16. August 2004

Leserecho: Kulturelles Gedächtnis erhalten

Die Sorge um unsere existenzbedrohten siebenbürgisch-sächsischen Kultureinrichtungen in Gundelsheim bewegt unsere Landsleute: Nach dem Leserbrief von Johann Lauer in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 31. Juli 2004 ("Spende zur Rettung von Gundelsheim") schreibt Hatto Scheiner (Münster-Altheim) zum selben Thema.
Bedingt durch den Gang der Geschichte haben wir unsere Eigenständigkeit als geschlossene Gesellschaft verloren und integrieren uns zunehmend in die Gesellschaft unserer neuen Heimat. Das geschieht bewusst und unbewusst auch bei denen, die noch in Siebenbürgen gelebt haben. Für unsere Kinder und Enkel, die hier aufwachsen und durch ihre eigenen Familiengründungen den Integrationsprozess noch beschleunigen, ist Siebenbürgen eine immer kleinere Bezugsgröße. Das Wissen um unsere Jahrhunderte lange Geschichte, auf die wir zu Recht stolz sein können, droht mittelfristig in Vergessenheit zu geraten.

Durch die vielfältigen und begrüßenswerten Aktivitäten der Landsmannschaft, der Heimatortsgemeinschaften, der vielen siebenbürgisch-sächsischen Vereine und anderer Institutionen wird unser Selbstverständnis als Siebenbürger Sachsen zwar wach gehalten und der Prozess der vollständigen Assimilation gebremst, der Wahrheit müssen wir aber ins Auge sehen. Die Gruppe der sich bekennenden Siebenbürger Sachsen wird mit der Zeit stark schrumpfen. Diese Perspektive vor Augen, ist es um so dringender, die Zeugnisse unserer Geschichte und Kultur sorgfältig und zukunftsfähig zu sammeln und zu pflegen, um auch in späteren Zeiten interessierten Menschen den Einblick in die vorhandenen Unterlagen zu gewährleisten.

Das Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim mit der Siebenbürgischen Bibliothek und dem kostbaren Archiv, wissenschaftlich an die Universität Heidelberg angeschlossen, verwaltet nicht nur Bibliothek und Archiv, sondern gibt Zeitschriften und Bücher zu siebenbürgischen Themen heraus, veranstaltet Tagungen und Seminare für Doktoranden, hilft bei der Sicherung der Kulturgüter in Siebenbürgen und stellt Verbindungen zu wissenschaftlichen Einrichtungen in Rumänien, Ungarn, Luxemburg und anderen Ländern her. Von anderen Verbänden werden wir um dieses erfolgreich arbeitende Institut beneidet. Die gute Dokumentationslage ermöglicht und verstärkt das sehr rege Interesse an Siebenbürgen und an der Geschichte der Siebenbürger Sachsen. Von Seiten der Fachwelt werden wir beschworen, alles zu tun, um die Aktivitäten dieser wertvollen wissenschaftlichen Einrichtung aufrecht zu erhalten und die Zugänglichkeit zu ihren Schätzen zu gewährleisten.

Die Aufgabe ist nur zu meistern, wenn viele unserer Landsleute und andere an Siebenbürgen Interessierte sich dafür einsetzen und die „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek“ mit Zuwendungen unterstützen. Besonders gut ließe sich das Problem durch Vermächtnisse erbenloser Landsleute und durch größere Spenden lösen.

Deshalb schließe ich mich Herrn Lauers Meinung an und hoffe, dass viele Menschen und Institutionen die Stiftung tatkräftig unterstützen, damit sie bald in der Lage ist, mittelbar durch das Siebenbürgen-Institut, das materialisierte kulturelle Gedächtnis der Siebenbürger Sachsen unabhängig von politischen Schwankungen fachgerecht zu pflegen, zu verwalten und dem Publikum zugänglich zu erhalten.

Hatto Scheiner, Münster-Altheim


Weitere Artikel über existenzielle Bedrohung der Kultureinrichtungen in Gundelsheim:

Dringender Spendenaufruf für Gundelsheim, Siebenbürgische Zeitung Online, 8. August 2004

Siebenbürgen-Institut existenziell bedroht, Siebenbürgische Zeitung Online, 31. Januar 2004

Sorge um Kultureinrichtungen in Gundelsheim, Siebenbürgische Zeitung Online, 29. März 2004

Gundelsheim: Bewährter Gemeinsinn dringend gefragt, Siebenbürgische Zeitung Online, 19. April 2004

Siebenbürgische Solidarität ist gefragt, Siebenbürgische Zeitung Online, 4. Mai 2004

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