14. März 2003

Interview mit Hans Klein: "Ein Schub an Selbstbewusstsein"

Einigen Wirbel gab es, ehe das Protokoll über Zusammenarbeit zwischen dem Hermannstädter Forum (DFDH) und der PSD-Kreisfiliale in aller Eile, wie berichtet, Ende November letzten Jahres unterzeichnet wurde. Das DFDH war somit das erste Lokalgremium in Siebenbürgen, das sich einen Zusatz zu dem Rahmenprotokoll auf Landesebene zwischen DFDR und PSD aushandelte. Hunedoara hat jüngst nachgezogen. Aber was hat man sich dabei eingehandelt? Darüber sprach unser Hermannstädter Mitarbeiter Martin Ohnweiler mit dem DFDH-Vorsitzenden Hans Klein.
Der Bischofsvikar und Dekan der Hermannstädter Theologie, zugleich dienstälteste Lokalrat am Zibin setzte seine Unterschrift unter dies Abkommen neben jene von Ioan Cindrea, PSD-Kreisfilialeleiter und mittlerweile Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und soziale Solidarität.
Hans Klein, Vorsitzender des Hermannstädter Forums. Foto: Reinhold Gutt.
Hans Klein, Vorsitzender des Hermannstädter Forums. Foto: Reinhold Gutt.



Herr Klein, warum war ein solches Zusatzprotokoll überhaupt notwendig?

Weil wir einen Bürgermeister haben, der aus unseren Reihen kommt. Die Zusammenarbeit mit den Vertretern der jetzigen Regierungspartei im Bürgermeisteramt, im Lokalrat, ist daher eine ganz, ganz wichtige Angelegenheit. Als Klaus Johannis noch unser Forumskandidat für dies Amt war, gab es zunächst eine Absprache mit der Demokratischen Partei (PD) und der Bauernpartei (PNTCD), dass diese, im Falle des Falles, mit ihren künftigen Stadtratsmitgliedern unsere gemeinsamen Anliegen in diesem Gremium unterstützen. Nach dem Wahlausgang ergab sich so eine eindeutige Mehrheit für uns. Diese Mehrheitsverhältnisse haben sich allerdings im Laufe von nur zwei Jahren radikal geändert. Man kann nun darüber diskutieren, ob sich diese Änderungen mit rechten Dingen zugetragen haben oder nicht. Es ist aber ein Faktum: Die Mitglieder der Hermannstädter Bauernpartei sind in corpore zur Regierungspartei übergetreten, die beiden Stellvertreter von Klaus Johannis gehören mittlerweile gleichfalls diesem Lager an und haben so die Position der PSD im Lokalrat wesentlich gestärkt. Ohne diese Partei kann man demnach auch in Hermannstadt nicht mehr regieren.

Was wurde im Zusatzprotokoll in diesem Sinne festgeschrieben?

Wir sind zunächst übereingekommen, miteinander fortlaufende Gespräche zu führen über alle Dinge, die uns angehen. Zum Beispiel wird in Fragen der Bodenrückgabe seither einvernehmlich nach Lösungen gesucht, denn das Problem ist aus unserer Sicht immer noch nicht zufriedenstellend gelöst. Auch andere Initiativen der einen oder anderen Seite, vorneweg jene des Bürgermeisters werden vorab gemeinsam geprüft. So entsteht eine gesicherte Mehrheit bei Beschlussfassungen im Lokalrat - und das zum Wohle der Stadt.

Das Protokoll wurde im Bürgermeisteramt unterzeichnet. Wollte man damit auch signalisieren, dass man den Rücken des Bürgermeisters zusätzlich stärkt, zumal ihm die PSD früher des Öfteren in den Rücken fiel?

Vielleicht. Aber hauptsächlich ging es uns um eine effizientere Zusammenarbeit für die Stadt und den Kreis.

Warum haben für die PSD der Vorsitzende der Kreisfiliale und für das Forum lediglich der Vorsitzende der Stadt, also Sie, und nicht zumindest der Vorsitzende des Zentrumsforums Hermannstadt dieses Protokoll unterzeichnet?

Wie bekannt, gibt es zurzeit bei unserem Forum keinen Kreisvorsitzenden. In Siebenbürgen wurden seinerzeit meist Zentrumsforen gegründet, die sich nicht mit der administrativen Region, dem Kreis, decken. Auch deshalb werden wir demnächst mit den Mediaschern über die Gründung eines solchen Kreisgremiums beraten im Hinblick auf die nächsten Lokalwahlen und auf weitere politische Entscheidungen.

Wurden von daher die Mediascher aus diesem Zusatzprotokoll nun vorerst ausgeklammert? Anwesend bei der Unterzeichnung jedenfalls war kein Forumsvertreter aus der Kokelstadt.

Nein. Die Mediascher hatten schon vorab einen Beschluss gefasst, wonach wir, die Hermannstädter, allgemein im Falle von Verhandlungen auch in ihrem Sinne wirken sollten. Da es sich in diesem konkreten Fall um die Stadt und nicht um das Zentrumsforum Hermannstadt handelte, war man der Meinung, dass der DFDH-Vorsitzende - übrigens bin ich auch Lokalrat - dies Protokoll unterzeichnet. Aber möglicherweise wird ab Februar oder März ein Forumskreisvorsitzender in solchen Angelegenheiten agieren.

Was haben die Mediascher in das Protokoll eingebracht?

Sie drängten vor allem darauf, dass man ihre Einrichtungen unterstützt: die Küche auf Rädern, andere diakonische Initiativen, ferner die Schulbusse u.a.m. Ganz wichtig indes war ihnen, dass auch sie ihren Forumssitz demnächst kaufen können, anders gesagt, dass das Schullerhaus in den Besitz des Forums gelangt. Und das ist nun festgeschrieben.

Hätte hierfür das Rahmenprotokoll zwischen Forum und PSD auf Landesebene nicht ausgereicht?

Es könnte sein. Ich glaube nicht, dass wir damit den Rahmen all zu sehr sprengten, bloß hat man so manch ein Problem wieder aktualisiert und artikuliert, und einiges in der Zusammenarbeit mit den Regierungsvertretern ist auch tatsächlich besser geworden. Wir können unsere Wünsche nun entschiedener vorbringen, und man hört auf uns. Schließlich ist man sich bewusst, dass nicht mehr die Zahl der Mitglieder ausschlaggebend ist, sondern die der Wähler. Und da haben wir eben sehr viel mehr Macht, als wir Mitglieder haben. Das ist eine ganz neue Situation. Man fragt uns nicht mehr danach, wie viele Sachsen es noch gibt, sondern: Wie viele Wähler habt ihr?

Noch eine Frage zur Protokollunterzeichnung: Es gibt, wie auch im Falle der Vereinbarung auf höchster Ebene, desgleichen keine deutsche Fassung von diesem Abkommen. Warum?

Offenbar hat niemand daran gedacht. Jedoch auf unserer Mitgliederversammlung wurde das Protokoll öffentlich vorgestellt und eingehend diskutiert, auch den Forumssympathisanten haben wir es unterbreitet.

Was hat das Protokoll mittlerweile dem Mediascher oder Hermannstädter Forum gebracht?

Noch nicht viel. Aber für die Bevölkerung beider Zentren spielt es bereits eine wichtige Rolle. So konnten wir z.B. den Hermannstädter Friedhof mit dieser neuen Mehrheit wieder in die Verwaltung des Bürgermeisteramtes - wohin er ja eigentlich gehört - übergeben. Und sehr viel mehr wird in diesem Sinne noch erreichbar sein.

Sie sind also voller Hoffnung?

Ich glaube vor allem, dass damit unser Selbstbewusstsein gestärkt wurde. Wir haben lange Zeit gedacht, dass unser Wort in unserer Stadt nichts mehr zählt. Hinfort aber wird jeder unserer fünf Stadträte eine größere Bedeutung haben, und wenn es uns gelingt, bei den nächsten Wahlen noch mehr Leute in die Bürgerschaft zu bringen, dann bringt uns das noch einen weiteren Schub an Selbstbewusstsein, an Selbstvertrauen, überhaupt eine Stärkung unserer Foren.

Herr Klein, wir danken für das Gespräch.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 20. März 2003, Seite 3)

Weitere Artikel über die Haltung der Regierungspartei PSD gegenüber der deutschen Minderheit:

PSD blockiert Bürgermeister Johannis, Siebenbürgische Zeitung vom 5. April 2002

Deutsche Minderheit und Regierungspartei unterzeichnen Protokoll, Siebenbürgische Zeitung-Online vom 22. Juni 2002

Konflikt mit Regierungspartei beigelegt, Siebenbürgische Zeitung vom 19. Juli 2002

Hermannstädter unterzeichnen Protokoll, Siebenbürgische Zeitung vom 7. Dezember 2002

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