20. September 2003

Leserecho: "Schluss mit der falschen Nostalgie!"

Der Artikel "Heimat heute - die Erkundung eines Lebensgefühls. Amerikaner und Siebenbürger wandeln auf den Spuren ihrer Vergangenheit", Siebenbürgische Zeitung vom 31. Juli 2003, Seite 9, greift ein aktuelles Thema auf. Darauf bezieht sich Kunigunde Jakob in einem Leserbrief und stellt dezidiert fest: "Unsere wahre Heimat ist Deutschland."
"Heimat", heißt es im Volkslexikon, "ist Geburtsort, auch Verbundenheit mit einem bestimmten Ort, der Wahlheimat". Somit haben die Befragten recht, wenn sie Heimat als Geburtsort bezeichnen. Unsere wahre Heimat jedoch ist Deutschland, unsere Wahlheimat. Wir als Deutsche fühlen uns unserem Volk zugehörig, so wie jeder Rumäne dies zu Hause tut. Zur selben Sprache, den Sitten, Liedern usw. kommen derselbe Glauben und dasselbe Empfinden hinzu. Noch mehr als das Heimatgefühl bedeutet für uns hier in Deutschland, dass wir frei sind, das zu tun und zu lassen, was wir wollen und können, uns nach unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten zu entwickeln und zu entfalten und ein menschenwürdiges Dasein zu führen, ohne das Gefühl zu haben, als Minderheit unterdrückt und kleingehalten zu werden, keine Wohnung zu bekommen und oft nicht einmal Wasser zum Kultivieren zu haben.

Wenn jeder am Anfang auch Schwierigkeiten hatte, Prüfungen, Staatsexamen wiederholen, umschulen, ein Ergänzungsstudium aufnehmen musste, so haben wir dies gerne getan. Wir kamen aus einem Land, das 50 Jahre zurückgeblieben war, in unsere hochtechnologisierte Heimat und mussten dazu lernen und uns anpassen.

Zum Heimatgefühl gehört auch das Zusammentreffen mit Freunden und Schulkameraden und das Austauschen von schönen Erinnerungen. Es gehört ebenso dazu, dass die ganze Familie beisammen ist und kein Mitglied am Geburtsort verblieben ist. Heimatgefühle für Siebenbürgen empfindet man jedoch heute nicht mehr, wenn man die alte Heimat besucht. Es hat sich alles geändert, man sieht nur fremde Gesichter, die Behörden, Verkäufer usw. sind alle rumänisch.

Heimatgefühle und Heimweh kann auch keiner empfinden, der Videokassetten über Siebenbürgen sieht, auf den Dörfern verfallene Häuser und Straßen, vernachlässigte Felder. Heimweh hat ein Siebenbürger, der schon einige Jahre in Deutschland lebt, heute nicht mehr. Er ist froh, zu Hause zu sein und eine neue, gute Existenz zu haben.

Auch Amerikaner, mit denen ich am Rande ihrer Chorvorstellungen gesprochen habe, empfinden kein Heimatgefühl in Bezug auf Siebenbürgen mehr. Die meisten von ihnen sprechen nur Englisch. Wenn sie auf Besuch fahren, um die Gräber ihrer Vorfahren zu suchen, finden sie sie nicht mehr.

Deswegen: Schluss mit der falschen Nostalgie! Wir würden uns in einem fremden Land nie wieder heimisch fühlen! Wir dürfen nicht Vergangenem nachhängen, wir brauchen unsere Kraft für hier und heute in unserer richtigen Heimat.

Wir sind Heimkehrer und keine Zugereisten oder Rumänen. Kein Engländer würde seinen Landsmann, der aus den früheren Kolonien in Indien oder Hong Kong zurückkehrt, einen Inder oder Chinesen nennen.

Kunigunde Jakob, Tapfheim


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2003, Seite 15)

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