17. Mai 2001

Schauspielerin Margot Göttlinger gestorben

Margot Göttlinger ist tot. Im 81. Lebensjahr, gezeichnet von einer schweren Krankheit, ist sie von uns gegangen. Wie kaum eine andere Schauspielerin war sie verbunden mit dem Schicksal der deutschen Theater Siebenbürgens. Als Zwanzigjährige, bereits Absolventin einer Berliner Schauspielschule, kam sie nach Hermannstadt an das „Landestheater“, wo sie eine der bedeutendsten Darstellerinnen war. Siebenbürgen wurde ihr zur zweiten Heimat.
„Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze“, hat Schiller geschrieben und damit die Sonderstellung des Bühnenschauspielers neben der anderer Künstler fixiert. Dichter und Schriftsteller hinterlassen Tausende von Seiten, die Musik Mozarts lässt sich Hunderte von Jahren nach seinem Tod bis in die kleinsten Nuancen neu beleben, Dürers und Rembrandts Werke hängen wohlbehütet in Museen, ja selbst die Großen Pianisten und Geiger unserer Zeit hinterlassen konkrete Beweise ihrer Kunstfertigkeit. Sie alle bauen an der gigantischen Pyramide menschlichen Kulturerbes.
Wie klein, wie bescheiden kommt der Schauspieler daher. Er verleugnet seine eigene Persönlichkeit, um in die Gestalt, in die Seele erfundener Figuren zu schlüpfen. Er hat kein anderes Instrument als sich selbst, seine Stimme, seine Ausdruckskraft. Dafür freilich wird ihm ein Geschenk zuteil, das keinem Anderen gegeben ist: Er darf in seinem Bühnendasein unendlich viele Leben leben. Er ist König und Bettler, Gelehrter und Idiot, Jungfrau und Dirne. Er öffnet sein Inneres Gefühlen, die außer ihm kein Sterblicher in dieser Breite, in dieser Intensität erleben kann. Und dieses Wunder entsteht jeden Tag aufs Neue und schlägt Hunderte in Bann.
Doch eines Tages zerbricht das Instrument. Die Saiten springen. Das Gefühl wird ausgelöscht. Die menschlichste, weil vergänglichste der Künste verlischt. Die Erinnerung währt eine Generation vielleicht, vielleicht auch nicht: „Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze.“
Margot Göttlinger ist tot. Im 81. Lebensjahr, gezeichnet von einer schweren Krankheit, ist sie von uns gegangen. Zurückgezogen, fern der Bühne.
Wie kaum eine andere Schauspielerin war sie verbunden mit dem Schicksal der deutschen Theater Siebenbürgens. Als Zwanzigjährige, bereits Absolventin einer Berliner Schauspielschule, kam sie nach Hermannstadt an das „Landestheater“, wo sie eine der bedeutendsten Darstellerinnen war. Siebenbürgen wurde ihr zur zweiten Heimat. Sie heiratete, brachte drei Söhne zur Welt.
All die Höhen und Tiefen der folgenden Nachkriegsjahre musste sie durchleben. Nach der Auflösung des Landestheaters zog sie nach Schäßburg, wo sie in denkwürdigen Aufführungen mit Schülern der Bergschule Theater spielte, in einer Zeit, wo es fast unmöglich schien, das deutsche Wort auf die Bühne zu bringen.
Als 1953 in Temeswar und 1956 in Hermannstadt endlich wieder deutsche Theater ins Leben gerufen werden durften, war Margot Göttlinger von Anfang an dabei. Sie spielte wichtige Rollen und begann Regie zu führen. Ihr „Faust“ ist unvergesslich.
Nach fast fünfzig Jahren unermüdlichen Schaffens für das deutsche Theater Siebenbürgens, für die Pflege der deutschen Sprache, kehrte Margot Göttlinger in ihre Heimat zurück. Still und zurückgezogen lebte sie mit ihrer Vergangenheit.
Ebenso still und zurückgezogen hat sie unsere Welt verlassen. Siebenbürgen ist ihr zu Dank verpflichtet. Kollegen und Zuschauer werden sie nicht vergessen.

Hanns Schuschnig

Bewerten:

1 Bewertung: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.