängig zu machen. Die Regierungsbehörde vor Ort indes erklärte sich in dieser Angelegenheit für nicht zuständig, die Gerichte müssten darüber entscheiden, sagte der Sekretär des Amtes.

Nochmals also ein langwieriger wie schwieriger Prozess. Und komplizierter dürfte es mitunter werden, wenn lediglich die Hermannstädter Kirchengemeinde dann noch rund 40 einst enteignete Immobilien auf gleichem Wege einfordert. Darunter befinden sich u.a. das Lungenspital auf dem Hermannstädter Philosophengang, die Kinderkrippe bei der Soldischbastei oder das Haus von Michael Brukenthal auf der Reispergasse.

Doch vorerst sorgt lediglich die Eingabe auf Rückgabe des Brukenthalmuseums für Aufsehen. Dazu die derzeitige Leitung dieser Einrichtung: "Die Ansprüche der deutschen Gemeinschaft seien zu hoch gegriffen". Mehr wollte diesbezüglich der Generaldirektor des Hauses, Alexandru Lungu, den Medien nicht verraten, weil er ja auch nur aus den Medien über diese Demarche unserer Heimatkirche erfahren habe.

Martin Ohnweiler

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