28. Februar 2001

Aktivreisen von "Outdoor Trekking Tours" werden ausgeweitet

"Wir haben den Durchbruch geschafft", freute sich jüngst in Hermannstadt Robert Kerker, der gebürtige Banater Schwabe und bundesdeutsche Reiseveranstalter aus Eggenstein bei Karlsruhe. "GeoSaison", das bekannte Fachmagazin aus Deutschland, hat das "Floßabenteuer in Transsilvanien" des kleinen Reiseveranstalters "Outdoor Trekking Tours" (OTT) als beste "Aktivreise" eingestuft und bei der vorjährigen Tourismusmesse in Berlin mit der "Goldenen Palme" preisgekrönt. Das Angebot an Natur- und Kulturreisen durch Rumänien wird nun dank des boomenden Geschäfts ausgeweitet.
Im Frühjahr '99 hatte der Initiator und Geschäftsführer von "Outdoor Trekking Tours" (OTT) bloß mit einer vagen Hoffnung gelebt, denn "nur wenn der Trend anhält, können auch wir auf diesem Markt standhalten". Gemeint waren damit die Aktiv-Touren und Erlebnis-Reisen, die sein Unternehmen seit 1994 in Rumänien anbietet. Von Jahr zu Jahr stieg zwar die Teilnehmerzahl an den Rad-Kultur-Touren durch Siebenbürgen und die Bukowina, an den Wanderungen durch das Retezat-Gebirge oder an der Naturreise "auf gehobenem Niveau für Kenner und Genießer" durch das Donaudelta. Aber dann hatte die Umweltkatastrophe entlang der Theiß und der Donau, zu Beginn des Jahres 2000 von einer Goldmine nahe Baia Mare ausgelöst, bei ausländischen Touristen Zurückhaltung aufkommen lassen.
Trotzdem kam die Wende: Das erst vor zwei Jahren von OTT gestartete "Floßabenteuer in Transsilvanien" wurde nämlich von "GeoSaison", dem bekannten Fachmagazin aus Deutschland, als beste "Aktivreise" eingestuft und im März 2000 mit der "Goldenen Palme" ausgezeichnet. Unter den insgesamt zwölf damals auserwählten Reiseideen rangierte die Floßfahrt auf dem Alt von Freck bis Brezoi mit 66 Punkten gleich hinter einer Entdeckerreise durch Brasilien, die von den Juroren des Wettbewerbs, allesamt Touristikexperten und Fachjournalisten, mit 67 Punkten bewertet worden war. Die Auszeichnung haben Robert Kerker und sein rumänischer Geschäftspartner Radu Zaharie denn auch persönlich auf der Internationalen Touristikbörse in Berlin (ITB) glückstrahlend entgegengenommen und der Trophäe samt Urkunde danach einen Ehrenplatz in ihrer Geschäftsstelle eingeräumt.
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich danach der ungewöhnliche Riesetipp. Gleich zwei zusätzliche Floßfahrten mussten in das ohnehin gedrängte Programm über die Sommermonate eingeschleust werden, und meist bis zu 18 Personen fuhren auf dem Deck des etwa 35 Quadratmeter großen Floßes den Alt hinunter. Extra für solch eine Tour wurden aus England, Holland, Frankreich und Deutschland Geschäftspartner der deutschen Firma "ProWell" mit dem Privatjet nach Hermannstadt geflogen, und in diesem Jahr will der gleiche Wellpappenhersteller aus Rheinland-Pfalz mit einer nächsten betriebseigenen Mannschaft den Alt befahren.
Allerdings hatte die Dürre auch diesen Fluß beinahe ausgetrocknet. Trotzdem lief man nicht für Stunden auf Sandbänken auf, die findigen Reiseleiter hatten recht bald eine Lösung parat. Der Stausee oberhalb von Freck bei Köln am Alt (Colun) musste schließlich immer wieder Strom erzeugen und mithin Wasser aus dem See ablassen. Das kriegte man spitz und die Betreiber waren bald geneigt, die Turbinen dann in Funktion zu setzen, wenn die Flößer ihr schwimmendes Tagesheim bis Brezoi steuerten.
Davon erfuhr über Internet (E-Mail: ott.ro@t-online) auch der Dozent des Lohmarer Instituts für Weiterbildung (LIW), Rainer Alf-Jähnig, der alljährlich Bildungsreisen und Bildungsurlaube für seine Studiengänger veranstaltet. Siebenbürgen hatte er bislang noch nicht angeboten, doch jetzt bot es sich geradezu für seine Naturliebhaber an - gekoppelt eben mit dem Floßabenteuer. Dieses hat die rund 20-köpfige Mannschaft beinahe nicht so begeistert, wie sie von ihren Reiseleitern begeistert waren. Bei der Abschiedsrunde in der Gaststätte "Alt Hermannstadt" wurden Marga Grau und Constantin Dragulescu aufs Herzlichste verabschiedet. Denn nicht nur die Naturschönheiten rund um den Zibin und den Alt wurden der Gruppe von der langjährigen Biologielehrerin eindrucksvoll vorgestellt, sondern auch der Ethnobotaniker Dragulescu machte die Reisenden auf Dinge aufmerksam, von denen selbst studierte Biologen bislang wenig wussten: die volkstümliche Nutzung von Heil- und anderen Kräften hiesiger Pflanzen.
Und ausgefallen war ferner: Mit großer Begeisterung hat eine 82-Jährige, Barbara Wackernagel, gleichfalls an solch einer Floßfahrt teilgenommen, ein 75-jähriger wagte dann noch die Radtour durch die Bukowina und über Tartlau, Honigberg, Petersberg, Hamruden bis hin nach Birthälm und Hermannstadt. Selbst ein gebürtiger Siebenbürger Sachse aus Deutschland hat offenbar über diese Zeitung von der Möglichkeit erfahren, mit OTT seine alte Heimat bereisen zu können. Fast die ganze Familie Fritsch mit Kindern und Enkeln erkundete auf diese Weise Orte, wo Vater bzw. Großvater einst lebten. Und die renommierte Reisefirma "Hauser-Exkursionen" hat jetzt schon drei Floßtouren für die anstehende Saison bestellt, zudem will sie die Gruppen auf Wanderungen durch das Zibinsgebirge schicken.
Der Heimat-Höhlen-Verein aus Laichigen hat überdies im letzten Herbst das Westgebirge mit 42 Personen über OTT entdeckt und 15 aktive Höhlenforscher dabei gemeinsam mit Fachkollegen aus Klausenburg auf Erkundungen in die Tiefen geschickt. Ein Höhlenkonzert, aber auch andere "Seitensprünge" mit ethnografischem Hintergrund sorgten gleichfalls für ein echtes Outdoor-Erlebnis.
Kein Wunder, dass unter diesen Umständen der studierte Elektroingenieur Kerker seinen Beruf an den Nagel hängte und hauptberuflich seinem ursprünglichen Hobby nachgeht. "Anders können wir es nicht schaffen", meint der Banater Schwabe, der mithin öfters als bisher in Siebenbürgen weilt. Zwar bleibt die Vertriebsadresse seines Unternehmens weiterhin in Eggenstein (Telefon: 0721/784836, Fax: 0721/7818165), die Durchführungsgesellschaft von OTT in Hermannstadt jedoch muss ausgebaut werden.
Die Amtsräume hierfür stehen bereits zur Verfügung, die modernen Einrichtungen werden nach und nach hinzukommen, und der Mitarbeiterstab soll nicht nur aufgestockt, sondern bis Frühjahr auch intern weiter ausgebildet werden. Schließlich wollen Kerker und sein Kompagnon Zaharie ab diesem Jahr die Palette von Aktiv-, aber auch von klassischen Rumänienreisen, auf Wunsch per Bus, ausweiten. Der Bereich Höhlen, im letzten Jahr, wie gesagt, lediglich versuchsweise in Angriff genommen, soll zu einem festen Programmpunkt werden, eine erste Floßfahrt am Mieresch ab Deva und bis nahe Paulis für Familien mit Kindern und garniert mit Exkursionen zu Holzkirchen, einem dendrologischen Park oder gar zum Königsschloss von Savarsin, wird gleichfalls ins Werbeprospekt aufgenommen wie auch erstmals eine Radtour durch das schöne Banater Bergland, ganz abgesehen von den Extratouren zu Wildbeobachtungen in Ceausescus einstigen Jagdrevieren oder der Silvesterparty in märchenhafter Winterlandschaft mit Wanderungen im Fackelschein, Ski-Touren sowie Lagerfeuer nebst Schneebar und Glühwein.
Selbst grenzübergreifend will Kerker mit seinen Aktiv-Reisen ab 2001 aktiv werden. Noch kann er den Donau-Radweg, der von Deutschland aus bis Budapest führt, vorerst wegen der Verhältnisse in Jugoslawien nicht bis zur Mündung des Stroms weiterführen, aber als "Rumänienspezialist" für kleine, jedoch feine Reisegruppen hofft er, bald an die vorhandene Trasse anknüpfen zu können. Dafür bietet er ab dieser Saison seinen Touristen mit dem Drahtesel eine Überquerung der Donau an. Aus dem Südbanat kommend, können sie die Neraklamm erwandern und unten an der Donau dann nach Bulgarien mit der Fähre übersetzen. Hier empfängt sie ein bulgarischer Reiseveranstalter, mit dem man bereits auf der ITB in Berlin Kontakte aufgenommen hat und die Route im Nachbarland bis ins Detail austüftelte. "Im Osten viel Neues", heißt es auf dem Werbeprospekt von OTT, und man versprach dabei als "Neuland auf dem Balkan" eben nur Rumänien als Reiseziel. Nun kann man mit OTT auch nach Bulgarien radeln, und wohin Kerker noch mit seinen Reiseideen zielen wird, das weiß selbst er nicht. Eines aber ist sicher: Als bislang immer noch kleiner Reiseveranstalter wird er mit Sicherheit weitere, selbst große Reiseziele anpeilen, "denn auch auf dem Balkan kann man die schönsten Wochen des Jahres erleben", verspricht er seinen Kunden.

Martin Ohnweiler

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