22. Mai 2003

Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg feiert 50-jähriges Bestehen

Linden erreichen nicht selten ein Alter von mehreren hundert Jahren. Vielleicht auch diese eine, die seit Ende März in Mannheimer Erde wurzelt, ein halbes Jahrhundert nachdem sich die Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg (bis 31. Dezember 1986 noch Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg) im Mai 1953 im Gasthaus Landkutsche gegründet hat. Das Lindengewächs ist eine landsmannschaftliche Spende an die Stadt und ihre Bürger. Eine Geste des Dankes für erfahrene Mitmenschlichkeit, auch ein Symbol für eine gedeihliche gemeinsame Zukunft, die auf dem Boden verbindlicher Werte fest gegründet ist. Am 10. Mai feierte die Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg ihr 50-jähriges Bestehen.
Dem besonderen Anlass entsprechend, füllten 350 Festgäste am Samstagnachmittag die Kulturhalle Mannheim-Feudenheim bis auf den letzten Platz. Vor Ort erstatteten diverse Medienvertreter Bericht. Sie alle, Festgemeinde und Ehrengäste, hieß Johann Wester, Vorsitzender der Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg, in seiner Begrüßungsansprache herzlich willkommen, allen voran den Oberbürgermeister von Mannheim, Gerhard Widder, den Ehrenvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, Dr. Wolfgang Bonfert mit Gattin, Dipl.-Ing. Arch. Volker E. Dürr, den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, Dekan Hermann Schuller sowie den Vorsitzenden der Landesgruppe Baden-Württemberg, Alfred Mrass mit Gattin.

Dem Stadtoberhaupt und Schirmherrn der Festveranstaltung, Oberbürgermeister Widder, zugewandt, sprach Wester seine tiefe Dankbarkeit aus für die jahrzehntelange Unterstützung von Seiten der Stadt und verwies nicht zuletzt auf die südöstliche Ortsumgehung Feudenheim-Wallstadt, die seit 1994 den Namen „Siebenbürger Straße“ trägt. Dafür, „dass die Integration unserer Landsleute im Rhein-Neckar-Raum gut gelungen ist, dass wir von der Bevölkerung freundlich aufgenommen wurden und hier an Rhein und Neckar unter liebenswerten Menschen eine neue Heimat finden durften, sind wir der Bevölkerung des Rhein-Neckar-Kreises zu Dank verpflichtet.“ Johann Wester verlas in seiner Begrüßung auch die Glückwunschschreiben des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, sowie von Dr. h.c. Hans Bergel.
Bundesvorsitzender Dürr (links) ehrt im Anschluss an seine Festrede den Kreisgruppenvorsitzenden Hans Wester (Bildmitte) und den Mannheimer Oberbürgermeister Gerhard Widder (rechts). Foto: Karl-Heinz Widder
Bundesvorsitzender Dürr (links) ehrt im Anschluss an seine Festrede den Kreisgruppenvorsitzenden Hans Wester (Bildmitte) und den Mannheimer Oberbürgermeister Gerhard Widder (rechts). Foto: Karl-Heinz Widder

Mit berechtigtem Stolz teilte der seit 1984 amtierende Kreisgruppenvorsitzende Wester mit, dass rechtzeitig zum Jubiläum eine aufwändig gestaltete Festschrift erschienen ist, die Entstehung und Entwicklung der Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg dokumentiert.

Wahren „Löwenmut“ bescheinigte Oberbürgermeister Widder in seinem Grußwort den Pionieren der ersten Aussiedlergeneration, die vor fünfzig Jahren die Kreisgruppe aus der Taufe gehoben haben. Andererseits hätte die einheimische Bevölkerung durch ihre Bereitschaft zur Aufnahme der Flüchtlinge etwas geleistet, das „zum Achtungswürdigsten der deutschen Nachkriegsgeschichte“ zähle. Dass die Heimatvertriebenen aus Siebenbürgen genau wie die Bevölkerung des Rhein-Neckar-Raumes Toleranz, Liberalität und Freiheitswillen hochhielten, sei der Integration förderlich gewesen. Die Ende März erfolgte Einpflanzung der „landsmannschaftlichen“ Linde deutete Widder als Ausdruck des erdverbundenen Heimischseins der Siebenbürger Sachsen in der Quadratestadt Mannheim, in der heute 168 Nationen friedlich zusammenlebten. Nachdrücklich würdigte der Oberbürgermeister: „Als Bindeglied zwischen neuer und ehemaliger Heimat tragen Sie bunte Vielfalt in unsere Städte hinein.“ In Wahrnehmung dieser Brückenfunktion könnten die Siebenbürger bei der EU-Osterweiterung noch eine wichtige Rolle spielen. Denn ihre friedliche Koexistenz mit anderen Völkern empfehle sich als „ein gutes Beispiel für die Welt von heute“.

Grüße im Namen des Vorstands des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland übermittelte Dekan Hermann Schuller, ehedem Pfarrer in Mannheim. Wie der Dekan dankbar feststellte, sei die kirchliche Integration der Landsleute in Mannheim in besonderer Weise gelungen. Immerhin wirkten seinerzeit vier Pfarrer aus Siebenbürgen in 42 Pfarrgemeinden. Dekan Schuller rief dazu auf, die Diaspora-Kirche in Siebenbürgen weiterhin nach Kräften zu unterstützen.

Für den Festredner dieser Jubiläumsfeier, den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, war das 50-jährige Bestehen der Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg Grund zur uneingeschränkten Freude, gleichzeitig aber auch Anlass zu einer nüchternen Bestandsaufnahme. Dürr erinnerte an die Gründungszeit der Kreisgruppe, an die Solidarität der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Just in jenen Jahren habe man mit dem Soforthilfegesetz (1949), dem Lastenausgleichsgesetz (1952) und dem Bundesvertriebenengesetz (1953) „das Fundament geschaffen, auf das die Bundesrepublik Deutschland ihren Beitrag zu einem geeinten Europa gründet“. Solidarisch habe sich die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, in welche die Kreisgruppe seit nunmehr einem halben Jahrhundert eingegliedert ist, eingebracht in die „Aufbau- und Integrationsleistung einer pluralistischen Gesellschaft hier in Deutschland“. Darüber hinaus habe die Landsmannschaft durch humanitäre Hilfeleistungen in Siebenbürgen „zum Aufbau eines friedlich und freiheitlich zusammenwachsenden Europas beigetragen“. Dennoch gebe es mittlerweile Landsleute, die mit den Leistungen des Verbandes auf Bundes-, Landes- und Kreisebene wenig anzufangen wüssten. Ist der Verband, so fragte der Bundesvorsitzende selbstkritisch, ein Auslaufmodell?

Anhand aktueller Problemstellungen machte der Festredner in der Folge deutlich, dass die engagierte Interessenvertretung seitens des Verbandes auch künftig alternativlos bleibt. Wenn im Zuwanderungsgesetz, das sich noch im parlamentarischen Verfahren befindet, „die vermeintliche Privilegierung der deutschen Zuwanderer“ aufgehoben zu werden droht, oder wenn gegen die drastischen Rentenkürzungen um 40 Prozent (auf der Grundlage des 1996 verabschiedeten Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes, „wodurch inzwischen zahlreiche Landsleute zu Sozialhilfeempfängern gemacht worden sind“) angegangen werden soll, ist der Verband auf den Plan gerufen, durch eigene Initiativen zu intervenieren: „Mit der 1997 von der Landsmannschaft ins Leben gerufenen Interessengemeinschaft gegen die Fremdrentenkürzungen bemühen wir uns, auf dem bisher erfolgreich beschrittenen Rechtsweg den hiervon betroffenen Landsleuten zu ihrem Recht zu verhelfen.“

Auch im Falle des in seiner Existenz bedrohten Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim mit seinen über 15 000 Exponaten sowie weiterer identitätsstiftender siebenbürgisch-sächsischer Einrichtungen bemühe sich die Landsmannschaft mit Nachdruck um langfristige Lösungskonzepte. „Ohne diese Einrichtungen, die dankenswerterweise auch vom Land Baden-Württemberg finanziell unterstützt werden, ist die kulturelle Identitätserhaltung unserer Landsleute auch in Siebenbürgen gefährdet“, fügte der Bundesvorsitzende hinzu und dankte in diesem Zusammenhang dem Mannheimer Oberbürgermeister Widder, der 1987 die Schirmherrschaft für die Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage übernommen hatte. Überdies ist Mannheim am 3./4. Oktober 2003 Austragungsort für den Verbandstag der Siebenbürger Sachsen - zum zweiten Mal nach 1959 (u.a. auf dem Programm ein Auftritt der Theatergruppe der Kreisgruppe Mannheim mit Doris Hutters Stück „Kathi, schau nach vorn!“. Bei den nachfolgenden Kulturtagen in Speyer wird das Jugendsinfonieorchester Bruchsal unter der Leitung von Professor Heinz Acker, einem gebürtigen Hermannstädter, konzertieren). „In Würdigung seines Engagements bei der Einbeziehung siebenbürgischer Anliegen in das Geschehen der Stadt sowie der tatkräftigen Unterstützung landsmannschaftlicher Arbeit in Mannheim“ verlieh der Bundesvorsitzende Volker Dürr dem Oberbürgermeister von Mannheim, Gerhard Widder, das Goldene Ehrenwappen mit Urkunde.

Ebenfalls mit einer Urkunde geehrt wurde die Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg, die „dank ihrer außergewöhnlichen Leistungen für die Festigung und Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft im baden-württembergischen Umfeld beispielhaft gewirkt“ hat. Johann Wester nahm stellvertretend die Auszeichnung entgegen. Von Seiten des Landesvorstandes überreichte der Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg, Alfred Mrass, dem Kreisgruppenvorsitzenden ein Fotoalbum zur Dokumentation künftiger Aktivitäten seiner Kreisgruppe sowie einen Scheck. Das an die Reden anknüpfende Programm schildert Pressereferentin Ilse Rampelt in ihrem Bericht in der Rubrik „Aus dem Verbandsleben“.

Ihren 50. Geburtstag feiern in diesem Jahr auch die Kreisgruppen in Köln, Oberhausen, Reutlingen und Wolfsburg.

Christian Schoger



Über das die Reden begleitende Unterhaltungsprogramm informiert Sie morgen in Sbz-Online die Pressereferentin der Kreisgruppe Mannheim-Heidelberg, Ilse Rampelt.

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