2. Februar 2004

Leserecho: Leuchtersingen kein Schauspiel

Fasste die große Mehrheit der landlerischen Gemeindeglieder das Leuchtersingen "nur als Schauspiel" auf, wie in dem Artikel Auch bei den Landlern Brauch: das Leuchtersingen von Konrad Klein (Siebenbürgische Zeitung Online vom 23. Dezember 2003) behauptet? - Kritische Anmerkungen dazu von Eva Hoffmann aus Eningen.
Meine Verwunderung war ziemlich groß, als ich den Artikel las, in dem das Leuchtersingen angeblich "nur als Schauspiel" von der Gemeinde empfunden worden sei und Letztere noch vor dem Gottesdienst die Kirche verlassen habe. Als gebürtige Neppendorferin (Landlerin) habe ich daran eine ganz andere Erinnerung. Am ersten Weihnachtstag, um 7 Uhr, trafen die Erwachsenen und vor allem die Kinder in der übervollen, nicht beleuchteten Kirche zusammen. Ungeduldig wartete man auf den Auftritt der mit brennenden Kerzen schön geschmückten Christleuchter, die von den Leuchterburschen zu den Klängen der Orgel durch die Kirche getragen wurden. Nach diesem Auftritt folgte dann der Frühgottesdienst.

Wahr ist, dass die Beschreibung des Christleuchters und des Leuchtersingens in besagtem Artikel als Zitat aus dem Tagebuch von Dr. Hellmut Klima, geschrieben am 25. Dezember 1940, entnommen wurde. Wahr ist aber auch, dass dieser Weihnachtsgottesdienst für Pfarrer Klima der erste in Neppendorf war. Wenn man die Eintragungen der späteren Jahre verfolgt, und das habe ich getan, wird man den Versuch von Pfarrer Dr. H. Klima feststellen können, dem Gottesdienst mehr Inhalt und Form zu verleihen. Wahrscheinlich hat dieser erste enttäuschende Eindruck Dr. Hellmut Klima dazu bewegt, dem Ablauf des Gottesdienstes in der "Frühkirche" einen feierlichen und weihnachtlichen Sinn zu geben. So kam es, dass am ersten Weihnachtstag im Jahre 1952 in der Frühkirche das Weihnachtsevangelium von Mädchen und Jungen der 5. Klassen im Sprechchor aufgesagt wurde. Über 1 100 Besucher nahmen an diesem Gottesdienst teil, d.h. niemand hat die Kirche vor dem Gottesdienst verlassen. Weil die Leuchterburschen „laut und nicht schön singen", lässt Pfarrer Klima am ersten Weihnachtstag 1962 bei dem Lied "Lobt Gott, ihr Christen, freuet euch" die Konfirmandinnen mitsingen. Laut Eintragungen im Tagebuch sind wieder über 1000 Besucher beim Frühgottesdienst, war dieser doch Mittelpunkt und Inbegriff des Weihnachtsfestes. Und diesen Wandel vom angeblichen "Schauspiel" zum meistbesuchten Gottesdienst verdanken wir der unermüdlichen und aufopferungsvollen Arbeit unseres langjährigen Pfarrers Dr. H. Klima.

Ein Neppendorfer Christleuchter steht seit dem 29. November 1998 im Wiener Volkskundemuseum. Dieses verdanken wir dem Vermittlungsgeschick von Lore-Lotte Hassfurther, einer ehrenamtlichen Wiener Mitarbeiterin am Landlerprojekt.

Eva Hoffmann, Eningen

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 2 vom 5. Februar 2004, Seite 13)

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