8. September 2003

Siebenbürger bezwingen höchsten Berg Europas

Der Elbrus liegt im Kaukasus und ist mit seinen 5 642 m die höchste Erhebung Europas. Mitgliedern der Alpingruppe Adonis der Sektion Karpaten des DAV ist es am 1. August 2003 unter der Leitung von Vladimir Noggaler gelungen, den Berg zu besteigen, was den Teilnehmern viel Willens- und Glaubenskraft abverlangte.
Vladimir, begleitet von seiner Frau Tatiana und seinem Sohn Ilia (17), hatte zu dieser Hochtour eingeladen. Neun Personen, davon sechs Mitglieder der Sektion Karpaten, nahmen daran teil. Vladimir hat seine Bergausbildung in der Elbrus Region gemacht, war schon fünf Mal auf dem Elbrus. Er lebt jetzt in München und ist Mitglied unserer Sektion. Seine Erfahrung war entscheidend für den Erfolg und die gute Organisation der Unternehmung. Nicht alles lief rund, da sich die Bedingungen in Russland nicht immer mit westlichen Maßstäben messen lassen. Die Unzufriedenheit einiger Mitglieder wirkte sich negativ auf das Gruppenklima aus, doch der Optimismus der andern siegte in den meisten Fällen.

Die Kaukasuskette, 800 km lang, liegt zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer in der Kabardino Balkarischen Autonomen Republik, die zu Russland gehört. Über dem Hauptkamm verläuft die Grenze zu Georgien. Die Alpinbase Elbrus im Adylsu Tal war unser Ausgangspunkt. Die Eingehtour machten wir auf dem Kaschkatasch Gletscher, wo Vladimir Eisgehen und Eisklettern vortrug. Am nächsten Tag führte uns der Weg über blühende Wiesen mit unzähligen Blumenarten auf ein 2 800 m hohes Plateau, „Grünes Biwak“ genannt. Hier schlugen wir die Zelte in aller Eile auf, weil der Regen einsetzte, der die ganze Nacht anhielt. Unser nächstes Gipfelziel hieß Gumatschi, ein 3 800 hoher Berg. Über einen Mörenenrücken gelangten wir auf den Gletscher und kletterten über einen Grat zum Gipfel. Der Abstieg erfolgte über einen schmalen Schneegrat, wo wir zwei Seillängen (100 m) sicherten. Der ununterbrochene Regen in der zweiten Nacht machte einige Zeltböden wasserdurchlässig. Wir beschlossen, zur Alpinbase zurückzukehren.

Von dem Hauptkamm, auf dem wir uns befanden, ist der 10 km nördlich entfernte Elbrus gut zu sehen. Ein wahrer Riese, der trotz seinen geschmeidigen Form das Landschaftsbild dominiert. Da die Wetterbeobachtungen Vladimirs Gutes voraussagten, beschloss er, den Gipfel in Angriff zu nehmen. Somit fuhren wir zur Asau-Wiese, um von dort mit zwei Seilbahnen und einem Sessellift zur Garabatsch-Wiese, 3 700 m, zu gelangen. Hier gibt es mehrere Übernachtungsmöglichkeiten in Fässer ähnlichen Gebäuden. Wir setzten unseren Weg fort, der nun nur noch über Gletscher führte, zur „Prijut 11“ Hütte. Statt der alten Hütte, die 1998 abgebrannt war, stehen dort heute zwei „Privatschuppen“ mit jeweils 35 Übernachtungsmöglichkeiten. Vladimir hatte die Plätze rechtzeitig reserviert. Angesichts der geringen Kapazitäten müssen hingegen sehr viele Bergsteiger aus aller Welt zelten. Um der Höhenkrankheit vorzubeugen - ab 5000 m sinkt der Luftdruck auf die Hälfte des Normaldrucks -, empfiehlt sich eine weitere Eingehtour. Das taten wir auch und stiegen am kommenden Tag auf 5000 Meter an und kehrten zurück zur „Prijut 11“ Unterkunft. Die Versuchung, in Richtung Gipfel zu gehen, war da, weil er optisch zum Greifen nahe scheint. Eine gewaltige Täuschung, wie wir nächsten Tag feststellen sollten.

Um 1 Uhr in der Früh klingelte der Wecker. Eine Stunde später, nachdem wir Tee getrunken und eine Kleinigkeit gegessen hatten, machten wir uns auf den Weg zum Elbrus. Der Himmel hing voller Sterne, der steile Hang voller Lichter der Stirnlampen, die sich wie Perlenketten aneinander reihten. Vladimir führte uns in Schlangenlinie in einem angemessenen Tempo den Hang hinauf, der keine bergsteigertechnische Schwierigkeiten aufweist. Im Jahr 1829 betrat der erste Mensch den höchsten Punkt des Kaukasus, 1890 erstellte der russische Militärtopograph die erste physikalische Karte. Adelheid kehrte nach einer Stunde Marsch zurück, nicht wegen der fehlenden Kondition, sondern weil es ihre innere Stimme befohlen hatte. Bei 5 200 m musste auch Tatiana zurückkehren, da sie anfällig auf die Höhenkrankheit reagiert. Im Sattel, auf 5 400 m, machte auch Ilia kehrt, weil seine Kräfte nachgelassen hatten. Detlef und Dirk setzten sich ab und erreichten nach 7½ Stunden den Gipfel. Der Rest der Gruppe, Vladimir, Rudi, Karin, Egin und meine Wenigkeit, standen eine Stunde später auf dem Westgipfel des Elbrus, 5 642 m, dem höchsten Berg Europas. Nur wenige Quellwolken hingen am Himmel. Somit war der Blick frei auf die Kaukasuskette, die mit ihren zwei höchsten Gipfel die Uschba, 4 696 m, und die Schchelda, 4368 m, prangte. Das Gipfelfoto mit der Vereinsfahne als Zeichen der Verbundenheit mit unseren Gruppen- und Sektionsfreunden, war ein ergreifender Moment. Noch einmal ist die „Eroberung des Sinnlosen“ zur Befriedigung des Geistes geworden. Unvergessen bleiben der Sonnenaufgang, das Spiel des Nebels mit den Sonnenstrahlen und Gipfelkuppen, der gewonnene Kampf mit sich selbst und die Erkenntnisse menschlichen Verhaltens.

Zurück im Elbrusbasislager, beschlossen wir, einen weiteren Berg zu besteigen, den Elefanten, 4271 m, dessen Form einem Elefantenkopf ähnelt. Wir zelteten beim „roten Biwak“, doch es regnete und schneite wieder die ganze Nacht. Der Weg Richtung Gipfel führte durch einen sehr großen zerklüften, wilden Gletscherbuch mit scheinbar endlos tiefen Spalten. Da eine Nassschneelawine uns warnte weiter zu gehen, brachen wir die Tour ab.

Auf dem Rückflug besichtigten wir zwei Tage lang St. Petersburg. Die 5 Millionen Metropole, die unlängst ihren 300. Geburtstag feierte, beeindruckt mit ihren unzähligen Sehenswürdigkeiten und Menschenmassen auf den breit angelegten Boulevards.

Teilnehmer der Tour waren als Gäste Hans Ritschmann, Iosef Heinl, Rudolf Dürr, sowie die Sektionsmitglieder Vladimir, Tatiana und Ilia Noggaler, Karin und Egin Scheiner, Adelheid Breckner, Dirk Nägler, Detlef Schlosser und Reinhold Kraus. Ein Riesenkompliment an die Ältesten der Gruppe: Rudi (68) und Egin (63).

Reinhold Kraus




Glückwunsch - Den Bergsteigern der Alpingruppe "Adonis" unserer Sektion gratulieren wir für die erfolgreiche Ersteigung des Westgipfels des Elbrus, 5 642 m, im Kaukasusmassiv. Zu den fernerhin geplanten Expeditionen auf höhere Gipfel wünschen wir ihnen beste Erfolge und viel Glück!

Rick Schuller, Sektion Karpaten des DAV


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