26. April 2003

Letzte "Lange Nacht" im Haus der Kunst

Vor kurzem fand im Münchener Haus der Kunst, in dem Ambiente von Gemälden aus den Sammlungen Schönborn-Buchheim (Wien) und Samuel von Brukenthal (Hermannstadt), unter dem Titel ?Barocke Sammellust? zu einer beeindruckenden Schau vereint, ein Ereignis der besonderen Art statt. Es war eine letzte ?Lange Nacht des Barock?, mit der sich Christoph Vitali, Direktor des Hauses, nach zehnjähriger Tätigkeit vom Publikum der bayerischen Landeshauptstadt verabschiedete.
Zu diesem Fest waren zahlreiche prominente Gäste erschienen, so der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger, mit dessen ?Gedichten über die Malerei? der Abend eingeleitet wurde. Prof. Wieland Schmied, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, sprach über die "Winterlandschaft" von Denis van Alsloot, ein Ölgemälde aus der Brukenthal-Sammlung, und Prof. Ben Willikens, Rektor der Akademie der Bildenden Künste, München, stellte ?Die Schmiede des Vulkan? von Johann Heiss vor, ein Meisterwerk des fränkischen Malers, das ebenfalls aus der Brukenthal-Galerie stammt. Weiterhin sprachen Sir Peter Jonas, Intendant der Bayerischen Staatsoper, München, die Schauspieler Axel Milberg und Stefan Hunstein, der Gastronom Michael Käfer, die Fotografin Herlinde Koelbl und andere Persönlichkeiten aus Kultur und Politik vor ihrem jeweiligen Lieblingsbild, wobei auch Fragen gestellt und mit dem Publikum diskutiert wurde.

Gleichzeitig und ebenfalls bis 2 Uhr nachts konnte auch die Ausstellung ?Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa und der Glückliche Winkel? besichtigt werden. Hier wie bei den barocken Gemälden gaben Cicerone ? Fremdenführer, benannt aufgrund eines scherzhaften Vergleichs mit dem römischen Redner Cicero ? den Besuchern Auskunft über Künstler und Werke.

Der Schweizer Christoph Vitali, der im Mai als neuer Direktor zur Fondation Beyeler nach Riehen bei Basel gehen wird, hatte in den letzten zehn Jahren im Haus der Kunst über 100 Ausstellungen konzipiert und veranstaltet, darunter 2001 die große Retrospektive eines beinahe vergessenen Siebenbürgers: ?Mattis-Teutsch und Der Blaue Reiter?. Ihm ist es zu verdanken, dass heute dieses Haus ?zu den ersten Adressen in Europa? gehört.

Es bleibt Christoph Vitalis besonderes Verdienst, das ?breite deutsche Publikum? auf renommierte, kaum bekannte und wenig erkannte Künstler und Kunstbestrebungen Ost- und Mitteleuropas aufmerksam gemacht zu haben, und so sollte an dieser Stelle noch einmal auf die bisher umfangreichste und bedeutendste Ausstellung der ?Avantgarden in Mitteleuropa, 1910-1930? erinnert werden. Sie war 2002 in München und danach in Berlin zu sehen, und neben großen Namen wie Kandinsky, Moholy-Nagy, Brâncusi, Gutfreund und Brauner waren hier auch zwei Siebenbürger gut vertreten: Hans Mattis Teutsch, als Maler, Grafiker, Bildhauer und Kunsttheoretiker und Henri Nouveau (Heinrich Neugeboren), von dem zwei Ölgemälde gezeigt wurden.

Mit Christoph Vitali, der kurz vor Mitternacht noch ?Kipfeli? servierte, die er ? der auch gut kochen kann ? zu diesem Anlass selbst gebacken hatte, geht in München eine Ära zu Ende. Sein Nachfolger, der Belgier Chris Decron, ?ein auf die Moderne eingeschworener Ausstellungsmacher?, kündigte bereits an, dass ab nun ?die Zeiten der langen Nächte? vorbei seien. Doch gerade diese und die originellen Ausstellungsgestaltungen und ergänzenden Inszenierungen haben dem Haus der Kunst brillante Besucher-Erfolge gebracht.

Claus Stephani



Ausstellungstipp: Noch bis zum 11. Mai 2003 zeigt das Haus der Kunst, Prinzregentenstraße 1, in München die Ausstellung ?Barocke Sammellust? mit Werken aus den Sammlungen Samuel von Brukenthals in Hermannstadt und Schönborn-Buchheim (Wien). Öffnungszeiten: täglich 10.00 bis 22.00 Uhr, Telefon: (0 89) 2 11 27-0.

Lesen Sie dazu auch die folgenden Artikel:

Meisterwerke des Brukenthalmuseums in München, Siebenbürgische Zeitung Online, 19. Januar 2003


Barocke Sammellust im Haus der Kunst zu München, Siebenbürgische Zeitung Online, 24. Februar 2003


Betrachtungen zur Brukenthal-Ausstellung in München, Siebenbürgische Zeitung Online, 30. März 2003


Barocke Sammellust aus Siebenbürgen, Siebenbürgische Zeitung Online, 13. April 2003

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