26. März 2001

Ehrgeizige Vorhaben im Fremdenverkehr

Rumäniens neuer Tourismusminister Dan Matei Agathon gab sich vor der internationalen Presse auf der weltgrößten Tourismusveranstaltung - der ITB - in Berlin kämpferisch: "Bis zum Jahresende werden wir die letzten 51 Tourismusunternehmen privatisiert haben." Selbstbewusst fügt er hinzu: "Ich weiß, wovon ich rede. Ich war bereits von 1992 bis 1996 in dieser Position. Damals haben wir 48 Prozent der Tourismusunternehmen verkauft. Unter der Mitte-Rechts-Regierung waren es dann in den letzten vier Jahren nur noch acht Prozent."
Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, soll umgehend im Parlament ein Sondergesetz eingebracht werden. Es verkürzt gegenüber dem geltenden Privatisierungsgesetz die Fristen, lässt Ausschreibungen über das Internet zu und überträgt die gesamte Verantwortung dem Tourismusministerium. Minister Agathon ist zuversichtlich, dass sich die erforderlichen Investoren - auch aus Deutschland, wie er betonte - finden werden.


Rumäniens Tourismusminister Dan Matei Agathon vor der Presse in Berlin.
Rumäniens Tourismusminister Dan Matei Agathon vor der Presse in Berlin.



Finden auch für die Projekte, mit denen er die Medienvertreter verblüfft: Ein neues Seebad "Europa" an der Schwarzmeerküste. Auf 250 Hektar sollen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels mit 12 000 Betten, ein Feriendorf, ein Kasino, eine Marina für Wassersport und Anleger für Ausflugsfahrten auf das Schwarze Meer sowie Fotosafaris in das Donaudelta entstehen. Für eine Machbarkeitsstudie stellt die EU in diesem Jahr drei Millionen Euro zur Verfügung. Zur Umsetzung des Projektes - dessen Abschluss innerhalb dieser Legislaturperiode vorgesehen ist - wird die Europa SA gegründet. Für die Bauten im traditionellen rumänischen Stil - aber modern, wie der Minister betonte - soll es einen internationalen Wettbewerb geben. Er sei überzeugt, dass die internationalen Hotelketten in dieses Projekt einsteigen werden.
Ein Vergnügungspark "Dracula" soll zudem irgendwo zwischen Schäßburg und der Törzburg aufgebaut werden, ist aber in der Regierung nicht unumstritten, wie der Minister einräumt. Erste Veröffentlichungen haben bereits zu Bodenspekulationen geführt. Doch der Umstand, das auf der Tourismusmesse in Berlin mehrere tausend "Draculazähne" in zwei Stunden vergriffen waren, hat den PDSR-Politiker in der Auffassung bestärkt, dass für einen solchen Park, dessen Errichtung und Betrieb einer internationalen Fachfirma übertragen werden müsste, Bedarf vorhanden wäre.
Ein neues Skigebiet soll in der Region Predeal-Azuga auf 500 000 Quadratmetern entstehen. Hier sollen auf 15 Kilometern Langlaufloipen angelegt und Schneekanonen angeschafft werden, um von der Witterung unabhängig zu sein. Die Wintersportorte Sinaia, Schulerau, Azuga und die Hohe Rinne sollen mit EU-Mitteln modernisiert werden. Erste Rodungsarbeiten seien bereits angelaufen, gab der Minister bekannt.
In einem Skandal um die Privatisierung in der Schulerau wird derzeit von der Justiz ermittelt. Das Ergebnis müsse abgewartet werden, so Minister Agathon. Ein Ausschuss aus Regierungsvertretern und Mitarbeitern der Lokalbehörden erstelle derzeit ein Konzept für die künftige Gestaltung der Tourismusregion Kronstadt.
An der Schwarzmeerküste will der neue Minister alle nicht genehmigten Bauten abreißen lassen. Zudem seien Lokalbehörden und Hotelbetreiber angewiesen worden, unverzügliche Säuberungsaktionen zu starten und die Fassaden bis zur Sommersaison neu streichen zu lassen.
Zur Verbesserung der Ausbildung der im Tourismus Beschäftigten wird die international renommierte Hotelfachschule aus dem schweizerischen Dijon noch in diesem April einen Ableger in Bukarest eröffnen. Die neue Schule soll für ganz Mitteleuropa zuständig sein. Die Ausbildungsnormen sollen allgemein neu gefasst und europäischem Standard angepasst werden.
Ein neues Tourismusgesetz ist in Vorbereitung. Es überträgt de Zuständigkeit für die Zertifizierung aller Tourismusorte dem Ministerium. Auch dabei sollen internationale Normen beachtet, die Rechte der Tourismusregionen sollen neu kodifiziert werden.
Mit 5,8 Millionen Gästeunterkünften hielt sich der Tourismus in Rumänien im Jahr 2000 auf gleichbleibendem Niveau (plus 0,8 Prozent gegenüber 1999). Aus Deutschland kamen rund 255 000 Gäste - ein Zuwachs von 2,5 Prozent. Für das laufende Jahr erwartet der C & N Konzern (Neckermann) eine Verdoppelung der Kundenzahlen für die Schwarzmeerregion. Der Reiseanbieter IST (Rewe) wird Rumänien das nächste Jahr anbieten. Mit TUI will der rumänische Minister verhandeln. Zugute kommt ihm dabei eine Erhöhung der Mittel für Tourismuswerbung auf vier Millionen Mark, die es ermöglichen, neue Repräsentanzen in Budapest, Prag und Kopenhagen zu eröffnen. Das gesamte Werbematerial wird überarbeitet.
Die rumänische Tourismuswirtschaft erzielte in der ersten drei Quartalen des Vorjahres einen Umsatz von 460 Millionen Dollar und damit einen Anteil von zwei Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Mit 75 000 Arbeitsplätzen sind rund 1,5 Prozent der abhängig Beschäftigten Rumäniens im Fremdenverkehr tätig. Weitere 1 700 Arbeitsplätze könnten durch ein Projekt der EU entstehen, das es mit einem Aufwand von fünf Millionen Euro ermöglichen soll, bis zu tausend Bauernhöfe für den Argrartourismus umzugestalten. Zuversichtlich stimme, so Agathon, auch das zunehmende Engagement der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Bereich des rumänischen Tourismus.

Horst Schinzel

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