18. Juli 2001

Interview mit Bürgermeister Johannis: "Gute Lösung für Wähler"

Im ersten Wahlgang im Juni 2000 hatte er mit 33 Prozent die weitaus meisten Stimmen erzielt, und das unter insgesamt 24(!) Bürgermeisterkandidaten. Der Nächste bekam lediglich 23 Prozent. Mit Klaus Johannis ist nach sechs Jahrzehnten wieder ein Deutscher an die Spitze der Kommunalpolitik in Hermannstadt in Siebenbürgen gerückt. Dabei hatte der ehemalige Physiklehrer und Leiter der Schulverwaltung des Kreises Hermannstadt vor den Wahlen kaum kommunalpolitische Erfahrung. Der Journalist Christoph Reich führte ein Interview mit Johannis über seine Pläne und die Städtepartnerschaft mit Landshut.
Herr Johannis, eigentlich gibt es in Ihrer 170 000 Einwohner großen Stadt nur noch rund 2 000 Deutsche. Wie erklären Sie sich Ihren Wahlsieg?

Seit den 40er Jahren hat es keinen deutschen Bürgermeister mehr in Hermannstadt gegeben. Ich denke, dass meine Wahl durch verschiedene Faktoren zustande gekommen ist. Zum einen sicherlich, dass ich gerade Deutscher bin. Man verbindet hierzulande damit noch deutsche Eigenschaften wie Fleiß, Ehrlichkeit, Organisationstalent. Ich denke auch die Art, wie ich die Wahlkampagne geführt habe, hat zu dem sehr guten Resultat beigetragen. Das sehr einfache Wahlprogramm in zwölf Punkten hat die Leute angesprochen. Zum guten Teil war es auch eine Protestwahl. Vor den Kommunalwahlen hatte man eine klare Politikverdrossenheit feststellen können. Und ein Kandidat, der eine echte Alternative darstellt, der war eben eine gute Lösung für viele Wähler.

Sie haben von einem Zwölf-Punkte-Plan gesprochen. Was konnten Sie bisher umsetzen?

Einiges ist schon in die Praxis umgesetzt worden. Die Stadt ist sicherlich viel sauberer als früher, die Infrastruktur ist schon teilweise hergerichtet, viel besser als es noch vor einem Jahr der Fall war.

Und was haben Sie konkret in dem Bereich der Infrastruktur geleistet?

Mit einem Budget, das noch unsere Vorgänger aufgestellt hatten, haben wir die Straßenbeleuchtung auf Vordermann gebracht, zehn Nebenstraßen geteert, die Altstadt begonnen zu renovieren. Und es sind auch wieder Blumen in der Stadt.

Wird das reichen, um mehr Touristen in die Stadt zu locken?

Es gibt sicherlich auf diesem Gebiet noch einiges zu tun. Trotzdem, diese Reparaturen würden wir sowieso durchführen und zwar für die Bürger von Hermannstadt. Parallel dazu versuche ich auch konkret einige Maßnahmen im Bereich Tourismusförderung durchzuführen. Als ersten Schritt habe ich ein Tourismusinformationsbüro am Großen Ring eingerichtet. Es ist das erste dieser Art in Siebenbürgen.

Wo stoßen Sie zur Zeit als Bürgermeister an die Grenzen des Machbaren?

Natürlich gibt es Grenzen, aber die sind dazu da, um überwunden zu werden. Es hapert wohl noch im Management, an der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen öffentlichen Ämtern. Da kann noch vieles viel besser gemacht werden, inklusive im Rathaus. Und wenn man an die Infrastrukturarbeiten denkt, dann sind die Grenzen größtenteils finanzieller Art.

Gibt es in dieser Hinsicht Unterstützung aus dem Westen?

Vonseiten Deutschlands gibt es ein GTZ(Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit)-Projekt, das von der deutschen Regierung koordiniert und finanziert wird. Das Projekt konzentriert sich auf den Bereich Restauration der Altstadt. Es gibt Ansätze auch für weitere Projekte, aber die sind noch nicht spruchreif.

Sie sind nicht nur der erste deutsche Bürgermeister nach vielen Jahrzehnten hier, jetzt wurde Ihnen auch der Titel "Ehrenbürger Europas" verliehen. Wie wird man das?

Es gibt eine sehr aktive Gruppe in einem Vorort von Rennes in Frankreich, die zu Hermannstadt eine Partnerschaft aufgebaut hat. Und diese französische Gruppe hat mir diesen Titel verliehen. Es gibt in der Europäischen Union einige Gemeinden, die haben das Recht diesen Titel zu vergeben. Mit unseren Partnern in Frankreich gibt es gute Kultur- und Sportaustauschprogramme. Es ist eine lebendige Partnerschaft.

Sie streben ja auch eine Städtepartnerschaft mit Landshut an. Was versprechen Sie sich von dieser Beziehung? Was ist der Sinn einer Städtepartnerschaft?

Ich denke, dass sich Leute gegenseitig kennen lernen, dass Bürger aus verschiedenen Kulturkreisen zusammenkommen, dass man auch den anderen besser kennen lernt, dass man gemeinsam Kulturprojekte, Sportveranstaltungen und warum auch nicht wirtschaftliche Projekte ausarbeitet und durchführt. Konkrete Verbindungen zu Landshut sind während der Bayerischen Tage entstanden, als Oberbürgermeister Deimer und ich zusammengekommen sind. Städtepartnerschaften zwischen Ost und West sind meiner Meinung nach ein wesentlicher Schritt in Richtung allgemeiner europäischer Integration. Und das ist auf jeden Fall die Richtung, die wir wünschen.

Wie ernst ist es Rumänien mit einem Beitritt in die Europäische Union?

Der Wunsch besteht auf jeden Fall. Und ich denke, eine Umfrage würde zeigen, dass sich mindestens 75 Prozent der Bevölkerung Rumäniens die europäische Integration wünschen. Aber im wirtschaftlichen Teil hapert es noch und für die Grenzabsicherung muss noch viel getan werden. Also, es hängt wohl noch zu einem guten Teil von uns ab, wie schnell wir das schaffen. Es ist eher noch ein langer Weg zur EU.

Als deutschsprachiger Bürgermeister werden sie oft von organisierten Gruppen oder Delegationen aus Deutschland aufgesucht. Kommen sie da überhaupt noch zum politischen Alltagsgeschäft?

Also bisher habe ich meinen Terminkalender noch einrichten können. Es freut mich, dass die Leute mich suchen. Wenn sie schon dieses Interesse für Hermannstadt und für mich zeigen, dann finde ich es nur fair, dass ich mir Zeit dafür nehme, um über unsere Situation zu sprechen.

Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.


Anmerkung: Der Journalist Christoph Reich stammt aus Hermannstadt und arbeitet derzeit als Chefredakteur von Landshut Aktuell.

Webseite des Bürgermeisteramtes Hermannstadt in rumänischer und englischer Sprache

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