Die Idee eines siebenbürgenspezifischen Verlagsprogramms liegt nahe. Schließlich sind die beiden Gründer des Johannis Reeg Verlages (der Name fußt auf einer historisch belegten Verballhornung des Hermannstädter "Hundsrücken") gebürtige Hermannstädter. Dagmar Zink, Jahrgang 1948, besuchte in ihrer Heimatstadt das Gheorghe-Lazar-Lyzeum, studierte in Klausenburg Anglistik und Germanistik und arbeitete in der Folge als Englischlehrerin. Nach ihrer Ausreise in die Bundesrepublik (1985) schulte sie zur Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch und Spanisch um, arbeitete zunächst als Chefsekretärin, dann in der Seminarorganisation. Dr. Klaus Weinrich (Jahrgang 1966) übersiedelte nach Besuch des Brukenthal-Lyzeums im Jahre 1984 in die Bundesrepublik, wo er, im Anschluss an ein Mathematikstudium, in Tübingen in der Geschichte der Naturwissenschaften promovierte und seither in einem Schulbuchverlag als Verlagslektor tätig ist. Dem neuen Projekt, das sich erst in der Anlaufphase befindet, widmet er sich derzeit noch nebenberuflich. Immerhin gibt es schon zwei Neupublikationen zu vermelden: als Nachdruck der 1922 erschienene „Klassiker“ der populären Hermannstädter Geschichtsschreibung und Volkskunde von Emil Sigerus, Vom alten Hermannstadt; außerdem der Alt-Hermannstadt-Kalender Treppen, Tore, Türme.


Vom alten Hermannstadt ist eine Fundgrube für alle an Hermannstadt Interessierten. Im Kontext von Geschichte und Kultur erfährt der Leser Wissenswertes über das Leben der Menschen im Hermannstadt vergangener Epochen. Selbst Altbekanntes lässt sich dabei neu entdecken: Wie kam das „blaue Stadthaus“ zu seinem Namen? Warum stand die Nepomuk-Statue nicht in der Mitte des Großen Ringes? Was war ein „Turnermeister“? - Fragen über Fragen, die eine Lesereise in die Stadt am Zibin auch heute noch lohnen. Mit diesem „Debüt-Band“ verknüpfen die beiden Verleger die Absicht, "der Stadt und Sigerus selbst (der in unserer Schulzeit totgeschwiegen wurde) ein Denkmal zu setzen".

Weiterhin im Programm (seit diesem Herbst) ist der Kalender Treppen, Tore, Türme für 2004 mit Ansichten von Alt-Hermannstadt. Ferner planen Zink und Weinrich Buchprojekte, "die das Leben der Menschen in Siebenbürgen und in Deutschland, ihre Erinnerungen an die alte Heimat und ihren Lebensweg in der neuen Wahlheimat darstellen sollen". Schließlich wurde der Bucherfolg Blick zurück durchs Küchenfenster von Dagmar Dusil in seiner vierten Auflage in das Verlagsprogramm aufgenommen.


Gefragt nach den faktischen Motiven dieser Risikounternehmung, bekennen sich die Philologin und der Naturwissenschaftler unumwunden zu ihrer Heimatliebe. Der Johannis Reeg Verlag möchte, erklärt das Verlegergespann unisono, mit seinem Programm "dazu beitragen, das Image Hermannstadts zu verbessern, das 'wahre Gesicht' der Stadt am Zibin und Siebenbürgens, seiner 800-jährigen Kultur, bekannt zu machen", auf "dass die Worte von Emil Sigerus vielleicht doch nicht in Erfüllung gehen: 'Bald – und alle sind vergessen / Bald – und alles ist vergessen.'" Auch Übersetzungen wenig bekannter Werke aus dem Deutschen ins Rumänische sind geplant, da, so Weinrich, im postrevolutionären Rumänien ein großer Bedarf an vornehmlich wissenschaftlicher Literatur aus dem Westen bestehe. Auf weitere interessante Publikationen darf man also gespannt sein.

Christian Schoger

Emil Sigerus: Vom alten Hermannstadt, Nachdruck der Ausgabe 1922, mit einem Geleitwort von Thomas Nägler, 263 Seiten, 21 Abbildungen, fester Einband, ISBN 3-937320-01-6, Preis: 14 Euro, zuzüglich Versandkosten.

Treppen, Tore, Türme - Ansichten von Alt-Hermannstadt – Kalender 2004, Format: 10,5 x 23 cm, ISBN 3-937320-70-9, Preis: 7,50 Euro, zuzüglich Versandkosten.

Verlagsanschrift: Johannis Reeg Verlag, Michael-Vehe-Straße 19/1, 74078 Heilbronn, Telefon: (0 70 66) 9 11 80 89, Fax: (0 70 66) 91 20 59, E-Mail: service@johannis-reeg-verlag.de.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2003, Seite 8)