23. November 2003

Ausgabe von bibliophilem Wert: Georg Schergs "Piranda"

Georg Scherg: "Piranda. Gedichte". Kunstdruckband. Mit einem einleitenden Essay von Hans Bergel: "Georg Schergs poetische 'Piranda'-Handschriften". Herausgeberin: Mariana Scherg. Verlag Global Media, Hermannstadt 2003, ISBN 973-86404-2-3. Das Buch umfasst 88 Seiten im Großformat 21 x 32 cm. Beigefügt ist eine CD mit einer Spieldauer von 84 Minuten, auf der Georg Scherg seine Gedichte selbst liest. Der Preis des Buches mit CD beträgt 40 Euro (30 Euro ohne CD). Zu bestellen bei Mariana Scherg, Breslauer Weg 1, 72411 Bodelshausen, Telefon: (0 74 71) 74 10 30. Vorschau und Kontaktaufnahme auch online unter www.dan-danila.de/piranda.html.
Portrait von Georg Scherg auf der neuen CD, Grafik des Hermannstädter Künstlers Traian Gligor.
Portrait von Georg Scherg auf der neuen CD, Grafik des Hermannstädter Künstlers Traian Gligor.
Unter Kennern gelten die 35 Gedichte des "Piranda''-Zyklus als die beste, die reifste Lyrik, die Georg Scherg (1917-2002) je schrieb. Rechnet man zum Genuss der musikalisch-klaren, von unerwarteten Wendungen und Bildern beflügelten Sprache die farbgrafischen Kabinettstücke der künstlerischen Niederschrift hinzu, so wird auch jeder, der den Band "Piranda-Gedichte" zur Hand nimmt, bald im Klaren sein über die bibliophile Kostbarkeit, die hier vorliegt.

Sie ist der Witwe des erst vor einem Jahr verstorbenen Kronstädters, dessen literarisches Werk noch weitgehend der Aufschlüsselung und Anerkennung harrt, zu verdanken: Die Malerin Mariana Scherg überwachte persönlich die Erstellung der Farbblätter, die ihr Mann seinerzeit auf zum Teil aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammenden in Papierrestbeständen des Brukenthal-Museums aufgefundenen Blättern gestaltete. Hans Bergel verglich Schergs "Piranda"-Blätter mit "frühen Klosterschriften aus der Zeit der Hochblüte handschriftlicher Kunst", die Schwäbische Zeitung schrieb von einem "ästhetischen Juwel und literarischen Ereignis".

In der Tat: Nicht allein das an alte Schreibschriften angelehnte Buchstabenbild, das bei jedem der 35 Gedichte von neuem überrascht und freut - Scherg variierte die Kolorierung der Buchstaben -, zumindest ebenso bewundernswert erscheinen dem Leser und Betrachter die Farbvignetten, die jedem Gedicht als Emblem vorausgeschickt sind: Kompositionen von einem verspielten wie zugleich ausgewogenem Form- und Farbenreichtum, die wesentlich das äußere Gepräge des Bandes mitbestimmen. Sind auch die einzelnen Gedichtaufzeichnungen selbstständige farbgrafische Kunstausbreitungen, so erst recht diese oft virtuosen Vignetten"malereien", die sich einer ohne weiteres als gerahmte Miniaturen an der Zimmerwand vorzustellen vermag.

Georg Schergs "Piranda"-Gedichte - "diese fünfunddreißigfach gebrochenen Spiegelbilder einer Frauengestalt" (Bergel) - nehmen die Gestalt der gleichnamigen Zigeunerin zum Anlass, dem "ewig Weiblichen" (Goethe) als unbegrenzter Ausdrucksmöglichkeit menschlichen Seins nachzugehen. Leidenschaft, Lebenslust und Hingabe werden dabei dichterisch ebenso beschworen wie Treue, Trauer und Melancholie. Unerschöpflich spielt Scherg auf der Klaviatur seiner Einfälle; er erreicht, in Gedichten wie "Die Berberstute" oder "Tanzen mit dem Bild im Spiegel" Höhepunkte, die keinen Vergleich mit bester deutscher Gegenwartslyrik scheuen müssen. So wird der "Piranda"-Band, den Mariana Scherg herausgab und den beider Sohn Sachs Scherg technisch vorzüglich betreute, zum doppelten Kunstgewinn; für Auge und Geist; die dazugehörende CD freilich - die Marius Ungureanu zu verdanken ist - macht die Publikation zusätzlich auch "zum Ohrenschmaus".

C. B.


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 19 vom 30. November 2003, Seite 2)






Hörbeispiel: "Die Studentin" (MP3, 3 MB, 3:09 min)

Weitere Links zu Georg Scherg:

Faksimile-Ausgabe von Georg Schergs Piranda erschienen

Nachruf auf Georg Scherg: Der unbedingte Glauben an die Literatur, Siebenbürgische Zeitung-Online vom 26. Januar 2003

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