21. September 2004

Erstes Läuten der Heimatglocke im "Turm der Erinnerung"

Am 7. September 2004, genau 60 Jahre nach der Flucht aus Katzendorf und Draas, hat die Heimatglocke mit ihrem Klang an ein für unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft einschneidendes Ereignis erinnert. Die rechtzeitige Montage der Glocke im "Turm der Erinnerung" in Drabenderhöhe , der gleichzeitig auch als Glockenturm geplant und errichtet worden war, ist ein weiterer Schritt zur Vollendung eines in der Bundesrepublik Deutschland für die Siebenbürger Sachsen einzigartigen Denkmals gegen das Vergessen.
Die Heimatglocke im neu erstellten Glockenstuhl ist ein Geschenk des Landeskonsistoriums an die Kirchengemeinde und den Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen Adele Zay in Drabenderhöhe. Sie ist gleichzeitig Ausdruck der Verbundenheit für die jährliche, finanzielle Unterstützung der Kirchengemeinde mit der Hälfte der Weihnachtskollekte an die Heimatkirche.

Die Glocke hatte ursprünglich die Gemeindeglieder von Mardisch zum Gottesdienst gerufen und die Toten zur letzten Ruhe geleitet. Die Kirchengemeinde Mardisch wurde nach dem großen Exodus aufgelöst. Unter den sächsischen Siedlern aus mehr als 200 Orten wohnen in Drabenderhöhe auch neun Familien aus dieser Heimatgemeinde.

Heimatglocke erklang erstmals in Drabenderhöhe, von links: Pfarrer i.R. Kurt Franchy, Heimleiter Hans Klein, Harald Janesch, Martin Schemmel (aus Mardisch) und Enni Janesch. Foto: Christian Melzer
Heimatglocke erklang erstmals in Drabenderhöhe, von links: Pfarrer i.R. Kurt Franchy, Heimleiter Hans Klein, Harald Janesch, Martin Schemmel (aus Mardisch) und Enni Janesch. Foto: Christian Melzer

In der Kapelle des Altenheims und in den Vorräumen hatten sich mehr als 200 Heimbewohner und Landsleute aus der Siedlung eingefunden. Um 17 Uhr leitete ein Orgelvorspiel die Feier ein. An der Orgel spielte der über die Grenzen von Drabenderhöhe hinaus bekannte junge Künstler Christian Orben. In seiner Begrüßung sprach der Heimleiter Pfarrer a.D. Hans Wolfgang Klein über die allgemeine Bedeutung einer Glocke im Leben eines Menschen und einer Gemeinschaft und über die Bedeutung dieser Gedenkstunde. Unter den Ehrengästen begrüßte er die Stellvertretende Bürgermeisterin von Drabenderhöhe, Bianka Bödecker, den Ortspfarrer Frank Müllenmeister, den Vorsitzenden des Adele Zay Vereins, Pfarrer i.R., Kurt Franchy, die Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe, Enni Janesch, und den Vorsitzenden der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, Harald Janesch. Die Vorsitzende der Kreisgruppe erinnerte in ihrer Ansprache an die Kirchengemeinde Mardisch und ging speziell auf die Beschriftung der Glocke ein: „Lebende rufe ich - Tote beklage ich“. Die Glocke wurde „vom Frauenverein gewidmet“ und im Jahr 1926 in Hermannstadt von der Firma Berger und Spinder gegossen.

Die Heimatglocke soll von nun an zu den Gottesdiensten und im Altenheim beim Ableben der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sowie an bestimmten historisch wichtigen Tagen der Siebenbürger Sachsen geläutet werden. So immer am 7. September zum Gedenken an die Evakuierung und Flucht aus Nordsiebenbürgen und einigen Gemeinden aus dem Kokelgebiet, am 13. Januar zur Erinnerung an die Russlandverschleppung von 30 000 Landsleuten und am 31. Oktober zum Gedenken an die Reformation durch Dr. Martin Luther.

Pfarrer i.R. Kurt Franchy erinnerte an die Evakuierung, die vor 60 Jahren, am 7. September 1944, begonnen hatte. Innerhalb von 14 Tagen wurden 44 000 Siebenbürger Sachsen aus dem Reener- und Nösnerland sowie einigen Orten an der Kleinen Kokel vor den herannahenden Truppen der Roten Armee in Sicherheit gebracht. Nur wenige unter ihnen haben ihre Heimat wieder gesehen. Der Vorsitzende des Adele Zay Vereins schilderte in beeindruckender Weise die Ereignisse des Herbstes 1944, die er am eigenen Leib erleben musste. Auch Pfarrer Frank Müllenmeister fand in seinem Gebet und Segensspruch beeindruckende Worte sowohl zum Gedenktag als auch zum ersten Geläute der Heimatglocke.

Der Honterus-Chor unter der Leitung von Regine Melzer trug zwei Lieder vor. Die versammelte Gemeinde dankte und lobte Gott mit den Chorälen „Großer Gott, wir loben dich“ und „Nun danket alle Gott“. Bei der letzten Strophe des Liedes, pünktlich um 17.50 Uhr, setzte das Läuten der Heimatglocke ein. Die Teilnehmer der Feier lauschten mit Betroffenheit den Klängen der Glocke und versammelten sich anschließend vor dem Turm der Erinnerung.

Enni Janesch und Kurt Franchy

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